Li Guang war General in der Han Dynastie im alten China. Er wurde in Chengji, Bezirk Longxi (jetzt Teil der Provinz Gansu) geboren. General Li war hervorragend, sowohl bei seinen Fähigkeiten im Kampf, als auch hinsichtlich seines kreativen Talentes. Er kämpfte mit Xiongnu mehr als siebzig Mal und vollbrachte beachtenswerte Kunststücke. Xiongnu nannte ihn den „Fliegenden General der Han Dynastie“ und wagte es seinetwegen nicht, in die Zentralebenen einzufallen.
Li Guang führte die Armee in Schlachten, schon als er noch sehr jung war. Er diente vierzig Jahre als Offizier mit einem Einkommensäquivalent von 2.400 Steinen [eine Einheit von trockenem Maß für Getreide, 100 Litern entsprechend]. Er war unbestechlich und teilte seine Prämien immer mit seinen Untergebenen. Er nahm seine Mahlzeiten immer mit seinen Soldaten zusammen ein. Er besaß nichts von Wichtigkeit, noch kümmerte er sich viel um Besitz.
Li liebte seichtes Geschwätz nicht und wenn er mit anderen zusammen war, ging es eher um die Diskussion von Kampfstrategien oder Techniken des Bogenschießens. War das Wasser knapp oder die Nahrung auf der Marsch zu einer Schlacht, sobald Wasser gefunden wurde, näherte er sich dem Wasser erst, wenn seine Soldaten eine Gelegenheit zum Trinken gehabt hatten und er aß auch nicht, bevor seine Soldaten gegessen hatten. Menschen waren bereit ihm zu folgen und seinetwegen Mühen zu ertragen, weil er immerzu sehr tolerant und gütig war.
Der berühmte Historiker Taishigong Simaqian entnahm eine Bemerkung aus dem Buch von Zuo (ein Kommentar über die Klassiker), um Li Guang zu beschreiben: „Derjenige, der sich aufrichtig verhält, dessen Befehle würden ausgeführt werden, ohne dass sie gegeben wurden; derjenige, der sich unpassend verhält, dessen Anweisungen würden nicht befolgt werden.“
Sowohl Li Guang, als auch sein Cousin Li Cai, dienten zur selben Zeit als Beamte. Li Cai’s Ansehen und moralischer Charakter, genau wie die Fertigkeiten, waren wie die von Li Guang, doch sein Rang war immer höher. Der Bezahlungsstatus betrug bereits 2.000 Steine (Maßeinheit) Getreide in der Zeit von Kaiser Xiaowendi, unter dem Li Cai als Premierminister des Königreichs von Dai diente. Später wurde ihm der Titel „Marquis von Le An“ verliehen und im Yuanshou Jahr 2 wurde er zum Premierminister bestellt und rangmäßig unter die drei Spitzenbeamten eingeordnet. Viele Beamte und Soldaten, Untergebene von Li Guang, wurden zum Ritter geschlagen, doch Li Guang wurde niemals ein Adelstitel oder ein Fürstentum verliehen. Seine Rangebene überstieg niemals die der „neun Beamten“.
Einige Praktizierende des Hellsehens oder sich kultivierende Menschen können die Zukunft voraussagen und gute oder schlechte Schicksalsschläge durch Beobachtung des Wechsels von himmlischen Phänomenen voraussagen. Li Guang kannte so eine Person namens Wang Suo. Einmal fragte Li Guang, Wang Suo: „Schließt mich meine Physiognomie vom Adel aus? Oder ist es einfach nur mein Schicksal?“ Wang Suo sagte: „General, bitte denken Sie doch einen Moment nach. Haben Sie nicht etwas getan, das Sie bereuen?“ Li sagte: „Als ich als Präfekt von Longxi diente, rebellierte das Jiang Volk. Ich brachte achthundert von ihnen dazu, sich zu ergeben. Doch ich legte sie alle herein und exekutierte sie alle an einem Tag. Das genau ist die Sache, die ich am meisten bedauere.“ Wang sagte: „Es gibt nichts Sündhafteres, als unschuldige Menschen zu töten, die sich ergeben haben. Genau deswegen wurde Ihnen niemals ein Adelstitel verliehen.“
Es ist ein Jammer, dass der illustre General Li Guang das Prinzip, “das Schicksal wird vom Himmel bestimmt” nicht kannte. Glück und Position eines Menschen werden alle im Austausch gegen angesammelte De (Tugend) erlangt. Mit seinem einzigen Verbrechen des Massakers von Unschuldigen, hat Li Guang eine riesige Menge De verloren. Es würde ihn eine Menge Zeit kosten, das sich zugezogene Karma zurückzuzahlen; wie könnte ihm unter den Umständen Adelstitel und ein Fürstentum gegeben werden?
Einige Jahre später verirrte sich der ältere Li Guang, als er dem Großen General Wei Qing bei einem Kampfauftrag folgte und es traten Verzögerungen ein. Er wurde bestraft und beging schließlich aus Ärger Selbstmord. Die verschiedenen Söhne, die er hatte, starben auch schon in jüngeren Jahren, einer nach dem anderen. Sein Großenkel, Li Ling, verlor eine Schlacht mit dem Xiongnu und ergab sich, deshalb wurden seine Mutter, seine Frau und seine Kinder von der königlichen Regierung getötet. Li’s Familie schwand fortan und verschwand schließlich ganz. Dies konnte nur die Vergeltung für das eine Verbrechen, der Tötung der Unschuldigen, sein.