Geschichten aus dem Alten China: Der Unterschied zwischen „Deinem Kaiser gegenüber loyal sein“ und „Deinen Kaiser lieben“

Viele der heutigen Chinesen assoziieren die alte Vorstellung der Loyalität mit den Regierungsbeamten, die dumm und ohne zu Hinterfragen den Befehlen des Kaisers folgen, sogar wenn sie wissen, dass diese den Interessen des Kaisers und denen des Landes schaden.

Viele der heutigen modernen Chinesen assoziieren fälschlicherweise die altertümliche Doktrin über Bedeutungen, für die Konfuzius eingetreten ist mit den sogenannten schlauen Leuten, die nur wissen, was für sie selbst am Besten ist, ihre eigene Sicherheit wahren und deshalb neutral bleiben, insbesondere wenn es zwei Parteien gibt.

Wenn man an den sozialen Status der Frauen in alten Zeiten in der chinesischen Gesellschaft denkt, assoziieren das viele der heutigen Chinesen mit machtlosen Frauen in einer patriarchalischen chinesischen Gesellschaft. Ihnen wurden die Mittel und Rechte verwehrt, ihren eigenen Unterhalt zu verdienen. Ihnen wurde von Männern glauben gemacht, dass sie für den Rest ihres Lebens verwitwet bleiben sollten und ihre Keuschheit aus Respekt ihren verstorbenen Männern gegenüber bewahren sollten. Auch wenn sie mittellos oder arm sind, wurde von ihnen erwartet, dass sie verhungern, als einen weiteren Mann zu heiraten, der sie versorgen könnte.

Ich gehörte zu denen Chinesen, welche die alten Wertvorstellungen und Anschauungen falsch interpretiert und verstanden hatte und betrachtete sie als verkommen. Später hatte ich die Gelegenheit, viele der alten chinesischen Klassiker mit einem ruhigen Herzen ohne Vorurteile zu lesen. Dann wurde mir klar, dass ich in Wirklichkeit gar nichts über die alte chinesische Kultur wusste oder sie verstand. Mein vorheriges Wissen über die alte chinesische Kultur war eine verdrehte Version dessen, was die chinesische Kommunistische Partei die Chinesen seit 1949 glauben machen wollte.

Ich verstand, dass die echte alte chinesische Kultur sehr tiefgründig ist. Die alte chinesische Kultur wurde verdreht, was dazu führte, dass viele dieser wertvollen chinesischen Traditionen verschwanden. Es hat dazu geführt, dass der größte Teil der Chinesen ihr Verständnis über die ihre eigene Kultur verloren haben und sich auf eine Art und Weise verhält, die im Gegensatz zu unseren wertvollen chinesischen Traditionen stehen. Als Konsequenz davon sind die moralischen Wertvorstellungen unter den heutigen Chinesen zu einem Punkt verfallen, dass sich die gesamte chinesische Gesellschaft in einem moralischen Chaos befindet. Ich hoffe, dass ich einige der wahren Bedeutungen dieser alten chinesischen Wertvorstellungen darstellen kann, um den Lesern eine Gelegenheit zu geben, die wahre alte chinesische Kultur zu verstehen.

Während der Herrschaft des Kaisers Chengdi in der Han Dynastie (51 – 7 v. Chr.) gab es einen jungen Mann namens Zhang Fang, dessen Familie seit mehreren Generationen einen offiziellen Rang bekleidete. Fangs Mutter war eine Prinzessin und seine Frau war die jüngere Schwester der Kaiserin. Kaiser Chengdi und Zhang Fang waren Busenfreunde. Der Kaiser Chengdi genoss es oft mit Zhang Fang zusammen bis in die Nacht hinein zu trinken und zu feiern, so dass er es vernachlässigte, sich um die staatlichen Angelegenheiten zu kümmern. Zhang Fang genoss die Gesellschaft von Kaiser Chengdi und andersherum war es ebenso. Die Mutter des Kaisers, kaiserliche Witwe Wang, machte Zhang Fang dafür verantwortlich, dass Kaiser Chengdi seine Pflichten vernachlässigte und setzt den Kaiser unter Druck, dass er Zhang Fang aus der Hauptstadt verbannte. Laut historischer Aufzeichnungen verhielt es sich so, dass Kaiser Chengdi Jahre später 7 v. Chr starb. Als Zhang Fang von der Nachricht erfuhr, konnte er nicht zu weinen aufhören.

Das wird üblicherweise als eine triviale historische Geschichte betrachtet. Was mich zum Nachdenken brachte war ein Kommentar, der von einem alten chinesischen Historiker gemacht wurde: „Zhang Fang liebte seinen Kaiser über alles, war ihm jedoch gegenüber nicht loyal. Wegen seiner Liebe und Unloyalität dem Kaiser gegenüber, entsprach Zhang Fang nicht dem Ideal von Mitgefühl und Gerechtigkeit.“

Nach der heutigen modernen Sichtweise, widmete sich Zhang Fang dem Kaiser Chengdi, da er der bevorzugte Freund des Kaisers bei allen Arten von Unterhaltungen war. In der Tat war Zhang Fang solch ein inniger Freund, dass er aus Trauer über den Tod des Kaisers selbst starb. Dennoch glaubten die alten Chinesen, dass Zhang Fang zwar “seinen Kaiser geliebt” habe, ihm jedoch gegenüber unloyal war. Der Kommentar des alten Historikers lässt uns über das Verständnis von „seinem Meister bzw. Kaiser gegenüber loyal zu sein“ nachdenken. Das ist anscheinend eine vollkommen andere Sichtweise, die der heutigen Chinesen. Für einen Chinesen von damals ist wahre Loyalität unweigerlich mit ehrwürdigen moralischen Eigenschaften verknüpft, weit entfernt von dem geläufigen Konzept der Liebe.

Mit diesem Hinterkopf sollten wir uns wahrscheinlich noch mal die für ihre Loyalität bekannten Personen in der alten chinesischen Geschichte betrachten. Diese loyalen Personen appellierten mutig an ihre Kaiser zum Wohle der Menschen; vollführten ihre Pflichten bis zum Tod, riskierten ihr Leben, um Tyrannen gegenüber ehrlich gemeinte Vorschläge zu machen, erhoben sich mutig gegen korrupte hochrangige Beamte, die negativen Einfluss auf den ahnungslosen Kaiser oder die Regierungsverwaltung hatten. Wir wissen bereits, dass Zhang Fang “seinen Kaiser liebte” jedoch keineswegs “loyal zu ihm war.” Dann stellt sich die nächste Frage: Was ist wahre Loyalität?

Ji An war ein bedeutsamer Höfling während der Herrschaft des Kaisers Wudi in der Han Dynastie (157 – 87 v.Chr.). Ji An machte Kaiser Wudi mit seinen ehrlich gemeinten Ratschlägen wütend. Viele seiner Kollegen tadelten ihn später dafür und bezeichneten ihn als unverblühmt und gerade heraus. Ji An erklärte: “Der Zweck der Höflinge ist es, dem Kaiser zu helfen, das Land zu regieren oder sind wir etwa Hofnarren, die dafür zuständig sind, den Kaiser zufriedenzustellen und zu unterhalten? Soll es etwa unser Job sein dabei zuzusehen, wie der Kaiser das Land in den Ruin treibt? Wurden uns unsere wichtigen Stellungen als Höflinge dazu gegeben, unsere eigenen Interessen und Sicherheit vor die Interessen und Sicherheit unseres Landes zu stellen? Wenn es so wäre, wo würde es unser Land hinführen?”

Es gab eine entscheidende Diskussion über Loyalität im Buch über „elterliche Liebe.“ Eine/r von Konfuzius Schülern/Innen namens Zeng fragte: “Ich würde wagen zu fragen, ob die bedingungslose Gehorsamkeit seinem Vater gegenüber als Respekt den Eltern gegenüber gewertet werden kann?“ Konfuzius antwortet: „Was sind das für Worte! Wenn in der Geschichte der himmlische Vater (Kaiser) sieben Minister hätte, die sich gegen ihn auflehnten, weil er nicht die richtige Methode zur Regierung einsetzt, würde er doch sein Königreich nicht verlieren. Wenn der Prinz eines Staates (oder ein feudaler Graf) fünf Minister hätte, die gegen ihn Einspruch erheben, weil seine Mittel vielleicht falsch sind, wird er doch nicht seinen Staat verlieren. Wenn ein hoher Offizier drei hätte, die ihre Stimme erheben, würde er in einem ähnlichen Fall nicht die Führung über sein Heer verlieren? Wenn ein unterer Beamter einen Freund hat, der gegen ihn protestiert, würde sein guter Name, der mit seinem Charakter in Verbindung gebracht wird, nicht aufhören zu existieren? Und der Vater, der einen Sohn hat, der anderer Meinung ist, würde auch nicht in wegen unaufrichtiger Taten in Ungnade fallen, genauso wenig ein Minister, der gegen seinen Kaiser Protest einlegt? Demnach, da bei unaufrichtigem Verhalten Einspruch einzulegen ist, wie könnte man da die bedingungslose Gehorsamkeit zu seinem Vater als Respekt den Eltern gegenüber bezeichnen?“

Wahre Loyalität schließt ein, dass man seinem Meister oder Kaiser hilft zu verhindern, dass dieser falsche Entscheidungen trifft. Anders herum ausgedrückt, ist jemand loyal, wenn er seinem Land, der Bevölkerung und dem Kaiser gegenüber verantwortlich handelt. Wenn wir das im Kopf behalten, wissen wir, dass das zügellose Feiern von Zhang Fang mit dem Kaiser Chengdi, dazu beigetragen hat, dass der Kaiser zu einem dummen selbstsüchtigen Herrscher wurde. Zhang Fang hätte wirklich nicht weiter entfernt von „dem Kaisers gegenüber loyal sein“ können.

Ich frage mich, ob heutzutage noch ein “loyaler Höfling” in China übrig geblieben ist, der sein Leben dafür riskieren würde, China und der Bevölkerung Chinas gegenüber verantwortlich zu handeln? Mit den traditionellen Wertmaßstäben im Alten China, die in den Gedanken der Menschen tief verwurzelt waren, waren sie in der Lage, gut von schlecht zu unterscheiden. Sogar in den chaotischsten Zeiten in der chinesischen Geschichte haben die Chinesen, aufgrund des Einflusses der traditionellen Werte, immer die wirklich loyalen historischen Figuren unterstützt oder mit ihnen sympathisiert, auch wenn diese von anderen verfolgt wurden.

Die Unterstützung der Öffentlichkeit für loyale Menschen war eine natürliche Erscheinung der chinesischen moralischen Werte und Grundeinstellung. Seit jedoch die Kommunistische Partei Chinas die Macht übernommen hat, ist „Wenn ein Mensch nicht nach persönlichen Interessen strebt, werden Himmel und Erde über ihn kommen,“ schon zu einem Motto in der chinesischen Gesellschaft geworden! Augenscheinlich schwindet der Geist wahrer Loyalität in gleichem Maße, wie die traditionelle chinesische Kultur und moralischen Wertvorstellungen dem Bode gleich gemacht wird.

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