Die chinesische Geschichte ist reich an beispielhaften Erzählungen für Respekt gegenüber den Eltern. Die Vierundzwanzig Beispiele für Respekt gegenüber Eltern wurden von Guo Jujing aus der Provinz Fujian während der Yuan Dynastie (1280 – 1368 n Chr.) ausgewählt und zusammengestellt, während er den Tod seines Vaters betrauerte. Er erzählte von den großen Leistungen kindlicher Jungen ihren Eltern gegenüber, aus der Zeit des uranfänglichen Kaisers Shun bis in unsere Zeit. Sogar heute machen diese Erzählungen einen wichtigen Teil der orthodoxen chinesischen Tradition aus.
Tan Zi besorgte Milch von Hirschen für seine kränkelnden Eltern
Während der Frühlings- und Herbstperiode (722 – 481 v. Chr.) gab es einen kindlichen Sohn in der Familie Tan, dessen Name nicht aufgezeichnet wurde. Die Menschen nannten ihn einfach Junger Meister Tan. Als er noch ganz jung war, erkrankten beide Eltern an einer Augenkrankheit, die, nach Aussagen der Ärzte, nur durch die Verabreichung von Hirschmilch geheilt werden konnte. Weil die Familie sehr arm und andererseits Hirschmilch sehr selten und teuer war, war der junge Bursche sehr bestürzt und besorgt darüber, dass er möglicherweise außerstande wäre, diese Medizin zu beschaffen, die seinen Vater und seine Mutter heilen könnte.
So wanderte er in die Berge, die Situation abwägend, konnte er jedoch zu keiner Lösung kommen. Dort in dem Anger vor ihm, äste ein Rudel Hirsche. Geduldig stand Tan Zi da, während die Jungen im Frühling geborenen Damkitze ausgelassen herumtollten und dann wieder zu ihren Müttern zurückehrten, um Milch zu säugen.
Am nächsten Morgen setzte sich Tan Zi, verkleidet mit einer Hirschhaut, mit Kopf, Schwanz und Fell, in Richtung des Bergangers ab, mit einem Gefäß in der Hand. Wenn die jungen Damkitze rannten, rannte Tan Zi neben ihnen. Wenn sie ästen, blieb er stehen und täuschte vor, ebenfalls zu äsen. Wenn sie zu ihren Müttern kamen, um Milch zu säugen, nahm sich Tan Zi ebenfalls Milch von dem Muttertier, nur dass die Milch in den Eimer kam, anstatt in seinen Magen.
Als der Tag sich zu Ende neigte, marschierte Tan Zi behutsam von den Bergen zurück, einen vollen Eimer mit Milch mit sich führend, entzückt, dass sein Plan erfolgreich war. Seine Eltern waren überaus erfreut, sie Hirschmilch trinken zu können und lobten ihren klugen, bedachtsamen und einfallsreichen Jungen. Am nächsten Tag kehrte Tan Zi zu diesem Anger zurück und spielte wiederum mit den Damkitzen und kehrte gegen Sonnenuntergang wieder mit einem Gefäß voller Milch heim. Das dauerte Wochen an und seine
Eltern konnten ihr Augenlicht wieder zurückerhalten.
Eines Tages, als Tan Zi mitten unter den jungen Hirschen spielte, blökten plötzlich die Leittiere, richteten ihre weißen Schwänze auf und rannte in den Schutz der Bäume. Voller Angst folgte ihnen das Rudel, Tan Zi allein in der Mitte des Angers zurücklassend. Er blickte auf den Weg und erkannte, warum die Hirsche geflüchtet waren. Ein grimmig aussehender Jäger, mit einem Bogen in der Hand, stand im Schatten, bereit sich Wildbret zu schießen.
Pfeile begannen um Tan Zi’s Ohren zu schwirren, ihr tödliches Pfeifen viel zu nahe, um sich noch wohl fühlen zu können. Der Knabe sprang rasch auf, streifte den Hirschumhang ab und schrie laut: „Ich bin ein Mensch, kein Hirsch. Schieß nicht!“
Der Jäger erschrak. „He, Junge! Was machst Du hier in den Wäldern! Ich hätte Dich beinahe getötet! Warum hast Du Dich auf diese Weise verkleidet?“
Tan Zi antwortete: “Meine Eltern sind krank und brauchen Hirschmilch für ihre Heilung. Ich verkleidete mich als Hirsch, um auf diese Weise an Hirschmilch zu gelangen.“
Tief beeindruckt sagte der Jäger sanft: „Du bist wirklich eine seltenes Kind, so viel Unannehmlichkeiten für Deine Eltern auf Dich zu nehmen. Aber das ist auch sehr gefährlich! Wenn Du nur eine Minute länger gezögert hättest, Deine Identität aufzudecken, hätte ich Dich niedergeschossen. Sei künftig vorsichtiger!“
Nach dieser Warnung, begleitete der Jäger Tan Zi sicher aus dem Wald und nach Hause.
Ein Vers zu seinen Ehren lautet:
Für die Heilung ihrer Augen, benötigten seine Eltern Milch,
Er umhüllte seinen Körper mit einem Fellkleid.
Hätte er versäumt, laut zu rufen: “Schieß nicht!”
Hätte der Jäger in an Stelle eines Hirsches getötet.