Nürnberger Nachrichten: In China verfolgt: Anhänger der Falun-Gong-Bewegung

Stundenlanges Meditieren bei eisiger Kälte

Fünf einfache Übungen sollen zu Grundprinzipien
„Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht“
führen – Keine feste Organisation

VON HARTMUT VOIGT

[Nürnberger Nachrichten,11.12.01]

Mit Meditationsübungen hat eine Falun-Gong-Gruppe am gestrigen „Tag der Menschenrechte“ auf die massive Verfolgung der Bewegung in China hingewiesen.

Viele Passanten hasten an dem Informationsstand in der Fußgängerzone vorbei, ohne ihn zu beachten. Doch Yuan Zhang lässt sich davon nicht entmutigen: „Wir wollen den Menschen mehr über Falun-Gong mitteilen“, erklärt der 39-Jährige,der aus Nürnbergs chinesischer Partnerstadt Shenzhen stammt und seit zwei Jahren in der Frankenmetropole lebt, „das Wichtigste ist, die Fehler nicht immer bei anderen, sondern zu allererst bei sich selbst zu suchen. Was kann ich tun, um besser zu werden? Das ist die zentrale Frage“.

Der Chinese praktiziert die ingesamt fünf Meditationsübungen seit drei Jahren: Ziel ist, jeden einzelnen zu den moralischen Grundprinzipien „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht“ zu führen. Darin sieht Zhang die Attraktivität für viele seiner Landsleute, von denen angeblich über 70 Millionen Personen Falun Gong ausüben: „China ist voller Lügen, die Menschen werden seit so langer Zeit unterdrückt“, sagt der Aktivist, der in Asien ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen hat. „Die Korruption in der Regierung ist groß, die Politiker halten Falun Gong für gefährlich, weil sie die Bewegung nicht kontrollieren können.“

Gefoltert und ermordet

Dieser Einschätzung stimmt auch Professor Rudolf Wagner, Leiter des Sinologischen Instituts der Universität Heidelberg, zu. Der Wissenschaftler vermutet außerdem, „dass die Kommunistische Partei um ihr Organisationsmonopol fürchtet und den Eindruck hat, dass hier jenseits der Partei Menschen eine eigene geistige Wertorientierung entwickeln“. Die inhaltliche Kritik der KP Chinas hält er für „nachgeschoben“.
Immer wieder gibt es Berichte über Verhaftungen,Folterungen und sogar Ermordungen von Frauen und Männern, die gemeinsam die einfachen Übungen durchgeführt hatten.

Auch amnesty international und die Vereinten Nationen haben bereits besorgt auf die Verfolgung von Falun-Gong-Anhängern aufmerksam gemacht. Westliche Kritiker der Bewegung bemängeln allerdings „teilweise skurrile Vorstellungen und sektenhaftes Verhalten“.

Falun Gong (auch: Falun Dafa) ist keine feste Organisation mit Mitgliederkartei und Vorsitzenden. Jeder kann sich der
Bewegung anschließen, sie aber genauso einfach wieder verlassen. Die täglichen Meditationsübungen sollen innere Ruhe schaffen, zur „Kultivierung der Persönlichkeit“ beitragen und sich auch ganz konkret auf die Gesundheit auswirken.

„Die Energieströme im Körper werden aktiviert, sie heben Blockaden auf und man spürt ein Wärmegefühl“, berichtet ein junger Mann aus München, der bei Temperaturen knapp über null Grad den „Lotussitz“ und die kreisförmige Haltung der beiden Arme vorführt. Er ist von den Lehren des Falun-Gong-Begründers Li Hongzhi, der China verlassen musste und heute in New York lebt, überzeugt. Der junge Münchner glaubt fest daran, dass Falun Gong „die Harmonie der Menschen untereinander“ steigert. Allerdings löst es nicht alle Probleme: Seine Füsse sind nach dem stundenlangen Stehen in der Fußgängerzone eiskalt.

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