FÜR WEN LÄUTET DER GONG DER AUSREISE?

[Corriere della Sera,Rom, vom 15.10.01]. Vor sechs Jahren hatte er unter den Scheinwerfern der internationalen Wirtschaft gestanden, weil er, der damalige kleine italienische Unternehmer die Hauptperson eines Gemeinschaftsunternehmens (Joint venture) in China war. Heute richten sich die Scheinwerfer wieder auf ihn als auf den ersten Italiener, der von China verjagt wurde wegen ideologischer Unstimmigkeiten. Alfredo Fava der Jüngere, ein Unternehmer aus Biella, Begründer der „Shanghai Famas“, einer Tochtergesellschaft des Mutterhauses in Trivero und spezialisiert auf die Herstellung technischer Gewebe. Der letzte Chinaaufenthalt dauerte nur anderthalb Stunden. Eigentlich eine kurze Zeit; aber unendlich lang, wenn man sie im Büro des Flughafens von Shanghai, mit zwei Polizisten zur Seite, verbringt. Bevor er in ein Flugzeug zurück in sein Vaterland gebracht wurde, war ihm gesagt worden, er stehe auf der „Schwarzen Liste“ und er werde weder in sein Unternehmen, noch in sein Haus, in dem er mit seiner chinesischen Frau und seinem 2jährigen Sohn glebt hatte, zurückkehren. Die Familie befindet sich zur Zeit in Italien.

Was das Unternehmen angeht, das er vor sechs Jahren gegründet hatte, ein kleines Juwel, Frucht eines ungewöhnlichen Joint venture zwischen der chinesischen Gemeindeverwaltung und einem kleinen privaten italienischen Unternehmen, so wird er gezwungen sein, seine 51% zu verkaufen und die Produktion aufzugeben. „Ich hatte schon damit gerechnet und erwartete, dass es früher oder später geschehen würde“, kommentiert Fava jun., „nachdem die Verfolgung gegen die Praktizierenden des Falun Gong begonnen hatte.“

Ja, weil Alfredo Fava in China, außer dass er ein Unternehmen und eine Familie gründete, entdeckt hat und fasziniert blieb von dem, was die Westler Philosophie nennen. Eine Geistesbewegung, inspiriert von der Wiederentdeckung der buddhistischen Tradition und der Wurzeln der östlichen Kultur, die aber für die chinesische Regierung eine Gefahr repräsentiert, die man bekämpfen muss. Einen Feind, der vertilgt werden muss. Sogar, indem man auf dem Flughafen einen Mann festhält und nach Italien zurückschickt, der in China dazu beigetragen hat Arbeit und Wohlstand zu schaffen. Mit einem neuen Visum, das für ein Jahr gilt, der Wohngenehmigung und der Arbeitsgenehmigung in der Tasche fühlte sich Alfredo Fava jun auf dem Flughafen ganz ruhig: Er hatte seine Frau, seinen Sohn und die Schwiegereltern in Biella gelassen, um kein Risiko einzugehen und ging in sein Unternehmen, um sich dort für ein paar Wochen aufzuhalten. Während der Zollabfertigung haben ihn aber die zwei Polizisten in die Mitte genommen und ihn in ein Büro geführt. Diese Szene bekam auch der Fahrer, der ihn erwartete, um ihn in sein Werk zu fahren, mit. Er konnte Alfredos Frau Ning informieren, als diese von Italien aus anrief, um mit ihrem Mann zu sprechen. Keine andere Nachricht und der Zweifel, ob Alfredo festgenommen worden sei oder nicht, bis eine Erklärung vom italienischen Konsulat ankam. Fava war es gelungen, von der Treppe des Flugzeugs aus, dort anzurufen.

Keine Antwort auf sein Fragen, keine Erlaubnis, zu Hause anzurufen, auch nicht die Firma oder das Konsultat. Nur die trockene Bemerkung: „Sie stehen auf der schwarzen Liste“, bevor sie ihn nach Italien zurückschickten . „Es ist mir gut ergangen“, erklärte Fava jun. „weil sie mich hätten festnehmen können, wie es den chinesischen Praktizierenden des Falun Gong geschieht. Alles das ist unzulässig. Ich bin italienischer Staatsbürger, ich habe nichts Verbotenes getan und habe ein Unternehmen in China. Es ist verrückt, dass in einem Land, das erklärt, sich dem Westen zu öffnen und das in die Weltwirtschafsorganisation eintritt, noch Verfolgungen ideologischer Art stattfinden.“

Corriere della sera: Was geschieht denn nun mit Ihrer „Shanghai Famas“ und seinen 35 Angestellten?“ Fava: „Ich arbeite schon an einem Beschluss, der sowohl die Majorität als auch die Führung an meinen deutschen Partner nübergibt. Er hat sich sofort zur Verfügung gestellt, mein Werk fortzuführen und das Unternehmen am Leben zu erhalten.“

Es ist das Ende eines kleinen „Großen Traumes“ (die Shanghai Famas ist ein einmaliges Juwel ihrer Art, von dem Alfredo geträumt hatte, es um die Länder des fernen Ostens zu erweitern wegen der niedrigen Produktionskosten). Und es ist außerdem das erste Mal, dass die chinesische Regierung gegen einen italienischen Staatsbürger solche einschränkenden Maßnahmen ergreift.

China ist vielleicht näher als wir dachten; aber in diesem Fall ist es uns in einer bemerkenswerten Weise näher. Und wenn man bedenkt, dass Alfredo Fava sich vor nur einigen Wochen ganz ruhig fühlte: „Ich empfinde dies nicht als mein Problem. Vielmehr ist es ein Problem der chinesischen Regierung. Ich bin als Unternehmer nach China gekommen und hinter dem Unternehmen steht ein Mensch. Als ich ankam, hat mich niemand nach meinem Glauben gefragt. Ich habe Falun Gong 1995 kennengelernt, als dessen Bücher vom Staat veröffentlicht wurden. Es hat sich nichts geändert, weswegen ich mich ändern sollte. Ich verrichte weiter meine Arbeit als Unternehmer. Es gibt auch Risiken; aber ich kann im Angesicht der Verfolgung nicht so tun, als sei nichts geschehen.“

Keine Schwierigkeiten also bis vor einigen Tagen. „Die Polizei ist in das Werk gekommen und hat meine Angestellten befragt – nicht mich!“ Der Unternehmer aus Biella gibt aber nicht so schnell auf. Sollte das Werk verloren sein und er nicht nach China zurückkehren können, so will er wenigstens, dass all das bekannt wird. „Ich werde alles nur Mögliche tun“, erklärt er „ damit die italienischen Behörden etwas unternehmen. Damit die ganze zivilisierte Welt eingreift, um zu verhindern, dass man die Meinungs- und Gedankenfreiheit in dieser Weise umbringt.“ Und er bereitet sich vor, einen offenen Brief an eine lange Reihe von Adressen zu schicken. Von der italienischen Botschaft in China bis zum Ratspräsidenten, an den Minister des Außenhandels und an den eigenen Verband der italienischen Industrieunternehmen.

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