Was bedeuten lila Wolken am Himmel?

Niemand weiß, wann Yinxi geboren worden war. Überliefert ist, dass Yinxi ein Suchender war nach dem Sinn des Lebens. Als junger Mensch las und studierte er die damals verfügbare klassische Literatur. Als Erwachsener wandte er sich dem I Ging, einem Weisheitsbuch, zu.

Das „Buch der Wandlungen“ war ursprünglich ein Handbuch zur Wahrsagerei in der westlichen Zhou-Zeit (1000-750 v. Chr.). Später wurde es durch weitere Schriften, bzw. philosophische Kommentare aus allen drei Religionen Chinas ergänzt. Die enthaltenen daoistischen, konfuzianischen und buddhistischen Texte sollten als Richtschnur für ethisches Verhalten gelten, Erkenntnisse und Weisheiten vermitteln als auch als Entscheidungshilfe dienen. Neben dem I Ging studierte Yinxi auch die astronomischen Kalender.

Als Gelehrter am kaiserlichen Hof

Dank seiner guten Ausbildung wurde er als Gelehrter an den kaiserlichen Hof berufen. Man kann durchaus sagen, dass er ein bequemes und angenehmes Leben genießen durfte. Trotz dieser Vorzüge verließ ihn der Wunsch sich zu kultivieren nie.

Als die Jahre ins Land zogen, beobachtete Yinxi immer wieder seltsames. Er war sich sicher, dass die Zhou-Dynastie sich im Abstieg befand und die Moral der Leute am Zerfallen war. Er wollte sich in die Berge zurückziehen und sich seiner persönlichen Kultivierung widmen. Yinxi begann, sich innerlich auf diesen wichtigen Schritt vorzubereiten.

Ein Himmelszeichen

Eines Tages beobachtete er eine lilafarbene Wolkenbank am Himmel. Sie bewegte sich von Osten herkommend in westlicher Richtung.

Yinxi glaubte darin ein Zeichen des Himmels zu sehen. Nämlich, dass eine heilige Person aus dem Osten erscheinen würde. Er kündigte seinen Posten am Hofe und ließ sich nach Hangu in einen Außenposten versetzen.

Ausschnitt aus einem Handyfoto des Schweizer Nachthimmels bei Fischbach (LU) nach Sonnensturm im Mai 2024

Bei seiner Ankunft in Hangu arbeitete er sich rasch ein und wies die Arbeiter an, sofort mit der Reinigung der Straßen zu beginnen. Er und seine Arbeiter bereiteten alles für die wichtige Person vor, die da kommen würde. Nachdem einige Zeit vergangen war, spürte er, dass der Zeitpunkt nahe war. Er gab Anweisung, dass ihm jeder gemeldet werden sollte, der optisch herausstach und offenkundig ein Fremder war.

Schon bald wurde ihm ein alter Mann gemeldet, mit schlohweißem Haar, einen Ochsenkarren ziehend. Als der alte Mann den Außenposten erreichte, trat ihm Yinxi entgegen.

Yinxi soll mit Lao Zi geredet und ihn inständig gebeten haben, doch vor seinem Ableben den Menschen etwas Schriftliches zu hinterlassen.

„Bitte, verfasse eine Anleitung, einen Weg für die Menschen der Welt, der sie in die Erlösung führen kann.“ Bewegt von der eindringlichen Bitte des Gelehrten, willigte Lao Zi ein.

Lao Zi auf seinem Ochsen reitend dargestellt. (Bildquelle: widodo via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0)

Über Lao Zi wird gesagt, dass er zwischen dem sechsten und fünften Jahrhundert v. Chr. gelebt hat. Er soll als Bibliothekar in den kaiserlichen Archiven der Zhou-Dynastie gearbeitet haben.

Die Lehre des Daoismus fasste der alte Mann im „Dao De Jing“ mit nur 5000 Schriftzeichen zusammen.

Das Manuskript überreichte er Yinxi mit den Worten: „Eines Tages werden wir uns in ‚Qing Yang‘ treffen.“ Dann verschwand er.

Bild: ShenYun

Es wird erzählt, dass Yinxi im Manuskript des „Dao De Jing“ täglich las, und manch eine Erkenntnis daraus gewinnen konnte. Sein Wunsch sich nur noch zu kultivieren wurde so stark, dass er seinen Posten in Hangu aufgab und sich weit außerhalb des Ortes zurückzog, um sich seiner Vervollkommnung zu widmen.

Nach einer Weile reiste er in die Wudang-Berge, um dort als Schüler des Daoismus zu praktizieren. Das Gebiet entwickelte sich mit seinen zahlreichen Bauwerken wie Tempeln, Brücken, Toren und Einsiedeleien zu einem berühmten heiligen Platz des Daoismus und ist bis heute Anziehungspunkt für Pilger aus aller Welt.

Eines Tages erkannte Yinxi, dass sein Kultivierungsweg bald enden würde. Er dachte an die Worte des alten Mannes, dass sie sich am Ort „Qing Yang“ treffen würden. Am Tag seiner Erleuchtung trafen sich die beiden an besagtem Ort und waren dann nicht mehr gesehen.

Der Ort „Qing Yang“

Ob Zufall oder nicht, in Chengdu im Süden Chinas, steht einer der ältesten daoistischen Tempel. Er heißt „Qingyang Palace“ und soll seit der Zhou Dynastie bestehen. Nach der Legende gilt er als Versammlungsort der Unsterblichen.

Orientierungstafel zum Qingyang Tempel – Chengdu, Provinz Sichuan, Foto: Wikipedia (User:Daderot)

Quellen für diesen Bericht:
Treasured Tales of China Vol.3, Classical Poets Publishing, Mount Hope, New York, 2020. „Yinxi, the First Taoist Disciple“ Seiten 57–58
Allgemeine Recherche im Internet
HongKong Library
DaoDigitalMuseum
Shen Yun Webseite zu Laozi

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