ZDF, Heute, 08.04.02: »Die Ansichten sind nicht ganz die gleichen«

Staatspräsident Jiang Zemin in Deutschland

Der chinesische Staatspräsidenten Jiang Zemin ist von Montag an zu Besuch in Deutschland. Dabei geht es um die Bekämpfung des internationalen Terrorismus und das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und China. Zwischen beiden Ländern gibt es politische Differenzen, wirtschaftlich und kulturell aber auch immer mehr Gemeinsamkeiten.

von Bastienne Hamann, 08.04.2002

Eine Woche lang bereist Jiang Zemin Deutschland und wird dabei von Bundespräsident Johannes Rau und Bundeskanzler Gerhard Schröder empfangen. Die Anregung zu dem Treffen ging offenbar von chinesischer Seite aus, doch auch die Deutschen hoffen auf greifbare Ergebnisse – vor allem wirtschaftlicher Art: Nach dem jüngsten Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder in China im November 2001 wurden Wirtschaftsverträge im Wert von 4,3 Milliarden Euro unterzeichnet.

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Deutschland sei zudem das Land in Europa, aus dem China die meisten Technologien einführe – vor allem für Verkehr, Telekommunikation, Energiewirtschaft und Infrastruktur, heißt es bei der chinesischen Botschaft in Berlin.

Menschenrechte bleiben Thema. Trotz aller Diplomatie ist man sich auch der großen Unterschiede zwischen Deutschland und China bewusst, »die Ansichten und Herangehensweisen beider Seiten in manchen Fragen sind deshalb nicht ganz die gleichen«, formulieren die Diplomaten vorsichtig. Das wurde in der Vergangenheit vor allem beim Thema Menschenrechte immer wieder deutlich.

Für die Chinesen hat der Schutz der Gemeinschaft eine weit höhere Bedeutung als in der westlichen Welt. Die Rechte des Einzelnen werden entsprechend eingeschränkt. Ausländische Kritik daran wird gerne als »Einmischung in innere Angelegenheiten« zurückgewiesen. Führende deutsche Politiker fordern dagegen immer wieder eine Verbesserung der Menschenrechtslage. So erklärte Außenminister Joschka Fischer auf der Jahrestagung der Genfer UNO-Menschenrechtskommission im März, China solle die Verfolgung ethnischer Minderheiten und religiöser Gruppen, wie der Glaubensbewegung Falun Gong, einstellen und die Todesstrafe abschaffen. »Wir sehen die Menschenrechtssituation in China trotz der Freilassung von politischen Gefangenen und der verstärkten Bereitschaft, mit nationalen Menschenrechtsmechanismen zusammenzuarbeiten, weiterhin sehr kritisch«,
sagte Fischer.

Bundesaußenminister Joschka Fischer

Zahlreiche Partnerschaften

Weniger problematisch ist die Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Kultur. Es gibt rund 40 Partnerschaften zwischen chinesischen Provinzen, deutschen Bundesländern und Städten in beiden Ländern. Auch zahlreiche Hochschulen arbeiten zusammen, die Zahl der in Deutschland studierenden Chinesen wird auf 13.000 geschätzt.

Und auch wenn es im Alltag nicht immer bemerkt wird: Chinesisches gibt es in Deutschland in jedem Haushalt, angefangen vom Porzellan über Papier, Bücher und Geldscheine bis hin zur Zahnbürste -alles chinesische Erfindungen. Das China-Restaurant gehört zum Standard-Angebot in jeder deutschen Kleinstadt, und auch der nächste Asia-Shop ist selten weit. Vieles, was einst noch sehr exotisch erschien, gilt heute schon fast als normal. Dazu gehören etwa chinesische Heilverfahren wie die Akupunktur. Rund zehn Prozent der deutschen Ärzte, so schätzt die Deutsche Akupunktur Gesellschaft, heilen mittlerweile mit den kleinen Nadeln. Und immer mehr Menschen richten ihre Häuser nach den Regeln des Feng Shui ein. Und wer weiß: Vielleicht bleiben auch hier bald Häuser in Bestlage leer, weil die Fenster der Gebäude das »Qi« entweichen lassen…

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