Spiegel Online: UNENDLICHE WEITEN – Hubble wirft tiefsten Blick ins All (12.05.03)

Eigentlich sollte das Weltraumteleskop Hubble nur schwach leuchtende Sterne in der Andromeda-Galaxie beobachten. Doch zum Star des Bildes wurde eine Nebensache – der Hintergrund.

Das Hubble-Teleskop hat tiefer ins Universum geblickt als je zuvor – und das, obwohl es eigentlich Objekte in kosmischer Nahdistanz anvisieren sollte. Die Aufgabe, die das Weltraumobservatorium diesmal zu erledigen hatte, war die Beobachtung schwach leuchtender Sterne in der Andromeda-Galaxie. Mit einer Distanz von rund 2,5 Millionen Lichtjahren gehört die Spirale zu den nächsten Nachbarn unserer Milchstraße.

Ein Forscherteam um Tom Brown vom Space Telescope Science Institute in Baltimore (US-Staat Maryland) richtete das Teleskop im Laufe von 120 Erdumrundungen immer wieder auf ein kleines Gebiet in der Nähe der Andromeda-Galaxie. Die so entstandene Aufnahme zeigt nicht nur zahlreiche blasse Sonnen in der Galaxienhülle, dem so genannten Halo. Auch Tausende weit entfernter Hintergrundgalaxien treten hervor.

Hubble-Foto des Andromeda-Halos: Blasse Sonnen und ferne Galaxien

Ziel der Dauerbeobachtung war es, bislang verborgene Sternpopulationen im kugelförmigen Halo zu enthüllen. Zuvor konnten Teleskope nur die hellsten Sterne aus der galaktischen Randzone identifizieren. Mit dem neuen Hauptinstrument von Hubble, der Advanced Camera for Surveys, ließen sich jetzt auch Durchschnittsgestirne aus der Größenklasse unserer Sonne aufspüren.

Als die Forscher die Andromeda-Normalos mit Sternen im hiesigen Halo verglichen, erlebten sie jedoch eine Überraschung: Während die Außenseiter in unserer Galaxis ein stattliches Alter von 11 bis 13 Milliarden Jahren erreichen, sind sie in der Nachbargalaxie, die bislang als Beinahe-Zwilling der Milchstraße galt, wesentlich jünger, nämlich sechs bis acht Milliarden Jahre.

Der rätselhafte Altersunterschied geht, wie Brown vergangene Woche auf einem Symposium des Space Telescope Science Institute berichtete, wahrscheinlich auf eine gewaltige Katastrophe vor Milliarden von Jahren zurück. Damals kollidierte die Andromeda-Galaxie, so das Szenario der Wissenschaftler, entweder mit einer ebenbürtigen Sternansammlung, oder sie verleibte sich gleich mehrere kleinere Galaxien ein.

Der hohe Anteil schwerer Elemente in den jetzt entdeckten Sonnen, der größer ist als in der Halo-Population der Milchstraße, lässt verschiedene Möglichkeiten zu: Entweder wurden bei der Kollision Sterne aus den Scheiben der Andromeda-Galaxie oder eines größeren Partners gerissen, die später im Halo unseres Nachbarn landeten. Oder es entstanden, begünstigt vom Zusammenprall der Giganten, viele neue Sterne.

Die Hubble-Stichprobe könnte helfen, die Entstehung von Großgalaxien wie der Andromeda-Galaxie und der Milchstraße besser zu verstehen. Dass es auf dem Weg von der Junggalaxie zur ausgewachsenen Spirale häufiger kracht, zeigt jedoch schon der Bildhintergrund: Die Mehrheit der dort erkennbaren Sternansammlungen ist von kosmischen Nahkämpfen gezeichnet.

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,247889,00.html

Alle Artikel, Grafiken und Inhalte, die auf Yuanming.de veröffentlicht werden, sind urheberrechtlich geschützt. Deren nicht-kommerzielle Verwendung ist erlaubt, wenn auf den Titel sowie den Link zum Originalartikel verwiesen wird.

Das Neueste

Archiv