Heidenheimer Neue Presse, 13.07.02: „Barmherzigkeit und Nachsicht“

Anmerkung: In der Heidenheimer Neuen Presse werden in einer Serie regelmäßig Personen portraitiert – in der Ausgabe vom 13. Juli wird eine Praktizierende des Falun Gong vorgestellt

Hallo, wie geht´s denn so (Nr.84): die 31-jährige Silke Jelkic hat Landwirtschaft studiert und vertritt jetzt Falun Gong

Sonntagmorgen auf dem Land, beim Sportplatz von Sontheim/Brenz: Zwei Menschen sitzen mit geschlossenen Augen auf der Wiese, neben sich einen Kassetten-Recorder. Chinesische Musik begleitet ihre meditativen Übungen. Was in China lebensgefährlich sein kann, ist hier angstfrei möglich: Falun Gong. Silke Jelkic, geboren und aufgewachsen in Sontheim, Bauernenkelin und studierte Landwirtin, also eigentlich ganz und gar bodenständig, ist eine Art regionale Botschafterin des Falun Gong.

Zwölfjährig begann Silke Jelkic mit Judo, betrieb es später als Leistungssport. Während des Landwirtschaftsstudiums in Stuttgart lernt die Judoka Qi Gong und Tai Qi kennen – zunächst rein als sportliche Betätigung. Als gläubige Christin fand sie eines Tages, dass Tai Qi zwar gut für den Körper ist, aber zu wenig für den Geist bot. Da begann sie, angeregt durch eine Chinesin, sich für Falun Gong zu begeistern, das die statischen Übungen des Qi Gong mit einer Geisteshaltung verbindet: „Barmherzigkeit, Wahrhaftigkeit und Nachsicht als universelle Eigenschaften“ beeinflussen seither ihre Haltung, ihr Denken, ihr Leben.

Schon während der Schulzeit las sie viel, auch Bücher über Exotisches wie Buddhismus oder Meditation. Als gute Schülerin machte sie nach dem Realschulabschluss Abitur. Die heute 31-jährige: „Während andere Mädchen ihr Geld für Klamotten ausgaben, habe ich alles in Bücher investiert.“

Dass sie sich trotzdem für das erdverbundene Studium der Agrarwissenschaften entschied, ist einer der Widersprüche, mit denen sie immer wieder überrascht. Und was doch passt, gingen doch geistige Fluchten und Aufenthalt im großelterlichen Hof in eins. Sie lächelt: „Was bei mir geplant war, ist nie so geworden. Ich lasse mich gern auf Neues neugierig ein.“

Eigentlich wollte sie nach dem Studium in der Entwicklungshilfe arbeiten. Statt dessen heiratete sie den Polier Josef (mittlerweile im Ruhestand), bekam zwei Töchter (Lara und Sonja), landete vor zwei Jahren mit ihrer Familie wieder in Sontheim, wo sie geboren wurde und aufwuchs und das ihr eigentlich zu eng geworden war.

Jetzt fühlt sie sich in der ländlichen Umgebung wieder sehr wohl. Sie arbeitete ein halbes Jahr als Postzustellerin und versucht sich jetzt, als Imkerin eine Existenz aufzubauen, will dieses Jahr auf 20 Völker aufstocken und produziert nach biologischen Richtlinien, wie im fast feldgroßen Garten, der die Familie vollständig mit Gemüse versorgt.

Ihre Begeisterung und das Engagement für die Falun-Gong-Bewegung haben in ihrem Leben jedoch den dominierenden Stellenwert. Sie beschreibt ihr derzeit wichtigstes Buch „Zhuan Falun“: „Ich kenne Falun-Gong-Anhänger, die Chinesisch lernen, um dieses Buch im Original zu lesen. Meine sechsjährige Tochter verlangt jeden Abend danach statt einer Gute-Nacht-Geschichte.“

Ohne in irgend einer Form organisiert zu sein, ist sie aktiv, um auf die Menschenrechtsverletzungen in China aufmerksam zu machen, von denen Anhänger des Falun Gong seit 1999 betroffen sind.

Gegen ein „weit verbreitetes Vorurteil“ wehrt sie sich vehement: „Falun Gong ist keine Sekte und keine Religion. Es ist eine Lebens- und Geisteshaltung, die jeder für sich allein ausüben kann und für jeden leicht zugänglich ist.“ Deshalb lädt sie Interessierte ein, sich zwanglos an den Übungen auf dem Sontheimer Sportplatz zu beteiligen, immer sonntags um 10.30 Uhr bei (fast) jedem Wetter. „Die Teilnahme ist kostenlos und absolut unverbindlich.“ Erklärt Silke Jelkic.

Sie findet, dass sie selbst durch Falun Gong friedlicher und toleranter geworden ist.

Am Ende des Gespräches erwähnt sie: „Jetzt gehe ich noch meiner Lieblingsbeschäftigung nach: Ich melke Kühe. Beim Bio-Bauern.“

Veröffentlicht am 18.07.2002

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