Einblick in die Lyrik der Tang Dynasty: “Mein Haus am Berg Zhongnan” von Wang Wei

Mein Haus am Berg Zhongnan

In der Mitte meines Lebens begann ich das Buddha-Gebot zu lieben.
Ich entschied mich den Rest meines Lebens am Fuße des Berges Zhongnan zu leben.
Wenn ich in der Stimmung bin, wandere ich alleine in den Wäldern umher.
Ich teile meine angenehmen Empfindungen mit niemandem.
Ich gehe entlang des Baches, bis zur Quelle.
Dann setze ich mich und schaue den aufziehenden Wolken zu.
Bei Gelegenheit treffe ich einen älteren Förster.
Ich unterhalte mich und lache und vergesse dabei nach Hause zurückzugehen.

Über Wang Wei

Der chinesische Dichter, Maler und Musiker Wang Wei (699-759 A.D.) gehörte zu den größten Dichtern des Goldenen Zeitalters der Chinesischen Lyrik zur Zeit der Tang Dynastie (618-907 n. Chr.). Zudem war er bis zum Tode seiner Frau am kaiserlichen Hofe als hoher Beamter angestellt, danach trat er in den Ruhestand und ging in ein buddhistisches Kloster. In Wang Wei’s Gedichten wird die Landschaft mit den Augen eines Malers gesehen, so benutzt Wang Wei in seinen Beschreibungen der Berge und Täler, sowie der seltene Kontakt zu anderen Menschen sehr konkrete Bilder. Seine Gedichte sind meist Vierzeiler. Das machte ihn zum “ersten Meister der Atmosphäre” und zum führenden großen Dichter in der Tang Dynastie. Wang Wei war ein Bewunderer des Dichters Tao Yuanmin (auch Tao Qian genannte), so dass eine Ähnlichkeit trotz eines noch verfeinerten Stiles sichtbar wird.

Viele seiner Werke geben einen Einblick in Wochenend-Rückzugsgebiete auf dem Lande, die von vielen Hofangestellten genutzt wurden, um dem Druck am Hofe zu entfliehen. Darüber hinaus zeigen sie Einblicke in die Natur aus der Perspektive eines Buddhisten. Man nimmt an, dass Wang Wei bis zu seinem Tode 759 im Kloster verweilte.

Die Interpretation des Autors

Im Alter von 40 wurde Wang Wei zu einem Buddhisten. Er lebte einmal mit dem zeitgenössischen Dichter Chu Guangyi zusammen in der Abgeschiedenheit am Berg Zhongnan. Im Alter von 50 Jahren erwarb Wang Wei ein Haus am Fuße des Berges Zhongnan in Wangchuan, Lantian und lebte seitdem als Einsiedler und konzentrierte sich auf die buddhistische Kultivierungspraxis.

Wang Wei beschrieb weder seine Sichtweise der Gesellschaft noch die über seine Freunde. Stattdessen schrieb er von seinen tiefgreifenden Erfahrungen und Gefühlen während seiner Kultivierungspraxis.

Wang Wei liebte die Berge und Wälder. Oft unternahm er lange Wanderungen durch die Wälder, um sich als Teil der Natur zu erleben. Es muss sich wirklich um ein schönes und tiefgreifendes Gefühl gehandelt haben, doch war es Wang Wei schwer seine Empfindungen mit anderen zu teilen, die nicht auf demselben Erkenntnisstand mit ihm waren. Das muss der Grund sein, weshalb Wang Wei schrieb, „Ich teile meine angenehmen Empfindungen mit niemandem.“ Was er damit wirklich sagen wollte, ist: “Wenn ich doch bloß meine wunderbaren Empfindungen mit anderen teilen könnte!”

Wang Wei ging entlang eines Bergbaches und ehe er sich versah, war er schon an dessen Quelle angekommen. Das zeigt, wie sehr Wang Wei es liebte, in der Natur zu sein. Da er am Ende des Flusses angekommen war, entschloss er sich, eine Rast einzulegen und dem Ziehen der Wolken zuzuschauen. Als Leser können wir die Empfindungen des Dichters spüren, die durch die sorglos ziehenden Wolken am Himmel verkörpert werden.

Wang Wei fand einen exzellenten Weg seine tiefsten Gedanken und Empfindungen durch seine feinen Beschreibungen der Landschaft auszudrücken. Die zwei Zeilen “Ich gehe entlang des Baches, bis zur Quelle“ und „dann setzte ich mich und schaue den aufziehenden Wolken zu“ haben in Dichter und Kritikerkreisen höchste Anerkennung gefunden, zum Einen, weil Wang Wei in nur wenigen Worten ein sehr klares Bild malt und zum anderen, weil in den Worten der himmlische und inspirierte Geisteszustand mit transportiert wird, den er in diesem Augenblick seines Lebens hatte. Es handelt sich dabei um ein ganz besonderes Gefühl, dass nur diejenigen, die einmal im selben Zustand waren, verstehen können.

In der inspirierenden Umgebung, in der Wang Wei lebte, hatte er die Zeit, den Duft der Rosen einzuatmen. Wenn er einen Förster traf, blieb er auf ein herzliches Plaudern stehen. Er vergaß dabei sogar, wenn es Zeit war, wieder nach Hause zurückzugehen. Diese Passage zeigt wie sehr Wang Wei das friedliche und gemächliche Leben als buddhistischer Eremit genoss. Ebenso sieht man an dieser Stelle Wang Wei’s frohe Natur. Das ist typisch für Einsiedler der buddhistischen Schulen.

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