Oberhessische Presse: SARS-Ausbreitung in China nimmt zu

Sonntag, 4. Mai 2003

Peking/Hamburg/München (dpa) – Die Hoffnung, dass sich die lebensgefährliche Lungenkrankheit SARS durch Quarantänemaßnahmen eindämmen lässt, schwindet immer mehr. Vielleicht sei sogar für immer mit Einschleppungen in andere Länder zu rechnen, sagte der deutsche Virologe Wolfgang Preiser dem Fernsehsender n-tv. «Der Schlüssel für die weitere Entwicklung liegt in China.»

Unterdessen stieg die Zahl der SARS-Fälle dort weiter dramatisch an. Am Samstag berichteten die chinesischen Behörden von 181 neuen Erkrankungen, 9 weitere Menschen starben an dem Schweren Akuten Atemwegssyndrom (SARS).

Alarm schlug die Weltgesundheitsorganisation WHO in Hongkong: Dort wurden am Samstag mehrere Fälle bekannt, bei denen SARS-Patienten Rückfälle erlitten, nachdem sie die Krankenhäuser als geheilt verlassen hatten. WHO-Mitarbeiter David Heymann sagte, die Rückfälle könnten auf eine Behandlung mit Steroiden (Hormonen) zurückzuführen sein. Eventuell sei die Therapie zu früh abgebrochen worden. In Kombination mit Ribavarin halten einige Wissenschaftler die Therapie für zu aggressiv. Dies könnte auch zu der hohen Sterblichkeitsrate von mehr als 11 Prozent in Hongkong geführt haben.

«In der Millionenmetropole Peking hat es im Kampf gegen SARS zunächst bedauerliche Verzögerungen und dadurch einen starken Anstieg der Infiziertenzahlen gegeben», sagte Preiser (Universitätsklinik Frankfurt), der zum WHO-Expertenteam gehört und deshalb zu Beginn der Infektionswelle in China war. «Wir wissen, dass es in einigen chinesischen Provinzen, die wirtschaftlich rückständiger sind, erhebliche Probleme gibt. Es liegen von dort keine Zahlen vor, was aber nicht heißt, dass es keine Fälle gibt. Dort gibt es sicherlich SARS-Fälle, die einfach nicht erfasst oder gemeldet werden.»

Europa sei «gut vorbereitet», wenngleich man auch in Deutschland mit «sporadischen Einschleppungen» und mit weiteren Infektionen rechnen müsse. «Aber ich glaube nicht, dass es zu einer größeren SARS-Ausbreitung in Europa kommt. In den Industrieländern haben wir alle Möglichkeiten, der Lage Herr zu werden», sagte Preiser. «Wir haben aber die Furcht, wenn schon innerhalb Chinas so gewaltige Probleme mit SARS auftreten, wie es erst sein würde, falls das Virus in afrikanischen oder südasiatischen Ländern auftaucht, wo das Gesundheitswesen sicherlich der Lage nicht gewachsen sein wird.» Man vermute, dass der Erreger aus dem Tierreich stamme, was eventuell eine dauerhafte Neuinfizierung von Menschen zur Folge haben könnte.

Durch die jahrelangen Vorarbeiten deutscher Wissenschaftler könnte die Entwicklung eines Medikaments gegen den SARS-Erreger erheblich beschleunigt werden, berichtete der «Spiegel» (Hamburg). Verschiedene Wissenschaftler aus Würzburg und Lübeck hätten das humane Coronavirus 229E, das beim Menschen Schnupfen auslöst, eingehend erforscht und seien dabei, erste Hemmstoffe zu testen. Auch der SARS-Erreger wurde als neues Corona-Virus identifiziert.

Die Gesamtzahl der Infizierten in China stieg bis Samstag auf 3971, die der Toten auf 190. In Hongkong sind 179 Menschen an der Lungenkrankheit gestorben. In einer Medizinuniversität in der chinesischen Provinz Shanxi wurden 9000 Menschen unter Quarantäne gestellt. Experten werteten dies als Hinweis, dass sich SARS im Norden Chinas ausbreitet. In Peking wurden 114 neue Fälle erfasst. Bereits am Freitag war beim Chemie-Konzern BASF der erste SARS-Fall in einem deutschen Unternehmen bekannt geworden. Eine chinesische Mitarbeiterin des Hongkonger BASF-Büros erkrankte Anfang April an der Lungenseuche, hat sich aber inzwischen erholt.

Die Lufthansa leidet weiter an den wirtschaftlichen Folgen durch SARS. «Wir verlieren pro Woche durch SARS und die schwache Konjunktur 55 Millionen Euro», sagte Lufthansa-Sprecher Klaus Walther dem Nachrichtenmagazin «Focus» (München). Die Lufthansa habe die Zahl ihrer Flüge von Deutschland nach Schanghai und Peking von 28 auf 14 pro Woche halbiert.

Wegen der heiklen Gesundheitssituation hat das Exekutivkomitee des Weltfußballverbandes FIFA am Samstag in Zürich beschlossen, die für den 23. September bis 11. Oktober in China geplante 4. Frauen-WM abzusagen und in ein anderes Land zu verlegen. Interesse an der Ausrichtung bekunden die USA und Australien. China soll dafür die Weltmeisterschaft 2007 ausrichten.

Quelle: Oberhessische Presse

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