Oltner Tagblatt (Schweiz): Die USA wollen China bei UNO verurteilen

Washington Vorwurf der Menschenrechtsverletzungen

JAN DIRK HERBERMANN, GENF

Zwischen den USA und China ist ein offener Konflikt über die Einhaltung der Menschenrechte im Reich der Mitte ausgebrochen. Die Regierung in Peking reagierte empört auf die Ankündigung der Bush-Administration, dass Washington bei der UNO-Menschenrechtskommission in Genf eine Verurteilung Pekings anstrebt. Dem US-Botschafter in Peking wurde ein Protestschreiben übergeben; den sino-amerikanischen Dialog über die Menschenrechte setzte China aus. Vorher hatte der Sprecher des US-Aussenministeriums, Richard Boucher, erklärt, die Bush-Administration sei «enttäuscht über Chinas Versagen, seine Verpflichtungen aus dem bilateralen Menschenrechtsdialog einzulösen».
Konkret werfen die USA den chinesischen Machthabern vor, die Demokratiebewegung zu unterdrücken. Politische Dissidenten, unliebsame Arbeiterführer und Mitglieder verschiedener Kirchen würden verfolgt. Auch die Repressionen gegen die spirituelle Falun-Gong-Bewegung und ethnische Minderheiten rissen nicht ab, sagte Boucher. Internationale Menschenrechtsgruppen sekundieren den Amerikanern. «Die Menschenrechtskommission als höchste Menschenrechtsinstanz der UNO sollte für eine China-Resolution stimmen», fordert etwa Human Rights Watch.

China will keine Blossstellung

Im Falle der Annahme einer Resolution müsste China aber keine Sanktionen fürchten. Vielmehr würde die Kommission die Menschenrechtsverletzungen offiziell in einem UNO-Dokument auflisten. Peking würde zudem aufgefordert, die harte Gangart gegenüber Regime-Gegnern einzustellen. Eine derartige Blossstellung vor der Weltöffentlichkeit will die chinesische Führungsspitze verhindern.
Ob die USA unter den anderen 52 Mitgliedsländern der Kommission die nötige Mehrheit gegen Peking mobilisieren können, ist ungewiss. Die EU-Länder in der Kommission haben sich noch nicht zu einer gemeinsamen Position durchringen können. «Das ist bei uns ziemlich schwierig», hatte der deutsche Aussenminister Joschka Fischer eingeräumt. Diplomaten betonen, dass niemand die Chinesen ernsthaft verprellen will. «Der Markt Chinas ist einfach zu gross», sagte ein Unterhändler.
Während vergangener Jahressitzungen hatten die USA mehrmals erfolglos eine scharfe China-Resolution angestrengt. Peking gelang es, genügend Länder auf seine Seite zu ziehen. Der Sprecher des Pekinger Aussenministeriums gab sich gestern bereits kämpferisch: Die UNO-Kommission solle nicht zu einem «Ort der Konfrontation» werden. China aber scheue die Konfrontation nicht.

Mittwoch, 24. März 2004

Alle Artikel, Grafiken und Inhalte, die auf Yuanming.de veröffentlicht werden, sind urheberrechtlich geschützt. Deren nicht-kommerzielle Verwendung ist erlaubt, wenn auf den Titel sowie den Link zum Originalartikel verwiesen wird.

Das Neueste

Archiv