Polizei zögert keine Sekunde

Vom 28.11.2001 Wiesbaden/Peking. 35 Anhänger der Falun Gong-Bewegung haben in Peking gegen die Verfolgung der [Falun Gong]Bewegung protestiert. Unter den acht Deutschen war der 26-jährige Matthias Schmelz aus Wiesbaden. Im Kurier-Gespräch schildert er die Hintergründe der Protestaktion.

Nach 23 Stunden in chinesischem Polizeigewahrsam kann sich der Wiesbadener Matthias Schmelz lebhaft vorstellen, was auf Falun Gong-Anhänger zukommt, wenn sich hinter ihnen die Türen des Pekinger Polizeipräsidiums schließen. Kellerräume ohne Licht, das Verlies in einem Hinterhof gelegen, sodass nichts zu hören ist. Hier herrschen Sicherheitskräfte, die sich darauf verstehen, Menschen, die gegen die chinesische Staatsgewalt opponieren, nach allen Regeln der Polizeikunst zu drangsalieren. Hierhin kamen auch etliche der Falun Gong-Mitglieder, als sie im April 1999 friedlich im Zentrum Pekings demonstrierten. 10000 Menschen waren es damals. Für viele war es nur eine Zwischenstation. Danach, so weiß Schmelz, ging es in Umerziehungslager und Kerker. „319 Menschen haben das nicht überlebt“, sagt Schmelz. Bisher.

Diese schockierende Bilanz und die Sättigung der Öffentlichkeit, die nach dem Bekanntwerden der fernöstlichen […]Bewegung in Zusammenhang mit dem Verbot durch die Führung Chinas die Falun Gong schnell wieder aus den Augen verlor, hat den 26-jährigen EDV-Fachmann zu der eigenwilligen Aktion motiviert: Mit 34 Gleichgesinnten aus Europa, Nordamerika und Australien wollte Schmelz das Schicksal der verfolgten [Falun Gong] Anhänger öffentlich machen. Mit einer Pauschalreise flogen sie zum Protest nach Peking, Tempelbesichtigung inklusive.

Doch dann kam die vorgetäuschte Hochzeit auf dem Platz des Himmlischen Friedens: Die Gruppe stellte sich zum Foto auf, ein „Paar“ mit Blumen in ihrer Mitte. Im Handumdrehen verwandelte sich die Gesellschaft: Ein Falun Gong-Transparent mit den Leitgedanken „Wahrheit, Mitgefühl und Toleranz“ wurde entrollt. Mitglieder in der ersten Reihe setzten sich demonstrativ zur Meditation auf den Boden.

Die Szene währte nur wenige Sekunden. Genauso schnell wie die westlichen Protestierer waren Polizei- und Sicherheitskräfte – auf dem Platz des Massakers von 1989 allgegenwärtig – zur Stelle. Mannschaftswagen bildeten eine Wagenburg und schirmten die Demonstranten von den Passanten ab. Die Staatsgewalt schlug zu: Einige Mitglieder der Gruppe wurden geschlagen, andere an den Haaren gerissen. Aber auch das gab es: Ein unsicherer Polizist bat die Demonstranten, sich doch bitte kooperativ zu verhalten. Das Ziel war erreicht – Agenturen schickten Bilder vom gewaltsamen Abtransport rund um die Welt.

Was kam, waren Verhöre. „Wir wehrten uns, isoliert zu werden“, erklärt Schmelz die Sicherheitsstrategie der Falun Gong-Anhänger. Das wirkte. Einige Frauen wurden belästigt, einige männliche Teilnehmer bekamen die Wut der höheren Kader am eigenen Leibe zu spüren. Dabei blieb es. Verhörprotokolle wurden – trotz des Drucks der Polizisten – nicht unterschrieben. Wie sich herausstellte, war das auch gut so: schließlich hätte eine Teilnehmerin damit glatt ihrem Ausbürgerungsantrag zugestimmt. Verweigert wurden auch Dreharbeiten eines staatseigenen Kamerateams, das die ausländischen Demonstranten an einem reich gedeckten Tisch filmen sollte.

Dass alles glimpflich ausging, lag nicht zuletzt auch daran, dass die Botschafter über Handy informiert waren und nur auf ihren Vermittlungseinsatz warteten. Auf derartige Hilfe können die chinesischen [Falun Gong] Anhänger nicht hoffen. „Sie sind einer Überwachung ausgesetzt, die bis in die Nachbarschaften hineinreicht“, schildert Schmelz.

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