FDV (Deutschland): Eröffnungsrede des Falun Dafa Vereins (FDV) bei der Pressekonferenz zur Feststellungsklage gegen den Bund am 3. April in Berlin

Was, so werden Sie sich vielleicht fragen, treibt diese Falun Gong Leute nur um, dass sie ein Jahr nach dem Besuch eines so unangenehmen Machthabers, wie Jiang Zemin, der sich nicht einmal von der deutschen Presse sprechen ließ, alte Dinge wieder aufrühren, die wir schon fast vergessen hatten. Ist nicht der Krieg mit seinen grauenhaften Zerstörungen Thema genug?

So könnte man fast denken, aber das ist auch die Hoffnung von Diktaturen wie der chinesischen, dass durch eine Ablenkung von außen die inneren Zustände in Vergessenheit geraten. Aber wie sagte Außenminister Fischer so schön im vergangenen Jahr auf der UNO Menschenrechtskonferenz in Genf: “Es gibt keinen Antiterrorrabatt bei Menschenrechts-Verletzungen.“ Ja, und es gibt auch jetzt keinen Antikriegsrabatt, wenn in China nach wie vor gefoltert und gemordet wird, weil Menschen nach universellen Prinzipien leben wollen. Das treibt uns an, dafür stehen wir auf den Straßen, bitten um Unterschriften, sprechen mit Politikern:
Wir wollen ein Ende dieser Verfolgung zu erreichen. Wir wollen, dass unsere Freunde, Bekannten und Verwandten in China wieder ein Leben in Freiheit und Würde führen können.

Dieser Wunsch trieb uns Falun Gong-Praktizierende auch an, als wir vor einem Jahr vom Alexanderplatz aus durch die Straßen zogen, als wir in einem Trauermarsch die Bilder der in China Ermordeten durch die Stadt trugen. Wir kamen an auf unserem genehmigten Platz fünf Meter östlich der Kreuzung Unter den Linden /Wilhelmstrasse und mussten erleben, wie wir über 80 Meter weiter östlich zurückgedrängt und verwiesen wurden, an eine Stelle, wo wir hinter Sperrgittern unsere friedlichen Meditationen beginnen durften. Hinter Gittern, wie wilde Tiere, denen man nicht trauen kann.

Sah man europäisch aus, dann hatte man Glück und konnte Toiletten aufsuchen oder durchs Brandenburger Tor gehen. Sah man asiatisch aus, dann wurde das alles schlicht verboten. Trug man gar ein gelbes Hemd oder hatte einen gelben Schal um, dann wurde die Sache immer komplizierter. Zunächst durfte man, dann eher nicht. Wir fragten staunend, woher diese Anweisungen kamen: Von oben! Seither sind wir auf der Suche nach diesem „oben“, das uns immer wieder genannt wurde. „Ja, der Jiang will keine gelbe Farbe sehen, ja, der will keine Falun Gong Leute sehen, sonst reist er ab. Wenn die Polizei sich nicht danach richtet, dann wird dem Ansehen der Bundesrepublik geschadet.“ Das hörten wir von den willigen Polizisten von Berlin über Potsdam, Dresden, bis nach Goslar. Die Presse titelte: Berlin liegt in China, das erschien uns auch so.

Nun, unser Rechtsanwalt wird Sie nachher mit einigen wirklich signifikanten Fällen bekannt machen, ich möchte auf etwas anderes eingehen: Warum reichen wir erst jetzt die nachträgliche Feststellungsklage ein? Das liegt an unserer Suche nach dem „oben“. Wir wollen ihn finden und fragen, warum gelb als Kleidung und als Hautfarbe so gefährlich ist, dass es bei Sicherheitsstufe 1 abgeräumt werden muss? Warum wurden einige von uns untersucht, bedroht – ich werde dich erschiessen, in Potsdam, ich werde dich einsperren, in Berlin – aus dem Schlaf gezerrt, und bei Körpergröße 155 cm in Handschellen aus einem Hotel abgeführt?

Zunächst konnten wir es nicht glauben, wir hielten es für Einzelfälle, Missverständnisse, Übereifer, wir waren bereit mit Nachsicht die irregeleiteten Polizisten zu betrachten. Wir erklärten ihnen mit Barmherzigkeit, was Falun Gong eigentlich ist, wir erklärten ihnen, dass ein Diktator in China seit drei Jahren versucht, die sanften Falun Gong Leute zu vernichten. Wir bewiesen ihnen, dass wir niemals aggressiv sind, dass es weltweit auch in China keine Nachweise gibt über zurückschlagende Falun Gong-Praktizierende. Wir redeten mit Engelszungen und konnten nicht glauben, dass sie Jagd auf uns machten, wenn wir sagten: Falun Dafa Hao, Falun Dafa ist gut, wenn wir asiatisch aussahen oder einen gelben Schal trugen.

Erst als wir viele Aussagen gesammelt hatten, schriftlich und mit Datum und Zeugen, sahen wir, wie sich eine Spur durch Deutschland zog mit immer denselben Bemerkungen: Weil du gelb trägst, weil du Falun Gong machst, weil du chinesisch aussiehst. Wie ein Spuk erlosch dieses Verhalten, als Jiang Zemin Deutschland verließ.

Die Spur verlief aber nicht im Sande, sondern wurde wieder sichtbar im Juni 2002, als Jiang Island besuchte, und die Isländer plötzlich mit Listen hantierten, am Flugplatz die einreisenden Praktizierenden internierten und schließlich die ganze Bevölkerung gegen sich aufbrachten, die sich mit Falun Gong solidarisierte. Welchem „oben „ hatte sich das kleine freiheitsliebende Land gebeugt, um solche absurden Taten zu vollbringen? Ja, sie gingen noch weiter und verboten ihrer eigenen Fluglinie Icelandair, Falun Gong-Praktizierende einzufliegen. Schwarze Listen kursierten auf internationalen Flughäfen. Wo kamen sie her?
Auch da erlosch dieses absurde Verhalten wie ein Spuk, als Jiang Zemin Island verließ.

Wir machten uns auf den Weg zu den Behörden, Polizeidienststellen, Innenministerien, Rechtsanwälten, um aufzuklären, wer wir sind, was wir machen, was man von uns erwarten kann – und wie man uns nicht behandeln darf. Wir trafen häufig auf taube Ohren, der Spuk war vorbei, warum Vergangenes untersuchen. Für uns war nichts vorbei. Können Sie sich vorstellen, wie einem Mann wie Herrn Zhao Ming zumute ist, der heute auch zu uns gekommen ist, wenn er auch nur für eine Stunde im Hotel Adlon von Sicherheitskräften festgehalten wird, nur weil er chinesisch aussieht? Er ist der Mann, den irische Freunde nach zwei Jahren Haft und Folter in China mit unglaublichem Einsatz freigekämpft haben. Können Sie sich seine Gefühle vorstellen?

Ein Landesministerium machte eine rühmliche Ausnahme, statt tauber Ohren gab es Bereitschaft, uns erst einmal anzuhören. Statt Abwehr genaue Überprüfung unserer Beschwerden. Statt Beschönigung das Eingeständnis, in der Wahl der Mittel die Verhälnismässigkeit verletzt zu haben und der Ausdruck des Bedauerns. Der Berliner Innensenator Dr. Erhart Körting und sein Haus konnten Fehler eingestehen und uns für die Zukunft Besserung versprechen. Wir haben das mit Dank angenommen.
Die übrigen Landesinnenministerien von Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen hüllen sich in schweigende Ablehnung. Das tat auch bis vor zwei Wochen das Bundesinnenministerium.

Nun, immerhin sind wir durch Vermittlung der Berliner Senatsinnenverwaltung (Innensenatsverwaltung?)endlich auch nach mehreren Anläufen und Ablehnungen mit dem Bundesinnenministerium ins Gespräch gekommen. Wir wollen es fortsetzen, auch wenn wir aus juristischen Termingründen jetzt die Klage einreichen. Aber glauben Sie, wir werden den da „oben“ finden, der die vom deutschen Gesetz nicht vorgesehene und nicht geschützte Parole ausgegeben hat? „ Weil du gelb aussiehst, weil du von Falun Gong bist, darfst du hier nicht sitzen, nicht stehen, nicht die Toilette aufsuchen, darfst hier nicht wohnen, nicht meditieren, ich werde dich einsperren, und wenn du auf die Strasse läufst, dann werde ich dich erschießen.“

Das alles, um einem Mann einen schönen Deutschlandaufenthalt zu bieten, der zuhause Tausende foltern und ermorden lässt, nicht nur von Falun Gong, auch Christen und Minderheiten, die nicht genehm sind?

Wir wollen nicht mit einer Regierung – auf welcher Ebene auch immer – im Streit liegen, mit der Regierung eines Landes, nach dessen Gesetzen wir hier friedlich leben. Wir haben ein Jahr lang versucht, das zu vermeiden, wir sind immer noch dazu bereit. Wir waren und sind eher der Meinung, dass wir geschützt werden müssen vor der Ausweitung der Verfolgung in andere Länder außerhalb Chinas.

Ich nutze die Gelegenheit, um dem deutschen Außenministerium, vielen politisch Verantwortlichen in der Region Düsseldorf und Tausenden, die ihre Unterschrift gaben zu danken. Frau Wenrong Lin, eine chinesische Musikerin, die in Deutschland Sprachen studierte, wurde im Februar bei einem Heimatbesuch verhaftet, weil sie Falun Gong praktiziert. Sechs Wochen, nachdem wir davon erfuhren und eine nationale und internationale Rettungsaktion starteten, ist sie am Sonntag in Düsseldorf wieder eingetroffen.

Das ermutigt uns, es gibt in China auch andere Kräfte, die nicht so zerstörerisch agieren.
Wir werden nicht nachlassen. Solange diese unrechtmässige Verfolgung friedlicher Menschen in China andauert, werden wir Öffentlichkeit herstellen wie bisher auf friedliche Weise im Rahmen der geltenden Gesetze, unterstützt von vielen Menschen und auch vielen politisch Verantwortlichen in diesem Land. Wir hoffen, dass die Grundrechtsverletzungen, die vor einem Jahr geschehen sind, durch ernst gemeinte Entschuldigungen ausgeglichen werden, sodass wir alle gemeinsam für ein Ende der Verfolgung eintreten.

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