„Einmal Emei Shan und zurück bitte!“

Kann auf dem Sofa sitzend gleichzeitig ein Gipfel erklommen werden? Sicherlich. Und auf 3000 Höhenmetern erwartet Sie eine herrliche Aussicht über das Tibetische Plateau.

Der „Goldgipfel“ mit der 48 Meter hohen Statue des Bodisattva Samantabhadra / Wikipedia

Emei Shan City ist der Ausgangspunkt der Wanderung zum Goldgipfel. Er befindet sich einige Kilometer südwestlich von Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan. Das Gebiet Emei Shan ist ein beliebtes Ausflugsziel, besonders während der Azaleenblüte im Frühjahr oder der Rotfärbung der Blätter im Herbst. Ursprünglich war der Berg ein Zufluchtsort für Eremiten und Mönchsgemeinschaften. Der Emei Shan ist der höchste der vier heiligen Berge der Buddhisten und die Heimstätte des auf einem weißen Elefanten sitzenden Bodhisattva Samantabhadra.

Ein bis drei Tagesreisen werden benötigt, um zu Fuß zur Spitze, dem „Golden Summit“ des Emei Shan zu gelangen. Zu Beginn der Wanderung führen die häufig treppenförmig angelegten Wege durch eine üppige und feucht-warme Naturlandschaft. Ihnen folgend, eröffnet sich die einmalige Gelegenheit Naturschönheiten, Tempel und von Menschenhand geschaffene künstlerische Arbeiten zu bewundern. Unterwegs trifft man auf bunte Verkaufsstände, Lastenträger, sich in ihrer Kunst übende Maler und verschiedenfarbige Gewänder tragende Pilger. Sie möchten sich während des Aufstiegs zur großen Statue innerlich läutern. Mit zunehmender Zahl an Höhenmetern wandelt sich das Klima langsam. Subalpine Pflanzenarten herrschen nun vor. Ab 1400 Höhenmetern sinkt die Temperatur. Während der Wanderung steht die Begegnung mit den dort heimischen Tibet-Makaken bevor. Diese flinken Tiere haben rasch Rucksäcke geöffnet, um an Nahrungsmittel und interessante Gegenstände zu gelangen. Klopfgeräusche mit dem Wanderstock können da hilfreich sein, um Distanz zu schaffen.

Eine Luftseilbahn transportiert die Wanderer in wenigen Minuten zum „Golden Summit“ hinüber. Auf dem Plateau auf 3‘077 Metern über Meer angelangt, lohnt es sich erst mal alles in Ruhe zu betrachten. Die ungewohnte Höhe und Aussicht kann eine euphorisierende Wirkung auslösen. Bei entsprechendem Wetter eröffnet eine grandiose Aussicht den Blick ins tibetische Hochland. Touristen aus aller Herren Länder erkunden die Sehenswürdigkeiten rund um das Plateau. Pflichtbewusst versuchen sie das ideale Erinnerungsfoto für die Daheimgeblieben zu knipsen. Zur Hauptattraktion, der goldglänzenden Statue des Bodhisattva Samantabhadra, führt eine von weißen Elefanten gesäumte Treppe. Einige der Pilger legen den Weg zu ihr alle drei Schritte niederkniend zurück. Dem Bodisattva zu Ehren werden Räucherstäbchen entfacht. Es müssen wohl tausende Gebete sein, die da täglich an ihn gerichtet werden.

Der Emei Shan lässt niemanden unberührt, jeder Besucher hat sein individuelles Erlebnis:

“Déçus. (…) longue descente avec les escaliers. Un monde fou, bruyant. Je n’ai rien trouvé d’extraordinaire …” resümiert Cathy d am 2. Oktober 2016 (Tripadvisor.com.)

(…) “it is a magical mountain, a mountain where acts of kindness, of deep compassion, are performed every single day,“ weiß Steeve P. am 2. März 2018 zu berichten. (Tripadvisor.com)

Manche Touristen ärgern sich über die hohen Preise. Sie sind auf Schweizer Niveau. Das Emei Shan Managment ist ein profitorientiertes Unternehmen und an der Börse notiert. Somit ist eine gewisse Tendenz zur «Disneysierung» des Emei Shan nicht von der Hand zu weisen. Unabhängig von allen Anschauungen kann der Blick über das Wolkenmeer oder das Miterleben von Sonnenuntergang und Sonnenaufgang auf dem Goldgipfel Besucher in ihren Bann ziehen und begeistern.

Sonnenuntergang auf dem Goldgipfel, aufgenommen am 28 Juli 2010 von Cédric Vanvelthem, Wikipedia


Ergänzungen zum Bericht:

Samantabhadra ist ein Bodhisattva der universellen Tugend. Er ist Sinnbild für das gute Verhalten. Die sechs Perfektionen sind: grosszügiges Geben, moralische Disziplin, Geduld, freudige Anstrengung (Willenskraft), Sammlung (Meditation) und als Folge davon: Weisheit. Er gehört zu dem ursprünglich aus Indien stammenden Mahayana Buddhismus. Dieser gelangte im 1. Jahrhundert n. Chr. über die Seidenstraße nach China. Der Weg des Mahayana Buddhismus verspricht Hilfe von erbarmungsvollen Bodhisattvas, welche ihren Eintritt ins Nirvana zugunsten der noch nicht Erlösten aufgeschoben haben. Bodhisattva Samantabhadra wird oft zusammen mit Buddha Shakyamuni oder dem Tathagata Vairocana abgebildet.

Klugheit, Weisheit und Stärke – mit diesen Attributen wird in der buddhistischen Tradition der Elefant beschrieben. Einst nicht nur in Indien, sondern auch in China heimisch und während der Han-Dynastie domestiziert, wurden sie für zeremonielle Zwecke bis ins 19. Jahrhundert am kaiserlichen Hof gehalten. Der Elefant des Bodhisattvas hat sechs Stoßzähne, 3 je Seite.

Sehenswürdigkeiten entlang des Weges zum „Goldgipfel“:

Emei Shan Museum und Kloster Baoguo Si beim Eingang, Kloster Fuhu Si auf 630 Metern Höhe mit 4700 eingegossenen Buddhafiguren. Qingyin Ge, der „Pavillon des reinen Klanges“ auf 710 Metern Höhe, Wannian Si, das älteste Kloster am Berg auf 1020 Metern Höhe. Es wird im Jahr 400 erstmals erwähnt und beherbergt eine tausendjährige, 7 Meter hohe Bronzeplastik des Samantabhadra auf seinem weißen Elefanten. Xixiangchi, das „Elefantenbad“ auf 2070 Metern Höhe, ein Kloster mit Übernachtungsmöglichkeiten. „Jin Ding“ der Goldgipfel und „Wanfo Ding“ der Hauptgipfel auf 3099 Metern über Meer.

Textquellen: 1. China‘s Holy Mountain, Christopher Baumer, L.B. Tauris Verlag, Seiten 45 und 133.
2. DuMont Kunst-Reiseführer China, Anke Kausch, Seiten 350-353,
3. China, der Reiseführer vom Spezialisten, Dr. Hans-Wilm Schütte, traveldiary Verlag Magdeburg, 2016, Seite 238 und 239,
4. Chronicle of the Chinese Emperors by Ann Paludan, Thames & Hudson, Page 177,
5. Chinese Art by Patricia Bjaaland Welch, Tuttle Verlag

Zitate: Den Bericht von Steeve P auf Tripadvisor kann hier gelesen werden; Die Meinung von Cathy d in voller Länge hier:

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