BBC Monitor: Laut &#039Reporter Ohne Grenzen&#039 (RSF) werden ausländische Journalisten noch immer für Berichterstattungen über Falun Gong verfolgt

Quelle: Presseerklärung von Reporter Ohne Grenzen (RSF) vom 04.12.2001

Die internationale Medienaufsicht Reporter ohne Grenzen (RSF) hat die Chinesische Regierung aufgefordert, damit aufzuhören internationale Journalisten einzuschüchtern, die versuchen über die in China verbotene spirituelle Gruppe Falun Gong zu berichten. Nachdem China versprach, Journalisten während der Olympischen Spiele 2008 in Peking unbehelligt arbeiten zu lassen, fordert RSF Generalsekretär Robert Menard die Verantwortlichen auf, die Verhaftungen von Auslandskorrespondenten zu beenden. In der nächsten Sitzung des Menschenrechtsausschusses der UNO wird sich die RSF auf die „Sondervereinbarung über Freie Meinungsäusserung“ berufen, um die Chinesische Führung öffentlich zu kritisieren.
Jetzt folgt die ins Deutsche übersetzte Presseerklärung der RSF vom 4. Dezember 2001:

Am 20. November 2001 wurden Jutta Lietsch, Korrespondentin der Leipziger Volkszeitung und freie Mitarbeiterin der Tageszeitung, und Wen-chun Fan, Kameramann des amerikanischen Fernsehsenders CNN und Stefan Niemann, Auslandskorrespondent des Fernsehsenders ARD und dessen Assistent von der Polizei festgehalten und verhört, als sie über die Demonstration von 35 westlichen Anhängern der spirituellen Gruppe Falun Gong auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking berichteten. Die Ausrüstung des Kameramannes wurde beschlagnahmt. Die Behörden beschuldigten die drei Journalisten, keine offizielle Genehmigung fur diese Berichtserstattung beantragt zu haben. Sie wurden nach zwei Stunden freigelassen, aber ihre Ausrüstung, insbesondere Filme, Presseausweise und Aufenthaltsgenehmigungen haben sie nicht zurückerhalten.

Am selben Nachmittag wurde Jutta Lietsch zum Außenministerium eingeladen, wo ihr erläutert wurde, dass die Chinesischen Autoritäten die Anschuldigungen fallen lassen würden, wenn die Reporter davon absehen, über die verfolgten Ereignisse Bericht zu erstatten. Nach den Veröffentlichungen in der deutschen Presse wurde die ARD Korrespondentin von den Autoritäten als „Unruhestifterin“ bezeichnet. Es wurde ihr angedroht, ihren Presseausweis für zwei Monate zu beschlagnahmen und sie somit am Arbeiten zu hindern. Der Presseausweis des CNN Reporters Wen-chun Fan wurde ebenfalls für zwei Monate beschlagnahmt. Ähnliche Massnahmen werden warscheinlich auch gegen Herrn Stefan Niemann ergriffen.

&#039Reporter Ohne Grenzen&#039 (RSF – Reporters Sans Frontieres) protestierten gegen diese gezielten Verhöre bzw. Bedrohungen und gegen die Vorgehensweisen mit denen Chinesische Behörden versuchen, ausländische Journalisten abzuhalten über Falun Gong Aktivitäten zu berichten.

Seit zwei Jahren belästigen die Chinesischen Autoritäten ausländische Journalisten, die Nachforschungen über diese, von der Regierung als kriminell dargestellte Organisation stellen. Am 22. Juli 1999 verbannte die Pekinger Regierung die spirituelle Bewegung.
Nach Aussagen von Falun Gong hat die brutale Unterdrückung durch die Autoritäten in den letzten achtundzwanzig Monaten den Tod von mindestens zweihundertfünfzig Menschen gefordert [A.d.R.: Mittlerweile ist die Todeszahl schon auf über 320 gestiegen. Inoffizielle Regierungsquellen sprechen sogar schon von weit über 1000 Todesopfern.]Fünfhundertausend wurden verhaftet und für verschiedene Zeiträume gefangengehalten. Seit Anfang 1999 sind ausländische Presseberichterstatter in China an dem Phenomen Falun Gong interessiert……Die volle Aufmerksamkeit der Medien erzielte Falun Gong mit der Demonstration am 25. April 1999, als Tausende von Anhängern sich um den Hauptsitz der Zentralen Regierung in Peking versammelten.

Nach der gewaltsamen Auslöschungskampagne der Führungskräfte gegen Falun Gong, werden ausländische Journalisten systematisch daran gehindert, an diesem Thema zu arbeiten. Ausländische Fotografen und Kameraleute werden davon abgehalten, am und um den Platz des Himmlischen Friedens zu arbeiten, wo Hunderte von Falun Gong Anhängern in den vergangenen Jahren demonstrierten. Nach Angabe von ‚Reportern Ohne Grenzen‘ wurden bereits mindestens 50 Repräsentanten internationaler Medien verhört. Einige wurden von der Polizei geschlagen. Sicherheitsdienste belästigten Korrespondenten, die versuchten, über die Aktivitäten der verbotenen Bewegung zu berichten. Viele Falun Gong Anhänger wurden ins Gefangnis gesperrt aufgrund von Interviews, die sie ausländischen Reportern gegeben haben.

Die Polizeipräsenz rund um die Uhr ermöglicht eine Vernehmung jedes Fotografen oder Kameramannes, der versuchen könnte, am Platz des Himmlischen Friedens einige Bilder von Anhängern zu schiessen, die friedlich gegen das Verbot ihrer Bewegung demonstrieren.

Die Anzahl der Augenzeugenberichte ausländischer Journalisten, die RSF vorliegen, ist überwältigend.

Drohungen und Verfolgungen

Am 28. Oktober 1999 gelang es Falun Gong, für einige internationale Medien eine Untergrund-Pressekonferenz zu organisieren. Ein dutzend Journalisten waren anwesend. Unter ihnen auch ausländische Presseagenturen. Die Falun Gong Sprecher hatten genug Zeit, das Wesen ihrer Bewegung zu erläutern und sich gegen die Unterdrückung, der sie ausgesetzt sind, auszusprechen. Am nächsten Tag wurde weltweit in den Medien über diese Pressekonferenz berichtet. Eine aussergewöhnlich peinliche Situation für die Chinesischen Geheimdienste, die sich daraufhin rächen wollten. Die Chinesische Polizei verhaftete fünf Korrespondenten der internationalen Presse und beschlagnahmte ihre Presseausweise. In langen Verhören und in Form von Bedrohungen wurde den Journalisten vorgeworfen „illegale Reportagen“ produziert zu haben. Sie wurden gezwungen, ein Schreiben zu unterzeichnen, indem sie gestehen, illegal gearbeitet zu haben. In den folgenden Monaten wurden ausländische und an Falun Gong interessierte Journalisten verfolgt, verhört und oft bedroht. Der Korrespondent einer amerikanischen Tageszeitung erinnert sich: „Ich wurde ständig verfolgt. Manchmal nah und manchmal von der Ferne. Die Polizisten waren sehr aggressiv. Ich konnte weder arbeiten noch meine Freunde besuchen, aus Angst ihnen Schwierigkeiten zu bereiten. Meine Kontakte waren unter ständiger Beobachtung und es war mir unmöglich Falun Gong Mitglieder zu treffen, aus Angst vor deren Verhaftung.“ Ein anderer in Peking stationierter Journalist beklagte sich über diese Vorgehensweisen, die ihn gezwungen haben „das Haus durch die Hintertür zu verlassen, in ein Taxi zu springen und tausendmal zu kontrollieren, nicht verfolgt zu werden – um sich dann mit jemandem treffen zu können.“

Einige Anhänger wurden für das Weiterleiten von Informationen, insbesondere an ausländische, in Peking tätige Journalisten ins Gefängnis gesperrt. Zhan Xueling wurde am 24. April 2001 verhaftet. Ian Johnson, Peking Korrespondent des ‚Wall Street Journals‘ zitierte sie in einer Artikelserie wonach sie ein paar Wochen später zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt wurde. In dem mit dem Pulitzer Preis ausgezeichneten Bericht des amerikanischen Zeitungsreporters, beschuldigt die junge Frau die Polizei der Provinz Shandong (im Osten des Landes), ihre Mutter, die auch Falun Gong übte, zu Tode geprügelt zu haben. Ian Johnson konnte nicht bestätigen, dass eine Verbindung zwischen seinem Bericht und Zhan Xuelings’ Verhaftung bestehe. Nach dem Erhalt des Pulitzer Preises für seine Berichterstattung über Falun Gong ist er sich jedoch sicher, die „Chinesische Polizei würde es ihm unmöglich machen, in Peking zu leben“. Er ist nun als Auslandskorrespondent in Berlin tätig.

Gu Linna (…) informierte internationale Reporter über die psychologischen Zwangsbehandlungen Hunderter von Anhängern und wurde dafür zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Gu Linna, ehemaliger Nachrichtensprecher des Fernsehsenders – Provinz Hebei, war auch an der Organisation von Pressekonferenzen für ausländische Journalisten beteiligt.

Verhöre und Gewalttaten

In den letzten zwei Jahren wurden dutzende von Journalisten verhört, wenn sie versuchten über Falun Gong Aktivitäten in Peking zu berichten.Betroffen waren auch Fotografen und Kameraleute von Presseagenturen. Etwa zwanzig Reporter der Agence France-Presse (AFP) wurden von der Polizei verhaftet. Auch AFP, Reuters, AP und CNN wurden mehr oder weniger gewalttätig von dem Platz entfernt oder dazu gebracht, aus zu Polizeistationen umfunktionierten Minibussen weiterzuarbeiten. Die ausländische Presse ist somit „persona non grata“ im und um den Platz des Himmlischen Friedens.

Der Fotograf einer ausländischen Presseagentur in Peking, ein gebürtiger Chinese, wurde systematisch vom Platz des Himmlischen Friedens gejagt. Einem französichen Reporter einer Presseagentur, verhört am Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 2000, wurde für mehr als zehn Tage der Presseausweis entzogen.

Nachfolgend der Bericht eines Presseagentur-Fotografen: „Für die ersten Demonstrationen haben wir uns entschieden, rund um die Uhr vor Ort zu sein. Wir haben uns abgewechselt. Sobald eine Falun Gong Gruppe begann zu demonstrieren, hielt die Polizei Ausschau nach Personen mit einer Foto- oder Videokamera. Du musstest schnell sein, um ein Verhör zu vermeiden. Wenn sie dich ergreifen, öffnen sie zuerst deine Ausrüstung und entziehen dir dann den Presseausweis. Im besten Falle für einige Stunden, oder auch für einige Wochen. Jedenfalls hindern sie dich am Arbeiten.“ Im Juni 2001 wurde der AFP Fotograf Stephen Shaver von Polizisten verhört und geschlagen. Er fotografierte die Verhaftung einer Person während des Konzertes der „Drei Tenore“ zum Anlass der Bewerbung Pekings fur die Olympischen Spiele 2008. Wie üblich warf die Chinesische Führung dem Fotografen vor, „illegal gearbeitet“ zu haben.

Gleichermassen wurde Teresa Bergada, Journalistin des spanischen Radiosenders Catalunya, im Jahr 2000 von der Polizei verhaftet und geschlagen, nachdem sie in Peking die Verhaftung eines Falun Gong Mitglieds fotografierte. Die spanische Botschaft musste einschreiten, um die Entlassung der Journalistin sicherzustellen.

Ausländische Fernsehteams, die es schaffen, die Unterdrückung von Falun Gong zu filmen, sind mit einem anderen Problem konfrontiert. Nach Befehl der Führungskräfte blockiert der Regierungssender Channel Central Television of China (CCTV), der als einziger Sender fähig ist, Bilder per Satellit nach Übersee zu senden, die Weiterleitung von Bildern in Zusammenhang mit Falun Gong.

Unterdrückung von Falun Gong

…. Falun Gong ist es bereits gelungen, ausländische Internetseiten und Radiostationen zu erreichen. Die Regierung reagierte mit Gewalt. Sie versuchen strengste Massnahmen gegen jene zu ergreifen, die Informationen weiterleiten und Anhänger davon abzuhalten, Gruppen in anderen Ländern zu kontaktieren. Seit zwei Jahren sind die Falun Gong Internetseiten in China verboten. Wer sie online besucht, kann mit Gefängnis bestraft werden.

Die Misshandlungen durch die Sicherheitkräfte haben den Tod von mindestens zwei Falun Gong Mitgliedern gefordert, die an der Verteilung von Informationen in Form von Kopien, erhalten über das Internet, mitwirkten. Li Changjun starb am 27. Juni 2001 nach Folterungen in Polizeigewalt. Er wurde am 16. Mai fur das Herunterladen und Drucken von Internet Dokumenten verhaftet. Nach Angabe des Informationszentrums für Menschenrechte und Demokratie mit Sitz in Hong Kong, arbeitete Li Chanjun, 33, für die Steuer Behörde in der Provinz Hubei (im Zentrum Chinas) und wurde bereits mehrere Male verhaftet….Li Changjuns Mutter berichtet, ihr Sohn sei mit Narben und schlimmen Blutergussen bedeckt gewesen und ungewöhnlich mager. Seine Ohren und sein Hals hatten eine blaulila Farbe. Im August 2001 starb … Chen Quiulan, 47, im Gefängnis von Daging (Provinz Heilongjiang im Nordosten des Landes) an einem Herzinfarkt. Er wurde im Juli 2001 für die Verbreitung von Informationen über das Internet verhaftet. Desweiteren wurde auch Professor Chang zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nachdem er Informationen über Falun Gong an einen ausländischen Radiosender weiterleitete, wurde er des „Verrats von Staatsgeheimnissen“ für schuldig erklärt. Genaugenommen hat er nur über die Unterdrückung der Bewegung berichtet.

Schlussfolgerung

Diese Vergehen gegen die Pressefreiheit sind unduldbar. Chinas Entschlossenheit, die ausländische Presse von der Berichterstattung über die Unterdrückung und Aktivitäten von Falun Gong abzuhalten, zeigt eine klare Ablehnung unabhängiger Nachrichtenerstattung. Nach diesem Schema vorenthält die Kommunistische Partei Chinas der ausländischen Presse das Recht der Berichterstattung über alternative Meinungen, Korruption, AIDS in der Provinz Henan, Naturkatastrophen, Tibetischen und Uighurischen Seperatismus und letztendlich Falun Gong.

‚Reporter Ohne Grenzen‘ hat die Chinesische Regierung aufgefordert, die Einschüchterung ausländischer Journalisten, welche versuchen, die internationale Öffentlichkeit über die Situation in Zusammenhang mit Falun Gong zu informieren, zu beenden. Robert Menard, RSF Generalsekretär erklärt: „China hat sich vis-a-vis verpflichtet, die Organisationen internationaler Journalisten unbehelligt arbeiten zu lassen. Die Autoritäten sollten dieses grosszügige Versprechen schon jetzt anerkennen und aufhören, die ausländische Presse zu behindern.“ In der nächsten Sitzung der Menschenrechts-Kommision der UNO wird sich ‚Reporter Ohne Grenzen‘ auf die „Sondervereinbarung über Freie Meinungsäußerung“ berufen und sich öffentlich gegen die Einstellung der Chinesischen Führung zum Thema ausländische Journalisten aussprechen.

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