Reuters: Chinesischer Arzt bekam wegen der Enthüllung der SARS-Vertuschung Schweigepflicht auferlegt

PEKING, 22. Mai (Reuters) – China hat dem Militärarzt, dessen Enthüllung der SARS-Vertuschung seitens der Regierung zur Entlassung des Gesundheitsministers und zur offenen Berichterstattung über die Ausbreitung des tödlichen Virus führte, Schweigepflicht auferlegt, teilte seine Tochter am Donnerstag mit.

Jiang Yanyong, 71, ehemaliger Chef-Chirurg an einem Militärkrankenhaus in Peking und Veteran der kommunistischen Partei, der er seit 50 Jahren angehörte, wurde von der Regierung angewiesen, keine Interviews an ausländische Medien zu geben, sagte Jiang Rui.

„Er kann sich zwar noch frei bewegen, aber er hat keine Redefreiheit,“ sagte die 42-jährige Softwareprogrammiererin zu Reuters.

„In China müssen die Menschen einen hohen Preis zahlen, wenn sie die Wahrheit sagen,“ berichtete die Tochter telefonisch aus San Franzisko.

Als er am Donnerstag um eine telefonisches Interview gebeten wurde, antwortete der Arzt: „Es tut mir leid, ich darf nicht.“

Dem Schweigebefehl folgten Interviews von zwei namhaften staatlich gelenkten Mediengesellschaften. Der halbamtliche China News Service hielt es in der vergangenen Woche Jiang zugute, dass er die Vertuschung offen gelegt hat, jedoch zitierten sie ihn, er sei „nicht unter Druck gesetzt worden und führe weiterhin ein uneingeschränktes Leben wie immer.“

Die offizielle Xinhua Nachrichtenagentur veröffentlichte am Mittwoch auf ihrer Webseite ein Bild von Jiangs Auto mit Chauffeur und erklärte, dieses sei ihm vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt worden und dass nur „Experten“ in den Genuss einer solchen Behandlung kämen.

Aber die Tochter dementierte diese Berichte und erklärte, dass ihr Vater keine besondere Behandlung bekommen hätte und dass dieses Auto ihm schon seit fünf Jahren gehöre.

„Mein Vater ist sehr ärgerlich. Er hatte niemals solche Dinge gesagt. Sie benutzen ihn nur.“ sagte sie.

In China ist es immer noch außergewöhnlich über einen Abtrünnigen, der etwas ausgeplaudert hat, zu berichten. In einem der wenigen Berichte über ihn bezeichnete ihn das Caijing Magazin, welches bekannt ist bis an die Grenze der Regierungsloyalität zu gehen, als den „ehrlichen Doktor“.

Er braucht nun die Zustimmung der Volksbefreiungsarmee und nicht nur vom Krankenhaus, um mit den Reportern zu sprechen. Ein Sprecher des Krankenhauses sagte, dass jedes Interview von höheren Stellen genehmigt werden müsse und dass zurzeit keine Anfrage Zustimmung finden würde.

„China möchte verhindern, dass ihm jemand nachahmt.“ sagte Jiang Rui. „Er macht sich nichts daraus, dass er aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden ist.“ bemerkte die Tochter, aber sie sagte nicht, was geschehen würde, wenn Jiang sich der Schweigepflicht widersetzen würde.

Jiang Yanyong wurde am 4. Oktober 1931 als Sohn eines Bankers in Shanghai geboren. Er studierte Medizin an der ehemaligen Yenching Universität, die sich nach der kommunistischen Revolution im Jahre 1949 mit der Pekinger Universität zusammengeschlossen hatte.

1957 begann er seine Mitarbeit im Militärkrankenhaus, wurde aber 1968 auf dem Höhepunkt der Kulturrevolution als „Konterrevolutionär“ gebrandmarkt. Er wurde in die nordwestliche Provinz Qinghai zum Pferdefüttern auf eine militärisch geführte Ranch verbannt.

Im Jahre 1999, zum 10. Jahrestag der militärischen Niederschlagung der studentisch geführten pro-demokratischen Demonstrationen, beschuldigte Jiang die Behörden der Lüge, als diese behaupteten, kein einziger Demonstrant sei auf dem Tiananmen Platz ermordet worden.

Jiang sagte, dass viele Demonstranten, die er behandelt hatte, an Schussverletzungen starben.

„Er verabscheute tief diese Niederschlagung vom 4. Juni.“ sagte seine Tochter in Bezug auf diesen Jahrestag.

Englische Version unter :
http://www.clearwisdom.net/emh/articles/2003/5/23/36064.html
Original vom : 23.05.2003
Übersetzt am : 25.05.2003

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