Märkische Allgemeine (Deutschland): Kritik an Platzeck wegen China-Kurs

ANDREAS STREIM HENRY LOHMAR POTSDAM Die Forderung von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) nach einer Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China ist auf scharfe Kritik gestoßen. Menschenrechtler und Politiker rügten den Regierungschef, der sich während seines laufenden China-Besuchs geäußert hatte. Unterstützung erhielt Platzeck überraschend vom mitreisenden Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU).

Die Gesellschaft für bedrohte Völker erklärte in Göttingen, offensichtlich plädiere Platzeck "für einen Angriffskrieg der totalitär verfassten Volksrepublik" gegen die "kleine demokratisch regierte Republik Taiwan". Zuvor hatte Platzeck Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in dessen Haltung bestärkt, das Waffenembargo gegen China zu beenden. Es gehe um "einen Prozess der Normalisierung", sagte der Regierungschef im Deutschlandfunk. Trotz Angriffsdrohungen Chinas gegenüber Taiwan zeigte sich Platzeck überzeugt, "dass es zu einer solchen Auseinandersetzung mit Waffen niemals kommen wird".

Die Gesellschaft für bedrohte Völker warf Platzeck einen "Schmusekurs" mit China vor, das entlang der Küste gegenüber von Taiwan 610 Raketenstellungen errichtet habe. Seinen Eindruck einer Normalisierung könne der Ministerpräsident "jederzeit mit einem Besuch bei einem der mehr als 100 000 in den Arbeitslagern des Laogai-Gulag internierten Falun-Gong-Anhängern oder als Augenzeuge bei einer der jährlich 10 000 Hinrichtungen überprüfen", sagte der Generalsekretär der Gesellschaft, Tilman Zülch.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche sprach von einem "fatalen Signal". Wer jetzt eine Aufhebung des Waffenembargos gegen China fordere, zeige "kein europäisches Gespür", sondern betreibe eine "rein auf äußere Effekte ausgerichtete renationalisierte Außenpolitik". Gegenüber der MAZ bezeichnete es Reiche als "schweren Fehler", wie Platzeck als Bundesratspräsident mit dem deutschen Parlament umgehe. Am 28. Oktober 2004 hatten alle Fraktionen des Bundestages erklärt, dass eine Aufhebung des Waffenembargos für sie zurzeit nicht infrage kommt. Auch Brandenburgs FDP-Landeschef Heinz Lanfermann kritisierte, Platzeck folge dem schlechten Vorbild des Bundeskanzlers, der sich über den Willen der Bevölkerung hinwegsetzen wolle.

Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU), der mit Platzeck in China ist, stärkte dem Ministerpräsidenten den Rücken. "Das Waffenembargo passt nicht, wenn wir eine politische Partnerschaft in Gang bekommen wollen", sagte Junghanns der MAZ. Das sehe man in China so und "das sehe ich genauso". Mit der Äußerung des Ministers konfrontriert, sagte Katherina Reiche: "Ich bleibe bei meiner Meinung, und ich würde das auch Herrn Junghanns so sagen." Der Vorstoß des amtierenden Bundesratspräsidenten hat in unionsregierten Ländern für Irritationen gesorgt. "Das war so nicht mit uns abgestimmt", hieß es am Freitag aus einer Staatskanzlei.

02.04.2005

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