Tiroler Tageszeitung (Österreich): China und Deutschland wollen Rechtsdialog ausweiten

Peking (APA) – China und Deutschland wollen den Dialog über Menschen- und Bürgerrechte ausweiten. Nach einem Treffen mit Staats- und Parteichef Hu Jintao sagte Bundespräsident Johannes Rau am Donnerstag vor Journalisten in Peking: „Es gibt keinen Bereich, wo dieser Dialog nicht dringend nötig wäre.“ Nach zwei Jahren der Kooperation in juristischen Fragen werde nun an einem erweiterten Programm für die nächsten zwei Jahre gearbeitet.

Bei seinem einwöchigen Staatsbesuch in China gehe es ihm darum, „die unterschiedlichen Gesellschaftssysteme nicht zu übertünchen“, sagte der Bundespräsident. Er wolle Differenzen aufzeigen, aber auch Möglichkeiten, „zueinander zu finden und den Dialog, den Rechtsstaatsdialog, auszuweiten auf viele andere Felder“.

Ohne in Details über Menschenrechtsfragen gehen zu wollen, berichtete Rau, habe er beim Abendessen mit Hu Jintao „einzelne Sorgen“ angesprochen. Er wolle „nicht alle Probleme offen auf dem Markt austragen“, äußerte aber die Hoffnung, dass sich daraus „Hilfe für einzelne Personen und Gruppen in China ergibt“.

Der Rechtsdialog, die wachsende wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie der Austausch in der Wissenschaft standen im Mittelpunkt des Gespräches, in dem auch der Irak und Nordkorea angesprochen wurden. Chinas Präsident geht trotz widersprüchlicher Signale aus Pjöngjang davon aus, dass die Sechs-Nationen-Gespräche über eine Beendigung des nordkoreanischen Atomprogramms fortgesetzt werden, wie Rau sagte.

Der Bundespräsident ist der erste deutsche Spitzenpolitiker, der die im März eingesetzte neue Führung trifft. Am Freitag sind Gespräche mit Parlamentspräsident Wu Bangguo und Ministerpräsident Wen Jiabao geplant. Rau nannte die Führung „pragmatischer als in den Jahren zuvor“. Es gebe aber auch „gelegentlich noch Antworten, die sind zu global, als dass sie die Probleme genau träfen“.

In einem Beitrag für eine Sonderbeilage der englischsprachigen Tageszeitung „China Daily“ zu seiner Reise hob Rau die Bedeutung von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsvielfalt hervor. Diese Werte könnten nicht allein auf die Wirtschaft beschränkt werden, mahnte Rau. „Freiheit und Rechtssicherheit in einer Gesellschaft als Ganzes sind Voraussetzungen für politische Stabilität und Wohlstand.“

Die Herausforderungen der Globalisierung könnten nur mit Offenheit bewältigt werden. „Es ist unmöglich Dämme gegen den weltweiten Strom von Informationen zu bilden“, kritisierte Rau indirekt die Sperren im Internet und die Zensur in China. Abweichende Meinungen sollten als „konstruktive Ideen“ bei der Überprüfung von Politik betrachtet werden, meinte Rau in seinem Plädoyer für Meinungsfreiheit.

Am Morgen waren Rau und seine Delegation aus der alten Kaiserstadt Xi&#039an kommend in der Hauptstadt eingetroffen. Rau besuchte auch die chinesische Mauer bei Badaling nahe Peking. Weitere Stationen der Reise sind Nanjing, Schanghai, Guilin und Hongkong.
2003-09-11 17:20

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