Unsere Kultur assoziiert Tage des Totengedenkens, ganz nach christlicher Tradition, mit verregneten Novembertagen, an denen man zu den Gräbern der uns nahestehenden Verstorbenen pilgert, um an diesen zu trauern, wodurch man gleichzeitig, auf eine fast mahnende Weise, an die eigene Sterblichkeit erinnert wird.
In China gibt es ebenso eine Tradition die dem Totengedenken gewidmet ist. Interessanterweise fällt diese Zeit nicht so wie bei uns in den Herbst, der für Vergänglichkeit und Sterben steht, sondern in den Frühling. Das Qingming (Helles Licht)-Fest, auch Totenfest genannt, ist einer der 24 Jahreseinteilungstage des chinesischen Mondkalenders am 4. oder 5. April. Am Qingming-Fest strömen viele Angehörige zu den Friedhöfen, um die Gräber ihrer Vorfahren zu besuchen. Man fegt zuerst die Gräber, legt dann Nahrungsmittel, frische Blumen und Gegenstände, die den Verstorbenen zu ihren Lebzeiten gefielen, vor die Gräber, zündet Weihrauchstäbchen an, verbrennt Totengeld und verbeugt sich vor dem Grabmal.
Neben der Trauer während des Grabbesuches, genießt man während des Qingming-Festes auch Freude und Hoffnung des Frühlings. In dieser Zeit sieht man schon überall schöne Frühlingslandschaften. Die Bäume sind grün geworden, in der Natur herrscht eine lebhafte Szene. Schon im Altertum war es Sitte, am Qingming-Fest einen Frühlingsausflug zu machen. Auch heute sind vor und nach dem Qingming-Fest, in Vororten und Landschaftsgebieten zahlreiche Ausflügler zu sehen. Diese chinesische Tradition konfrontiert unsere Kultur mit einer völlig anderen Haltung gegenüber der Sterblichkeit.
In Asien wird der Tod vielmehr als eine Station des Lebens betrachtet, als ein Pass den man geht, um dann sein Leben auf eine andere Weise weiter zu führen.
Somit ist der Tod keine angsteinflößende Tatsache, die man lieber gern verdrängt, und auch das Altern bleibt dort ein würdevoller Prozess.
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