„Bach ist stärker als Mao“, sagt die Pianistin Zhu Xiao-Mei

Wie fühlt es sich an, während der Kulturrevolution ein junger Mensch zu sein?

Kann unter einem riesigen gesellschaftlichen Druck die Stimme des eigenen Herzens bewahrt werden? Zhu Xiao-Mei ist es gelungen und lässt uns an ihrem Lebensweg teilhaben.

Zhu Xiao-Mei‘s Eltern stammen aus bürgerlichen Familien und sind mit der westlichen Kultur vertraut. Mama Zhu ist Musiklehrerin. Oft spielt sie ihrer kleinen Tochter auf dem heimischen Klavier etwas vor. Wenige Jahre nach Zhu Xiao-Mei‘s Geburt siedelt die Familie von Shanghai nach Peking um.

Zhu Xiao-Mei verliebt sich in den Klang des Instruments und beginnt bald selbst Klavier zu spielen. Mit nur sechs Jahren besteht sie die Aufnahmeprüfung und wird zum Studium am Konservatorium zugelassen. Achtjährig gibt sie erste Konzerte. Zhu Xiao-Mei hat Glück; verständige und strenge Lehrer bringen sie in ihrem künstlerischen Können voran.

Die politischen Kampagnen Mao Zedongs zwischen 1958 und 1976 bewirken, dass die junge Zhu Xiao-Mei ihren früh eingeschlagenen Weg zur Pianistin verlässt. Das Klavierspielen, die westliche Musik, aber auch die traditionelle Kultur Chinas geraten unter Beschuss. Am Konservatorium fällt der Unterricht vermehrt aus. Die Schüler sollen doch besser Alteisen sammeln und in die Stahlwerke bringen, um dem Kollektiv den Fortschritt zu ermöglichen. Von jedem und jeder wird Selbstkritik- und Denunziation verlangt. Kunst und Literatur haben ausschliesslich der kommunistischen Agenda zu dienen.

Die Gesellschaft darf nie vergessen, wie wichtig Bildung, Kultur und Musik sind. Es sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine intakte und harmonische Gesellschaft.Zhu Xiao-Mei

Die Massnahmen zur Umerziehung der Bevölkerung entfalten auch bei Zhu Xiao-Mei ihre Wirkung. Sie beginnt sich für ihre „bourgoisen“ Eltern zu schämen und denunziert selbst ihre eigenen Lehrer. Einer von Zhu Xiao-Mei‘s Ausbildnern erträgt die Misshandlungen bald nicht mehr und erhängt sich an einem Baum vor dem Konservatorium.

Obwohl Zhu Xiao-Mei eine gute Revolutionärin sein will, ist sie doch ein Kind „schlechter Herkunft“. Auch sie gilt als „Konterrevolutionär“ und verbringt mehrere Jahre in Arbeitslagern nahe der Grenze zur Mongolei. Das ihr in die Wiege gelegte Talent für die Musik hat sie inzwischen vergessen.

Eines Tages tauchen Musikinstrumente im Lager auf und eine ungewöhnlich tolerante Leitung erlaubt den Musikern das Spielen. Ihre Liebe zur Musik wird wieder erweckt. Bei ihrer Entlassung ist es für Zhu Xiao-Mei klar, dass sie an ihrem ursprünglichen Weg zur Pianistin wieder anknüpfen wird. Es gelingt ihr über ein Stipendium im Ausland China zu verlassen. Seit über dreissig Jahren lebt und unterrichtet Zhu Xiao-Mei in Paris. Sie gibt regelmässig Konzerte und hat eine grosse Affinität zu Bach. Schon in ihren Kindertagen entdeckte sie seine Musik. Die Goldberg Variationen spielt Zhu Xiao-Mei besonders gern.

Die Biografie und Rückkehr nach China

Eine Biografie zu verfassen war die Idee eines Bekannten. Anfänglich zögert sie und schreibt ihre Lebensgeschichte dann doch auf. Dies aus dem Gefühl heraus erzählen zu müssen, wie es unter der Herrschaft Mao‘s zuging. Dazu Zhu Xiao-Mei: „Die Menschen wissen noch immer zu wenig über diese Zeit und es ist vielleicht meine Verantwortung zu erzählen wie es war, auch um all den Professoren und Künstlern die gestorben sind, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.“

Zhu Xiao-Mei wagt es, trotz tief sitzender Ängste, nach China zurückzukehren. In ihrem Heimatland erlebte sie eine grosse Überraschung: die Konzertsäle sind bis auf den letzten Platz besetzt und der Grossteil der Zuschauer sind junge Menschen.

„Ich glaube, dass die höchsten, die feinsten Künste der Welt ineinander fließen, sie haben keine nationalen Grenzen; sie sind der geistige Reichtum der gesamten Menschheit.“ – Zhu Xiao-Mei

Quellen: Epoch Times, Nancy Mc Donnel, 5.4.2017 und Welt.de, Sascha Lehnartz, 14.5.2009

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