Alte Kultivierungsgeschichten: Premierminister oder eine Gottheit sein? (Teil I)

In der Zeit der Tang Dynastie (618 bis 905 n. Chr.) gab es unter Kaiser Tang Yuanzhong, der von 713 bis 765 n.Chr. regierte, einen Premierminister names Li Linfu. Li Linfu hatte, bis zum Alter von 20 Jahren, keine Schule besucht. Er lebte in der östlichen Hauptstadt und liebte das Spiel und die Jagd, am meisten aber Adlerkämpfe und die Hundezucht. Er war täglich in der Stadt zu finden, wo er mit den chinesischen Stipendiaten Spiele spielte.

Wenn er vom Eselreiten bei den Spielen müde wurde, setzte oder legte er sich manchmal auf den Boden und benutzte seine Arme als Kopfkissen. Eines Tages setzte sich ihm gegenüber ein übel aussehender daoistischer Kultivierender und sagte: „Worin besteht dein Vergnügen auf einem Esel sitzend zu spielen, dass du dem so oft nachgehst?“ Li Linfu blickte ihn verärgert an und fragte zurück: „Was geht's dich an?“ Der Kultivierende ging fort erschien aber am nächsten Tag wieder und stellte ihm die gleiche Frage noch einmal. Li Linfu war ziemlich intelligent und hatte schon in jungen Jahren die Gabe, nachzudenken und folgerichtige Schlüsse zu ziehen. Ihm wurde klar, dass dieser Kultivierende kein gewöhnlicher Mensch sein konnte.

Li Linfu erhob sich, brachte seine Kleidung in Ordnung grüßte den Kultivierenden und bedankte sich. Dieser entgegnete: „Herr, wenn Sie auch geschickt im Eselsreiten sind, so werden Sie jedoch tiefe Reue empfinden, wenn Sie eines Tages einmal vom Esel herab fallen.“ Li Linfu antwortete darauf, er wolle sich von heute an bemühen, seinen Charakter durch mehr Moral zu verbessern. Er versprach vorsichtiger zu sein und damit aufzuhören, aus Spaß auf dem Esel zu reiten. Der Kultivierende lächelte, als er das hörte und meinte: „Nach drei Tagen werde ich zur fünften Wache zurückkommen, um nach Ihnen zu sehen.“ (Eine Wache bedeutete die Zeitspanne von zwei Stunden, die Nacht wurde in fünf Wachen aufgeteilt). Li Linfu stimmte dem Treffen mit dem Priester zur angegebenen Zeit zu.

Der Kultivierende war pünktlich und fragte Li Linfu: „Warum kommst Du denn zu spät?“ Li Linfu entschuldigte sich. Also verabredeten sie sich zu einem neuen Treffen zur gleichen Zeit, drei Tage später. An dem vereinbarten Tag war Li Linfu ab Mitternacht am Treffpunkt. Er wartete lange auf den Kultivierenden. Darüber freute sich der Kultivierende und erzählte Li Linfu in freundlichem Ton: „500 Jahre wandle ich in der Menschenwelt und sah dabei Deinen Namen registriert auf der Liste der Gottheiten. Wenn du dich kultivierst, wirst du bei hellem Tageslicht zum Himmel auffahren und kannst ein göttliches Wesen werden. Wenn du entscheidest, keine Gottheit zu werden, kannst du zwanzig Jahre lang der Premierminister mit viel Macht werden. Geh jetzt nach Hause und denke darüber nach. In drei Tagen treffen wir uns wieder zur fünften Wache.“

Li Linfu ging nach Hause und dachte nach: „Nun bin ich schon in einer kaiserlichen Familie geboren und obwohl noch sehr jung, hatte ich schon immer einen starken Gerechtigkeitssinn und die Absicht, den Schwachen bei zu stehen. Was ist denn schon Großes daran, bei hellem Tageslicht zum Himmel hinauf zu fahren, im Vergleich zu den 20 Jahren, in denen ich ein Premierminister mit viel Macht sein kann?“ Nach dem er seine Entscheidung getroffen hatte, ging er und traf zur festgesetzten Zeit den Kultivierenden und teilte ihm seine Wahl mit. Er wolle lieber Premierminister als eine Gottheit werden.

Der Kultivierende seufzte tief, klagte und tadelte Li Linfu, als er das hörte, mit den Worten: „Ich habe die Menschen in den letzten 500 Jahren beobachtet und habe gerade dich als einen herausgefunden, der eine Gottheit werden kann. Was für ein Jammer! Es ist ein Jammer!“ Als Li Linfu das hörte, tat ihm seine Entscheidung leid, und er wollte sie rückgängig machen. Der Kultivierende aber sagte zu ihm: „Das geht nicht mehr! Gott hat bereits deine Entscheidung zur Kenntnis genommen.“ Bevor er ging, gab er Li Linfu noch einen Rat: „Du wirst als Premierminister große Macht über Leben und Tod deiner Untertanen haben. Deine Macht kann sogar die Welt erschüttern. Aber Du darfst sie nie dazu benutzen, Schaden anzurichten, zu töten oder irgendwelche verborgenen Absichten in die Tat um zu setzten. Du sollst um jeden Preis Lebewesen retten. Töte nie ein unschuldiges Wesen aus Lust oder Laune.

Verrichtest Du gute Taten, so wirst du für dein nächstes Leben Guthaben ansammeln. Wenn du so handelst, wirst du in dreihundert Jahre am hellen Tag gen Himmel aufsteigen und eine Gottheit werden. Jetzt ist deine Zeit gekommen, ein Premierminister zu werden. Geh in die Hauptstadt und werde es.“ Li Linfu verneigte sich bis zum Boden und weinte. Der Kultivierende schüttelte ihm die Hand und ging.

Fortsetzung folgt…

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