Ehemaliger Professor der Universität in Tsinghua berichtet über den Appell am 25. April 1999 Teil I

Am 25. April 1999 begaben sich 10.000 Falun Gong-Praktizierende zum Appellbüro und appellierten in der Nähe von Zhongnanhai, bei der Zentralregierung des kommunistischen Regimes. Einige Menschen behaupteten, dass das Regime in den Jahren vor 1999 Falun Gong sowohl an der Oberfläche als auch im Untergrund unterdrückt hat und die Praktizierenden in die Hoffnungslosigkeit getrieben hat, sodass sie sich schließlich entschieden, nach Zhongnanhai zu gehen. Einige sagten, dass dieser Appell die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) reizte und drei Monate später zur Verfolgung führte. Andere sagetn, dass die KPCh die Praktizierenden betrogen hat und Ausreden erfand, Falun Gong später zu verfolgen.

Am 25. April 1999 nahm Herr Xu Yin, der ehemalige Professor der Universität in Tsinghua an dem Appell teil und blieb fast 13 Stunden lang in Zhongnanhai. Es folgt die Schilderung seiner Erlebnisse an diesem Tag.

Xu Yin hielt am 16. Juli 2009 bei einer Kundgebung zum Protest gegen die Verfolgung vor dem Kapitol Hill eine Rede

Am Morgen des 24. April 1999 erfuhr Herr Xu am Übungsplatz, dass einige Praktizierende aus Tianjin verhaftet wurden

Der 24. April 1999 war ein Samstag. Um 5:00 Uhr ging Herr Xu zum Übungsplatz im Studentenwohnheim in der Universität in Tsinghua. Zu dieser Zeit war der Professor der Fakultät für Bauingenieurswesen der ehrenamtliche Betreuer dieses Übungsplatzes. Herr Xu hatte die Aufgabe, die Übungsbewegungen zu korrigieren und neuen Praktizierenden die Übungen beizubringen. Für gewöhnlich machte er jeden Tag 2 Stunden lang, bis 7:00 Uhr, zusammen mit anderen Praktizierenden die Übungen.

Als Herr Xu an diesem Tag zum Übungsplatz kam, hatten die Praktizierenden noch nicht mit den Übungen begonnen. Stattdessen standen sie zusammen und diskutierten darüber, was vor einigen Tagen in Tianjin passiert war: Der Parteifunktionär He Zuoxiu hatte in einer Zeitschrift von Tianjin einen Artikel veröffentlicht, in dem Falun Gong verleumdet wurde. Die Praktizierenden aus Tianjin gingen zum Zeitschriftenverlag, um dort die wahren Hintergründe über Falun Gong aufzuklären. Danach appellierten sie über eine Woche lang an die Regierung von Tianjin. Am 23. April wurden über 40 Praktizierende verhaftet.

In dem veröffentlichten Artikel in der Zeitschrift wurde ganz bewusst angedeutet, dass das Praktizieren von Falun Gong seelische Probleme verursachen kann. Kurz vor 1999, hatte sich die Umgebung für Falun Gong bereits verschlechtert. Der Artikel wurde in der Zeitschrift veröffentlicht, um Falun Gong zu verleumden und bereits 1997 hatte die Polizei geplant, gegen Falun Gong vorzugehen. Sie beauftragte Polizeibeamte, um „Beweise“ zu sammeln, um Falun Gong zu diffamieren, aber Falun Gong ist von Natur aus sehr gut und daher konnte sie nichts finden, um es gegen Falun Gong zu benutzen. Zusätzlich verbot das Nachrichtenbüro unter der Propaganda Abteilung des Regimes, Falun Gong-Bücher und Audiomaterialien zu verlegen, einschließlich „Zhuan Falun“ und „Falun Gong“, die zu dieser Zeit die meistgekauften Bücher in Peking waren.

In den Jahren vor 1999 schrieben Herr Xu und andere Intellektuelle aus Peking fortwährend Briefe an die Regierung und die öffentlichen Medien, um sie über die wahren Hintergründe über Falun Gong zu informieren.

Nachdem Herr Xu erfuhr, dass einige Praktizierende aus Tianjin verhaftet wurden, entschied er sich, am nächsten Tag am Westtor von Zhongnanhai beim Appellbüro zu appellieren.

Am 25. April 1999 ging er allein zum staatlichen Appellbüro

Mit Sitz im Westen von Peking ist die Tsinghua-Universität weit entfernt vom staatlichen Appellbüro. Herr Xu fuhr um 5:00 Uhr allein mit dem Morgenbus.

Später, als das Regime begann Falun Gong zu verfolgen, behauptete es, dass der Appell am 25. April eine gut organisierte Belagerung vom Gelände der Zentralregierung in Zhongnanhai war. Herr Xu war ein Betreuer, aber er ging allein zum Appellieren. Wie viele Personen von der Universität in Tsinghua zum Appellieren gegangen waren, wusste er nicht, bis die Praktizierenden später auf dem Übungsplatz darüber sprachen. Zu dieser Zeit gab es neun Übungsplätze in der Universität in Tsinghua mit mehr als 400 Praktizierenden, aber nur 40 von ihnen gingen zum Appell.

Andererseits gab es hunderttausende Praktizierende in Peking, ganz zu schweigen von denjenigen aus den nahegelegenen Provinzen Tianjin und Hebei, die Anzahl der Praktizierenden war weitaus höher als in Peking. Wäre dieser Appell organisiert worden, wären dann nicht mehr als 10.000 Personen dort gewesen; vielleicht 100.000 oder mehr?

Als Herr Xu an diesem Tag zum Appell ging, nahm er nur sein Zhuan Falun mit, sein Unterrichtsbuch und seine Aufzeichnungen, um die Zeit zu nutzen seinen Unterricht vorzubereiten.

Dass er sich entschied zum Appellbüro zu gehen, nachdem er von dem Vorfall in Tianjin erfahren hatte, bedeutete nicht, dass er sich über die möglichen Folgen des Appells nicht im Klaren war.

Herr Xu Yin ist im Jahre 1962 geboren. Während seiner Kindheit erlebte er eine politische Bewegung nach der anderen. Obwohl er damals noch zu jung war, um diese Dinge zu verstehen, wusste er, dass sein Vater als ein Intellektueller von der KPCh unterdrückt wurde. Und obwohl mittlerweile so viele Jahre verstrichen sind, erinnerte er sich immer noch an das traumatische Ereignis der Unterdrückung seiner Familie.

Der Bus fuhr an diesem Morgen sehr schnell, sodass er innerhalb 1 Stunde den Bestimmungsort erreicht hatte. Er wusste nicht genau, wo sich das Appellbüro befand, er wusste nur, dass es an der Westseite von Zhongnanhai war.

Nachdem er aus dem Bus ausgestiegen war, ging er zur Kreuzung Xi'anmen Straße und Fuyou Straße. Er vermutete, dass dort eine Menge Praktizierende sein müssten. Aber zu seiner Überraschung waren nur einige Passanten auf der Straße. Er war etwas verwirrt und dachte, er sei am falschen Ort.

Herr Xu wollte eine kurze Zeit abwarten, um zu sehen, ob noch mehr Praktizierende kommen. Er dachte, vielleicht wissen sie den Weg zum Appellbüro. Deshalb nahm er sein Lehrbuch zur Hand und begann, seine Vorträge für den nächsten Tag vorzubereiten.

Um 7:00 Uhr waren bereits mehr Fußgänger und Busse auf der Straße. Ein Praktizierender nach dem anderen kam an, bis es schließlich ein Dutzend waren. Aber wie Herr Xu wussten auch sie nicht, wo sich das Appellbüro befindet. Deshalb blieben auch sie auf der Straße stehen, um auf weitere Praktizierende zu warten. Zu diesem Zeitpunkt tauchten auch Polizisten auf und bildeten eine Wachlinie.

Gegen 8:00 Uhr wiesen Polizisten die ankommenden Praktizierenden an, sich in einer Reihe rund um Zhongnanhai aufzustellen

Um 8:00 Uhr waren Hunderte von Menschen an der Kreuzung, an der Herr Xu stand. Dann sah er zu seiner Überraschung, dass die Polizisten ihre Wachlinie an der Nordseite der Fuyou Straße auflösten und die Praktizierenden zur Fuyou Straße führten. In der Mitte der Fuyou Straße befand sich das Westtor von Zhongnanhai. Dies bedeutete, dass die Polizei die Barrikade öffnete und die Praktizierenden zum Westtor führte. Gegenüber von Zhongnanhai befand sich der Eingang zum Appellbüro.

Herrn Xu kam das alles sehr seltsam vor. Zuerst hielten die Polizisten die Praktizierenden davon ab, in die Nähe von Zhongnanhai zu kommen. Aber warum führten sie nun die Praktizierenden in die Fuyou Straße geradewegs nach Zhongnanhai?

Was Herr Xu zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war, dass während er von der Polizei vom Norden in den Süden der Fuyou Straße zum Westtor geführt wurde, andere Praktizierende von der Südseite der Fuyou Straße von der Polizei nach Norden geführt wurden. So wurden die Praktizierenden alle von der Polizei angeführt, um sich vor dem Westtor zu treffen. Inzwischen führte die Polizei auch einige andere Praktizierende von der Nordseite der Fuyou Straße in die Wenjin Straße im Osten, was die Nordseite von Zhongnanhai war. Deshalb waren sowohl die Westseite als auch die Nordseite von Zhongnanhai von Praktizierenden „umstellt“.

Der Grund, warum die Polizisten, die Praktizierenden dazu brachten, Zhongnanhai zu umstellen, war eigentlich eine Falle, um aus dem Appell eine „Belagerung“ zu machen, um Falun Gong zu diffamieren. In Wirklichkeit waren an der Süd- und Ostseite von Zhongnanhai keine Praktizierenden. Die Leute konnten kommen und gehen, wie sie wollten. Deshalb, als die KPCh Falun Gong angriff, indem sie behauptete, dass Praktizierende Zhongnanhai „umstellt“ hätten, war dies überhaupt nicht der Fall gewesen.

Herr Xu blieb an der Nordseite der Fuyou Straße. Es waren so viele Praktizierende dort, dass er nicht einmal wusste, wie viele es waren. Von ihrem Aussehen und ihren Akzenten her vermutete er, dass die meisten Praktizierenden nicht aus Peking kamen, sondern aus anderen Städten.

Später kam der Premierminister Zhu Rongji heraus, um sich mit den Praktizierenden zu treffen

Da Herr Xu sich die ganze Zeit an der Nordseite der Fuyou aufgehalten hatte, wusste er nicht, was vor Zhongnanhai geschah. Später erfuhr er, dass gegen 8:15 Uhr der Premierminister Zhu Rongji herauskam und über die Straße ging, um sich mit den Praktizierenden zu treffen. Er bat die Praktizierenden, einige Vertreter auszuwählen, mit denen er sich unterhalten konnte. Einige Praktizierende traten hervor und hoben ihre Hände. Zhu wählte drei davon aus und bat sie, mit ihm nach Zhongnanhai zu kommen, um mit ihm und einigen verantwortlichen Beamten des Appellbüros zu sprechen.

Die Praktizierenden waren sehr ordentlich

Mit der Zeit kamen immer mehr Praktizierende. Herr Xu war von der Szene beeindruckt. Alle Praktizierenden um ihn herum waren sehr ruhig, niemand sprach laut. Obwohl sie einander nicht kannten, waren sie sehr höflich und ordentlich, was zeigte, dass sie durch die Kultivierung ihren Charakter verbessert hatten. Auf eigene Initiative hin bildeten die Praktizierenden einige Reihen und die jüngeren Praktizierenden standen vorne. Diejenigen, die müde waren, gingen nach hinten, um sich auszuruhen, das Zhuan Falun zu lesen oder die Übungen zu praktizieren.

Praktizierende appellieren friedlich

Die Praktizierenden achteten darauf, die Bürgersteige nicht zu blockierten und ließen den Passanten Platz zum Durchgehen. Die Autos konnten ganz normal fahren und die Passanten wie gewöhnlich gehen. Einige Praktizierende nahmen Plastiktüten heraus und sammelten den Abfall von der Straße ein, auch die Zigarettenkippen der Polizisten. Sie unterhielten sich nicht miteinander. Alle warteten friedlich auf das Ergebnis. Dies war das erste Mal, dass Herr Xu solch eine Szene sah. Er wusste, dass sich Praktizierende, die ihren Charakter kultivieren, so verhalten würden, aber als er es sah, war er tief bewegt.

Zuerst waren die Polizisten sehr nervös, als sie so viele Praktizierende sahen. Aber nachdem sie bemerkt hatten, wie ruhig und friedlich sie waren, entspannten sich die Polizisten. Sie standen zusammen und unterhielten sich, einige von ihnen rauchten.

Polizisten unterhalten sich

(Fortsetzung folgt)

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