Eine mongolische Geschichte: Hailibu, der gutherzige Jäger

In der mongolischen Steppenlandschaft lebte einst ein gutherziger Jäger, namens Hailibu. Nach jeder Jagd teilte er mit den anderen Dorfbewohnern seine Beute und behielt nur eine kleine Portion für sich. Seine Fürsorge für andere brachte ihm im Dorf großen Respekt ein.

Eines Tages, als er im Wald wieder auf die Jagd ging, hörte Hailibu Hilferufe vom Himmel. Als er hinauf sah, sah er eine kleine Kreatur, die von einem gefräßigen Geier geschnappt wurde. Schnell richtete er seinen Pfeil auf das Raubtier aus. Vom Pfeil getroffen, ließ das Raubtier schließlich von seiner Beute ab.

Hailibu schaute auf die fremd aussehende Kreatur, die einen schlangenähnlichen Körper besaß und sagte: „Armes kleines Ding, flieg schnell nach Hause.“ Die Kreatur antwortete: „Ehrwürdiger Jäger, Ihr habt mein Leben gerettet, wofür ich äußerst dankbar bin. Ich bin die Tochter des Drachenkönigs und bin mir sicher, dass mein Vater Ihnen seinen Dank mit einer großen Belohnung äußern wird. Er hat viele große Schätze, die Ihr haben könnt. Wenn keines der Schätze Euch gefällt, könnt Ihr nach dem Edelstein bitten, den er in seinem Mund aufbewahrt. Jeder, der diesen Edelstein in den Mund nimmt, wird die Sprache von allen Tieren verstehen können.

Jäger Hailibu hatte kein Interesse an Schätzen, doch die Sprache von jedem Tier zu verstehen, gefiel ihm sehr. Er fragte die Tochter des Drachens: „Gibt es wirklich so einen Edelstein?“ Sie antwortete: „Ja. Doch egal, was Ihr von den Tieren hört, Ihr müsst es für Euch behalten. Wenn Ihr es anderen erzählt, werdet Ihr in einen Stein verwandelt werden.“

Die junge Drachenprinzessin brachte Hailibu zum Ozean. Als sie den Ozean betraten, teilte sich das Wasser zur Seite weg, so dass Hailibu wie auf einer breiten Allee, darauf gehen konnte. Bald erhob sich ein prächtiger Palast empor, wo der Drachenkönig wohnte.

Der Drachenkönig freute sich, von der Rettung seiner Tochter durch Hailibu zu hören und bot ihm alle Schätze in seinem Palast an. Nach einem Moment der Stille, antwortete Hailibu: „Wenn Ihr mir ein Geschenk geben wollt, könnte ich nach dem Edelstein in Ihrem Mund fragen?“

Der Drachenkönig senkte seinen Kopf und dachte für einen kurzen Moment nach. Dann nahm er seinen Stein aus seinen Mund und überreichte es Hailibu.

Als Hailibu sich zum Aufbruch aufmachte, erinnerte die Tochter des Drachens ihn noch mal daran: „Ehrwürdiger Jäger, bitte erinnert Euch daran, niemandem zu erzählen, was die Tiere sagen. Ansonsten werdet Ihr sofort in einen Stein verwandelt.“

Mit dem Edelstein im Mund, hatte Hailibu noch mehr Spaß am Jagen im Wald. Er konnte die Sprache von alle Tieren und Vögeln verstehen und wusste, welche Tiere in welchem Teil des Berges zu jagen waren. Seine Jagdbeute vermehrte sich sogar, so dass er den Dorfbewohnern noch mehr abgeben konnte.

Mehrere Jahre vergingen.

Eines Tages ging er auf einen Berg. Er hörte wie eine Schar von Vögeln auf dem Berg über etwas Dringendes diskutierten und hörte aufmerksam zu. Der oberste Vogel sagte: „Wir müssen so schnell wie möglich wegziehen. Heute Nacht wird der Berg zusammenstürzen und das ganze Land wird überflutet. Viele Leute werden sterben.“

Hailibu war geschockt, als er das hörte. Er rannte schnell nach Hause und gab diese Worte an die Dorfbewohner weiter: „Wir müssen so schnell wie möglich weg von hier; wir können nicht mehr hier bleiben!“ Alle waren überrascht. „Wir leben hier, warum sollen wir von hier weg?“ Hailibu wiederholte immer wieder diese Worte, doch niemand wollte auf ihn hören. In Tränen bat er sie: „Bitte glaubt mir – ich schwöre, ich sage die Wahrheit. Glaubt mir, wir müssen weg von hier; ansonsten ist es zu spät.“

Einer der Ältesten im Dorf versuchte Hailibu zu beruhigen: „Du bist ein guter Mann und du hast nie gelogen. Wir leben hier nun seit Generationen und nun forderst du uns auf, von hier wegzuziehen. Du musst uns schon den Grund nennen; von hier wegzuziehen ist nicht so einfach.“

Hailibu sah keinen anderen Ausweg mehr die Dorfbewohner zu retten. Plötzlich wurde er sehr ruhig. In einem ruhigen Ton sagte er schließlich zu den Dorfbewohnern: „Heute Nacht wird der Berg zusammenstürzen und eine große Flut wird das Land ertränken. Seht, die Vögel sind bereits weggeflogen.“ Dann erinnerte er sich daran, wie er den Edelstein erhielt, dass er alle Tiere und Vögel verstehen wird; doch er musste sein Gehörtes für sich behalten, ansonsten wird er in einen Stein verwandelt. Er hörte schließlich die Worte der Vögel, dass es besser sei wegzufliegen, aufgrund der bevorstehenden Katastrophe.

Als er sich die Ereignisse noch einmal vor Augen hielt, fing er von den Füßen bis zum Unterleib an, sich allmählich in Stein zu verwandeln. Als er aufhörte die Geschichte zu erzählen, war er komplett versteinert.

Die Dorfbewohner waren geschockt und weinten. Sie weinten um Hailibu und wünschten, sie hätten früher auf ihn gehört. Mit dem Nötigsten beladen und ihr Vieh vorantreibend, gingen die Dorfbewohner mit den Älteren und Kindern weit weg aus dem Land hinaus. Sogar in der Nacht machten sie nicht halt. Plötzlich bedeckten dicke Wolken den Himmel und der Wind fing an zu heulen. Es regnete in Strömen, wie nie zuvor. Aus Richtung des Dorfes hörten sie das donnernde Geräusch des einstürzenden Berges.

Nun sind viele Generationen vergangen. Es wird gesagt, dass sich die Nachkommen dieses Dorfes immer noch an den gutherzigen Hailibu erinnern können und davon reden, diesen Stein zu finden.

Quelle: Diese Geschichte stammt aus einer traditionellen mongolischen Geschichte.

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