Xun Zi: „Alle Dinge unter der Sonne werden gedeihen, wenn Harmonie überwiegt“

Seit einigen Jahren ist es offensichtlich: Die Menschen lassen sich ängstigen und gegeneinander aufhetzen. Frieden und Harmonie setzen jedoch ein positives Menschenbild und ein Vertrauen ins Leben voraus.

Harmonie in sich: Meditation, die 5. Übung von Falun Gong

Der Zustand von Frieden und Harmonie, so scheint es, ist aus der Mode gekommen. Dennoch ist es allgemein anerkannt, dass ein harmonischer Zustand gesünder und angenehmer ist, als ein disharmonischer. Mehr denn je achten die Menschen auf einen ausgewogenen Lebensstil und bewundern die Schönheit der Harmonien in Kunst, Kultur, Handwerk oder Architektur.

Eine stabile und harmonische Gesellschaft herzustellen, ist jedoch gar nicht so einfach. Erfordert sie doch, dass jeder Einzelne sie zuerst in sich selbst herstellt und sich mit Mut und Willen für ihre Bewahrung einsetzt. Es ist bekannt, dass eine wirklich gelebte Haltung der Demut und Dankbarkeit den Seelenfrieden und die Freude fördern kann.

Dabei setzt man sich in seinem Denken und Handeln nicht nur für seine eigenen Interessen und Ideen ein, sondern berücksichtigt auch diejenigen der anderen Menschen, um den gemeinsamen Wohlstand zu fördern. Vielen ist die „goldene Regel der Menschlichkeit“ ein Begriff, die da lautet: „Was Du nicht willst, dass man Dir tu’, das füg’ auch keinem andern zu.“

Harmonie und Philosophie

Über die Harmonie in der Gesellschaft – der goldenen Mitte und des rechten Maßes im Handeln und Umgang der Menschen untereinander – haben sich über die Jahrhunderte viele Gelehrte ihre Gedanken gemacht. Einer der bekannteren ist zum Beispiel der Astronom Johannes Kepler. Für ihn war die Astronomie ein Weg, Gottes Hand in der Welt zu offenbaren, ein Weg, universelle Wahrheiten aufzuzeigen, auf die sich alle einigen konnten.

Im antiken China hatten die drei Philosophien des Daoismus, Konfuzianismus und Buddhismus Auswirkung auf die Staats- und Lebensführung der Menschen.

Harmonie in der Natur, Foto: Pixabay

Der Daoismus lehrt den Schüler in intuitiver Harmonie mit der kosmischen Ordnung zu leben. Die Daoisten glauben, dass es eine Kraft gibt, die alles umgibt und durchströmt. Diese Kraft reguliert die natürlichen Prozesse, schafft das Gleichgewicht im Universum und der Gegensätze (Polaritäten).

Im alten China war die Tugendlehre des Konfuzianismus nicht nur die Grundlage der Beamtenprüfung, sondern regelte als ganzheitliches Konzept die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft als auch diejenige zwischen den Menschen.

Dabei ging es im Wesentlichen um drei Bereiche: Menschenbild (Menschlichkeit, Mitmenschlichkeit, Bildung) Rechtlichkeit (Rechtmäßigkeit, Redlichkeit und Rechtschaffenheit) und Sittlichkeit (Umgangsformen, Tugend, Rituale)

Dieses Konzept der „Großen Harmonie“ wurde mit folgenden Zeichen dargestellt: 大同 (dà tóng). Das erste Zeichen 大 bedeutet „groß“, das zweite Zeichen 同 kann mit „gleich“, „ähnlich“ und „gemeinsam mit“ übersetzt werden. Dabei gibt der innere Teil des Zeichens einen Hinweis darauf, dass die Harmonie zwischen Gruppen oder einzelnen Menschen etwas mit einer offenen (breiten, toleranten, wahrhaftigen) Kommunikation zu tun hat.

Geschichte: „Der Sohn geht mit gutem Beispiel voran“

Es ist nicht immer einfach, Frieden und Harmonie in der Familie zu bewahren. So geschah es auch vor vielen Jahrhunderten in der Familie Sun.

Der Sohn der Familie Sun, Yuanjue genannt, behandelte seine Eltern und Großeltern gemäß der Tradition respektvoll und mit Fürsorge. Aber der Vater von Yuanjue, der eigentlich ein Vorbild für seinen Sohn sein sollte, handelte gegensätzlich.

Er behandelte seinen Vater herablassend. Er beschwerte sich wiederholt bei seinem Sohn, dass Großvater leider zu alt sei, um aus dem Haus und arbeiten zu gehen. Großvater blieb aufgrund seines Alters mehrheitlich zu Hause und das störte Yuanjue’s Vater sehr.

Doch eines Tages hörte er auf, mit dem ´sich beschweren` und schritt zur Tat. Er organisierte einen Bambuskorb und erklärte seinem Sohn seinen Plan: „Yuanjue, ich werde Großvater in den Korb stecken und in eine verlassene Gegend tragen. Dort lege ich ihn ab und überlasse ihn seinem Schicksal.“

Yuanjue konnte nicht glauben, was er soeben gehört hatte. Er wurde traurig und kniete vor dem Vater nieder. Er bat ihn, das Leben des Großvaters zu verschonen. Dieser wollte davon nichts hören. Als Yuanjue sich beruhigt hatte, ging er erneut zum Vater und sagte zu ihm: „Wenn du Großvater wirklich loswerden willst, kann ich nichts dagegen machen. Aber ich habe eine Bitte. Wenn du Großvater abgesetzt hast, bringt den Bambuskorb wieder mit.“

„Warum willst du den Korb wiederhaben?“, wollte der Vater wissen. Yuanjue antwortete: „Damit ich, wenn DU einmal alt bist, DICH in einem gottverlassenen Tal aussetzen kann.“ Der Vater reagierte empört und schimpfte mit seinem Sohn: „Wie kannst du es wagen, so ungehobelt mit deinem Vater zu reden?“

Darauf erinnerte er seinen Vater an ein altes Sprichwort: „Väter gehen mit gutem Beispiel voran. Söhne tun, was ihre Väter tun.“

Yuanjue’s Vater runzelte die Stirn und war einige Tage auffällig still. Er begann, zuerst zögerlich, dann wirklich, seinen Vater mit dem gebührenden Respekt und Fürsorge zu behandeln. Er erkannte, dass die Art, wie er seinen Vater behandelte, später auf ihn selbst zurückfallen würde, wenn sein Sohn Yuanjue sich um ihn würde kümmern müssen.

Quelle: “The Son Leads by Example” Seite 102, Treasured Tales of China Vol.3, Classical Poets Publishing, Mount Hope, New York.
und Chronicle of the Chinese Emperors von Ann Paludan ab Seite 190, Thames und Hudson Verlag 1998

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