Trauerflormyrten, ein alter Mann und die kommunistische Partei

Liebevoll erinnere ich mich an die Schule, die ich absolvierte, mit ihrer wundervollen Umgebung. Es gab da mit Bäumen bestückte Haine, bestens zum Studieren geeignet. Überall waren Blumen. Es gab Trauerflormyrten, Jahrhundertpflanzen, Oleander und chinesische Sonnenschirme vor und hinter allen Schulgebäuden. Dazu noch Rosenbüsche, Chrysanthemen, eine Auswahl an roten Blumen und viele blühende Topfpflanzen.

Die für all die wunderschönen Blumen und Bäume auf dem Campus verantwortliche Person, war ein alter Mann, ein Allroundgenie. Er hatte ein vom Wetter gegerbtes Gesicht und ein verkrüppeltes Bein. Er erschien jeden Tag sehr früh auf dem Campus und fegte die Straßen und Gehwege, noch bevor irgend sonst jemand eintraf. Er trug immer eine rostige Gießkanne mit sich herum und wässerte sorgfältig die Blumen und Pflanzen, die unseren Campus so schön machten. Er hatte ein wundervolles Lachen und seine Augen strahlten, wenn seine Blumen gerühmt wurden.

Wenn es Zeit war für den Unterricht, läutete er laut eine Kupferglocke, während er um die Gebäude herum ging, wobei er einen Arm hinter seinem Rücken hielt. Hatte es geregnet, reparierte er fleißig die Campuspfade. Er schaffte Sand von wer weiß woher und füllte die Rinne nahe des Hintereingangs der Schule, um zu vermeiden, dass Leute verunglückten. Er nahm es auf sich, viele Projekte auf dem Campus zu versorgen. Die Studenten liebten ihn alle und nannten ihn liebevoll „Alter Wang“.

Niemand würde erwarten, dass so eine einfache Person unter der Herrschaft der chinesischen kommunistischen Partei leiden musste. Während der Zeit des Aufruhrs, wurde er ausgewählt, eine Rede darüber zu halten, wie er in den alten Zeiten vor der Machtübernahme der chinesischen kommunistischen Partei, von der herrschenden Klasse missbraucht und übervorteilt wurde. Die Schulleitung griff ihn heraus, weil er arm war und sie sich ausrechneten, er hätte eine gute Geschichte zum Besten zu geben. Er wusste jedoch nicht, wie er eine Rede vor der Öffentlichkeit gestalten sollte. Als er auf dem Podium ankam, murmelte er wiederholt, dass die kommunistische Partei großartig sei. Jedoch als er aufgefordert wurde, die böse alte Gesellschaft anzugreifen, erzählte er, dass ein alter Landlord sein Leben gerettet habe, als er eine sehr schwere Zeit durchmachte. Das passte den anwesenden Beamten der kommunistischen Partei nicht ins Konzept. Deshalb bestraften sie ihn. Jedoch weil er von allen gemocht wurde, entschieden sie, dass er aufhören solle und erlaubten ihm, zu seinem alten Job zurückzukehren. So fegte er wieder die Pfade, läutete die Glocke und wässerte die Blumen.

Dann begann offiziell die Kulturrevolution. Die Schule wurde geschlossen. Die Studenten wurden in die Roten Garden umfunktioniert. Der Direktor und alle Lehrer wurden zusammen getrieben und von den Studenten häufig verbal und physisch misshandelt. Rote Fahnen bedeckten jeden Meter auf dem Campus. Alle Mauern waren mit roten kommunistischen Parolen beschmiert. Es schien so, als hätte das Meer der Röte jedermanns Verstand ausgelöscht.

Auch der Alte Wang veränderte sich. Er war nicht mehr länger der glückliche Mensch. Die Bäume wurden gefällt und das Gras und die Blumen ausgerissen, weil sie als Zeichen des Kapitalismus betrachtet und ausradiert werden mussten. Er fiel wegen seiner Pflanzen und Bäume, die er all die Jahre so liebevoll versorgt hatte, in tiefe Sorge. Sein verkrüppeltes Bein verschlimmerte sich und häufig irrte er über den Campus, wie ein verlorenes Kind. Eines Tages versuchte er heimlich einige Bündel von Trauerflormyrten auf dem Campus zu pflanzen. Die Roten Garden erwischten ihn dabei, rissen die Pflanzen aus und schlugen ihn. Das Leiden wurde für ihn zu schlimm und so erkrankte er. Er kämpfte einige Tage lang in seinem kleinen dunklen Zimmer und verließ dann diese Welt voller Kummer.

Während der nächsten Jahrzehnte, wenn mich in meinem Leben Trübsale zu überwältigen schienen, musste ich oft an meinen Schulcampus und die guten alten Tage denken, bevor der Wahnsinn die ganze chinesische Gesellschaft überflutete. Das glückliche Gesicht des Alten Wang tauchte immer wieder in meiner Erinnerung auf.

Jetzt, wenn ich die „Neun Kommentare über die kommunistische Partei“ lese, über die Geschichte der Partei und die Blutschuld, die sie für die chinesischen Menschen heraufbeschwor, bringt das die Erinnerung an diesen alten Mann zurück. Ein Mann, der gütig und dankbar für dieses Leben war, bis zu seinem Tod. Wie viele Millionen Menschen, haben unter der Herrschaft der kommunistischen Partei von China gelitten und sind darunter gestorben?

In diesem China, wo immer noch unaussprechliches Leid an der Tagesordnung steht, hat die kommunistische Partei zahlreiche politische Bewegungen entfesselt, seit sie an die Macht kam. Diese Bewegungen haben den Geist der chinesischen Nation und die Schönheit und Güte des chinesischen Volkes völlig zerstört. Von Natur aus sind die chinesischen Menschen nicht grausam. Es ist die kommunistische Partei in China, die diese Grausamkeit als Werkzeug für die Aufrechterhaltung ihrer politischen Macht, ausgewählt hat.

Auf der anderen Seite des Ozeans, kann ich die Brise des Windes spüren und ich sehe die Wildgänse nach Norden und nach Süden fliegen, im Wechsel der Jahreszeiten. Wenn ich neue Zweige an einem Baum wachsen sehe, wenn ich Blumen blühen sehe, erinnere ich mich an den Alten Wang und an mein fernes Heimatland. Die frischen Blätter und Blumen lösen einen tiefen Schmerz in meinem Herzen aus.

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