Leserbrief an die Spiegel-Redaktion

Bericht in der Spiegel Ausgabe Nr. 48 „Rad im Bauch“

Sehr geehrte Damen und Herren,

in dem o.g. Artikel wird sehr ironisch über die Inhalte von Falun Gong und die Motivation der westlichen Falun Gong-Praktizierenden berichtet, was in Bezug auf die Opfer der Verfolgungskampagne in China ganz besonders erschreckend ist. Bisher sind 320 Todesfälle bekannt geworden, nach internen Regierungsangaben rechnet man bereits mit 1.000 Toten. 500 sind zum Teil zu langen Haftstrafen verurteilt worden, 1.000 gesunde Menschen sind in psychiatrische Anstalten eingewiesen worden. Etwa 20.000 Menschen wurden ohne Gerichtsverfahren in Arbeitslager gebracht, und mehr als 100.000 sind verhaftet worden. Zahlreiche Falun Gong-Praktizierende werden von der Polizei grausam misshandelt und gefoltert. Weibliche Falun Gong-Praktizierende werden in Gefängniszellen mit männlichen Verbrechern gesteckt und dort ihrem Schicksal überlassen.

Um die Inhalte von Falun Gong, das Ausmaß der Verfolgung und die Motivation der westlichen Falun Gong-Praktizierenden besser zu verstehen, möchte ich in meinem Leserbrief auf genau diese Punkte näher eingehen.

Was ist Falun Gong?

Falun Gong, auch Falun Dafa genannt, ist eine Form der Meditationspraktiken, die in China unter dem Oberbegriff „Qi Gong“ zusammengefasst werden. Qi Gong hat in China eine lange Tradition und ist wegen seiner nachweislich gesundheitsfördernden Wirkungen in der Bevölkerung sehr beliebt. Die Übungen von Falun Gong können sowohl in einer Gruppe als auch allein zu Hause praktiziert werden. Die Teilnahme an den Übungen, dem gemeinsamen Lesen und Erfahrungsaustausch steht allen Interessierten offen und ist stets kostenlos. Es werden keine Namensregister geführt.

Der Begriff „Sekte“ ist nicht angebracht, da Falun Gong mit keinerlei Verpflichtungen oder Abhängigkeiten in Zusammenhang gebracht werden kann. Es gibt keine Mitgliedschaft, jeder kann kommen und gehen wie er will. Selbst einige Sektenbeauftragte in Deutschland haben gegenüber den Medien festgestellt, dass Falun Gong keine Sekte ist. Jiang Zemin hat Falun Gong mit diesen Begriffen gebrandmarkt, um das Verbot und die Verfolgung von Falun Gong vor der Weltöffentlichkeit zu rechtfertigen. Der Gebrauch dieser Begriffe in dem o.g. Artikel bewirkt indirekt, dass die Menschen weniger Mitleid mit den Opfern haben und deshalb zögern, China aufgrund der Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren bzw. sich für die freie Ausübung von Falun Gong in China einzusetzen. Genau das ist das Ziel der chinesischen Propaganda.

Das Falun oder das „Dharma Rad“ ist ein Energiemechanismus. Obwohl es unverständlich erscheint, sind den Europäern schon viele Begriffe aus der chinesischen Medizin bekannt, wie z.B. aus dem Bereich der Akupunktur die Meridiane. Wie erklärt man Meridiane? Obwohl man sie nicht sehen kann, wird eine gesundheitsfördernde Wirkung heute selbst von Krankenkassen nicht mehr abgestritten.

Wie verbreitete sich Falun Gong?

Im Mai 1992 wurde Falun Gong von Herrn Li Hongzhi in der Öffentlichkeit vorgestellt. Bereits im selben Jahr wurde, wegen der schnell steigenden Beliebtheit von Falun Gong in der Bevölkerung, beim Hörfunksender Peking eine Hotline für Hörerfragen eingerichtet. 1993 wurde Falun Gong auf der Orient-Gesundheits-Messe mit dem höchsten Preis ausgezeichnet und der Gründer Li wurde zum „Beliebtesten Qi-Gong Meister“ ernannt. Bis 1994 lehrte Li in China in zahlreichen Seminaren, die vom staatlichen Verband für wissenschaftliche Qi Gong-Forschung (Zhongguo Qigong Yanjiu Zonghui) organisiert wurden. Mit der Veröffentlichung seines Hauptwerkes „Zhuan Falun“ im Dezember 1994 schloss Li Hongzhi seine Lehrtätigkeit in China ab. Von da an hielt er Seminare über seine Lehre in Europa, Asien und Australien. Seit 1996 nimmt er häufig an Konferenzen zum Erfahrungsaustausch der Praktizierenden teil, besonders häufig in Nordamerika. Seit 1996 lebt Li Hongzhi zurückgezogen in den USA.

Warum wird Falun Gong verleumdet und verfolgt?

Trotz der Abwesenheit seines Gründers entwickelte sich Falun Gong in China als spirituelle Bewegung nach 1996 rasant weiter. Dies geschah vorwiegend durch Mundpropaganda, aber auch gefördert durch Sendungen staatlicher Medien, wie z.B. des Pekinger Rundfunks. Im Januar 1999 gab das Shanghaier Fernsehen bekannt, dass schätzungsweise 100 Millionen Menschen in der Welt Falun Gong praktizierten, die meisten von ihnen in China. Die Zahl der Falun Gong-Praktizierenden im kommunistischen China wuchs sehr schnell zu ungeahnter Größe und war aufgrund mangelnder Organisation für den Staat schwer kontrollierbar. Sie überstieg bald die Anzahl der KP-Mitglieder der VR China erheblich. Die ethische Lehre des Falun Gong, basierend auf den buddhistischen Prinzipien von Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht, steht wie auch andere Religionen oder ethische Minderheiten nicht im Einklang mit der kommunistischen Weltanschauung. Das Buch „Zhuan Falun“ wurde 1996 kurzerhand als „Aberglaube“ verboten, Übungsgruppen seitdem zunehmend gestört und behindert.

Seit dem Verbot von Falun Gong am 22. Juli 1999 wird unter der Führung von Jiang Zemin eine gezielte, systematische Verfolgung und Ermordung an Falun Gong-Praktizierenden in China durchgesetzt. Die Falun Gong-Praktizierenden wurden mit einem Schlag den grundlegenden Menschenrechten wie der Glaubens-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie des Rechtes auf Einreichung von Petitionen und sogar des Rechtes auf anwaltliche Vertretung vor Gericht beraubt, die in der chinesischen Verfassung verankert sind.

Warum setzen sich Falun Gong-Praktizierende für die Rechte in China ein?

Trotz der grausamen Verfolgung versuchen chinesische Praktizierende immer wieder und stets friedlich, sich für ihre Rechte in China einzusetzen. Niemals ist ein Fall bekannt geworden, in dem ein Praktizierender zurückgeschlagen hätte, als er geschlagen wurde. Ihr Protest richtete sich niemals gegen die Regierung sondern nur gegen das Verbot von Falun Gong. Wenn Sie sich fragen: Warum hören sie nicht damit auf? Dann stellen Sie sich auch folgende Fragen: Was passiert, wenn sie freiwillig auf ihre Rechte verzichten? Wohin würde dieser Weg ein ganzes Volk führen? Wozu gibt es eine Verfassung? Wozu gibt es Menschenrechte?

Es ist einfach nicht richtig, Menschen wegen ihres Glaubens zu verfolgen. Seit wann ist es „weltfremd“, sich für Menschenrechte einzusetzen?

Seit Beginn der Verfolgung versuchen auch die Praktizierenden im Ausland sowie auch viele Regierungen oder hochrangige Politiker verschiedener Länder, die chinesischen Praktizierenden in ihrem Appell an die chinesische Regierung zu unterstützen.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Pastor Martin Niemöller: „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestierte.“
(von 1938-45 in KZ-Haft)

Eine Deutsche Praktizierende

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