Die Weisheit einer uralten Ernährungslehre (Teil 2)

Ist die Herstellung und Zubereitung bestimmter Lebensmittel in China überall gleich? Die Antwort ist ein definitives NEIN! Warum ist das so? Es gibt viele Gründe dafür! China und seine Einwohner blicken auf eine lange Geschichte ethnischer Unterschiedlichkeiten zurück. Die Bevölkerung ist aus verschiedenen Völkern und Glaubenssystemen (viele Muslime im Nordosten; einige Juden, überall Christen) zusammengewürfelt, wodurch die Ernährungsgewohnheiten unterschiedlich geprägt sind. Andere Faktoren, die auf die kulinarischen Unterschiede in China Einfluß haben, sind gleichermaßen komplex: Nur 8% der chinesischen Landmasse ist Ackerland – starke klimatische Unterschiede von subtropischer Zone bis nahezu sibirischer Landschaft; gewaltige Stürme in den mongolischen Steppen; Wüsten und wiederkehrende Wasserknappheit bei der Haltung von Tieren, in Haushalten, verdeutlichen die unzähligen Probleme und Einflüsse, die China ausmachen.

Man muss sich die topografische Karte Chinas ansehen, die Längen- und Breitengrade, um schnell zu erkennen, was dort angebaut werden kann und wie das mehr oder weniger zu ermöglichen ist. 63% der Fläche Chinas sind immer noch ländlich, ungeachtet der schreienden Schlagzeilen von Chinas wirtschaftlichen Leistungen. Landwirtschaftliche Betriebe in Privathand werden hoch besteuert und sind Subjekt eines willkürlichen „Gebühren“ -systems, sie sind sehr klein – viele von ihnen nur bloße sechs Mu (0,165 acres/ 6,68 Ar/ 680 qm). Die meisten Landwirte können gerade soviel anbauen, um die eigene Familie zu versorgen. Derartig kleine Landschollen machen es unwirtschaftlich, große Viehbestände heranzuzüchten. Geflügel und zuweilen auch Schweine sind die bevorzugtesten Schlachttiere. Der größte, aber nicht ausreichende Getreideanbau Chinas geschieht im Nordteil des Landes. China importiert riesige Mengen an Getreide aus anderen Ländern, hauptsächlich den USA und Kanada. Der Süden des Landes wird „Reisschüssel“ genannt.

Essbare Meerestiere der Ozeane, Seen und Flusssysteme tragen einen wichtigen Proteinanteil zur Ernährung bei, dennoch ist ihre Verbreitung und jene anderer Lebensmittel sehr unterschiedlich, gemäß den regionalen Bedingungen und Jahreszeiten. Zusätzlich trägt jegliches lebendes Getier zur chinesischen Proteinkost bei, zumeist Dinge, die Westler zurückweisen würden (die Ausnahme bildet hier der Sojabohnenquark) – wie Schlangen, Ratten, Insekten, Hunde, Katzen, Civet-Katzen (eine Wiesel-Abart, Trägerin des SARS Virus) und alle möglichen Vögel. Ein chinesischer Freund erzählte mir einmal, dass „die einzigen Dinge, die nicht zubereitet werden könnten, Hundeherzen und Wolfslungen wären.“ Würde ich mich in diesem Falle nur an Reis und Tofu halten? Möglicherweise – angereichert mit ein paar wenigen farbenfrohen Gemüsesorten, versetzt mit einigen der unverwechselbaren chinesischen Gewürze und klassischen Soßen. Eines meiner chinesischen Lieblingsbücher „Chinas Küche“ von Emily Hahn, time/Life Books, N.Y. 1968, zeichnet sich durch das folgende Zitat aus, „Steige ich auf einen hohen Berg, wird mir die Winzigkeit der menschlichen Welt bewusst; schaue ich in die Ferne, erkenne ich die Nichtigkeit der sinnlichen Welt. Ich drehe mich um und eile nach Hause – zurück zu Hof und Markt, ein einzelnes Reiskorn fällt….“ (Po Chu: I, 772-846, n. Chr..)

Konfuzius wird folgender Satz zugesprochen: „Ein Mensch kann niemals das Essen zu ernst nehmen.“ Westler würden vielleicht annehmen, das bedeute „eine ernsthafte, gute Mahlzeit,“ so etwas wie vielleicht ein Steak mit einer gebackenen Kartoffel, Schmand, Schnittlauch, Schinken, einem gemischten Salat und einem reichhaltigen Kuchen als Nachtisch. Ich denke nicht, dass Konfuzius das so meinte. Mäßigung ist der Schlüssel! Das Überkonsumieren jeglicher Lebensmittel, rohen Fleisches, Fetten und Zucker, hochraffinierter Lebensmittel ganz besonders, verstopft die Arterien, was im späteren Leben alle Arten gesundheitlicher Probleme aufwirft. Auch kann das zu Fettleibigkeit führen (Früher war den Chinesen Zucker gänzlich unbekannt. Jene die Zucker begehrten, importierten ihn aus Indien. Man süßte sein Essen mit Honig). Als ich einen Freund, der als traditioneller chinesischer Arzt arbeitet, nach den Möglichkeiten abzunehmen fragte, antwortete er knapp „kein Fett, kein Weizen, kein Zucker!“ Ich schenkte diesem Rat Beachtung und verlor innerhalb eines Jahres 36 Kilo. Mein zwei Jahre klinikbezogenes Ernährungstraining war nicht so hilfreich, wie die Weisheit dieses Arztes!

Wie kann man also von dem alten chinesischen Ernährungsstandpunkt heraus betrachtet, das Essen “ernst“ nehmen? Entsprechend ursprünglicher Tradition entspricht eine sachgemäß ausgeglichene chinesische Mahlzeit aus der genauen ausbalancierten Menge von Fan (Körner und andere stärkehaltige Lebensmittel) und Tsai (eine Kombination von Gemüse- und Fleischspeisen). Ich habe bereits erwähnt, dass die chinesische Tradition das Essen nicht nur als etwas betrachtet, das den Magen füllt, sondern das auch als Medizin wirkt. Woher kommt nun diese Theori? Fan und Tsai werden entweder Yin oder Yang zugeordnet; die Körperfunktionen korrespondieren mit diesen Prinzipien, und wenn die körperlichen Yin- und Yang Energien aus dem Gleichgewicht sind, entstehen Probleme wie Krankheiten, ungewöhnliche Launen, schlechte Träume, Schweißausbrüche und andere Arten unerwünschter körperlicher und geistiger Störungen.

Konfuzius sagte folgendes: „Esst Euch weder an verfeinertem (poliertem) Reis noch an Fleischmischungen für Pastetenfüllungen satt; esst keinen Reis, der sauer geworden ist, noch Fisch oder Fleisch, das verdorben ist… Esst nicht, außer zu den angemessenen Zeiten…trinkt niemals soviel Wein bis Ihr konfus davon werdet…Konsumiert niemals Wein oder getrocknetes Fleisch, das aus einem Laden mitgebracht wurde.“ Was für eine Weisheit im 6. Jahrhundert n. Chr.!

Konfuzius, dieser beliebte Mönch, gab weitere großartige Ideen weiter, wie z. B. diese: „Eine (gute) Gesundheit wird durch ein moralisch geführtes Leben garantiert“. Er bezog jedoch nicht die Auswirkungen des Karma aus früheren Leben auf die momentane Gesundheit ein; das Ursache-Wirkungs-Prinzip dieser beiden kann in dem Buch „Zhuan Falun“ von Li Hongzhi nachgelesen werden. Konfuzius sagte, dass Freundlichkeit, Gerechtigkeit, ein angemessenes Verhalten, bedachtes Urteilen und persönliche Integrität in Kombination mit einer ganzheitlichen Ernährung, die Gesundheit sicherstellen würden. Lao Tse auf der anderen Seite wies daraufhin, dass das Konzept der drei Juwelen – Wohlwollen, Demut und Mäßigung – ebenso wie das Befolgen der natürlichen Gesetze, in Verbindung mit maßvollen Handlungen und Einfachheit in der Handhabung, zu einer Ausbalancierung von Yin (weiblich; Dunkel) und Yang (männlich; Licht) führen würde, der eine gute Gesundheit zur Folge hat.

Diese altertümlichen chinesischen „Empfehlungen für die Lebensgestaltung“ hängen mit dem Wohlergehen, der Medizin und den Ernährungsgewohnheiten zusammen und wurden in den antiken Mittelmeerzonen und in Indien genauso weitergegeben, obwohl, wie ein zeitgenössischer amerikanischer Student sagte, „Nur sechs besondere Begriffe überall verbreitet sind: Geschlecht (männlich/weiblich); An- oder Abwesenheit von Licht (hell/dunkel); Feuchtigkeit (trocken/nass); moralischer Wert (gut/schlecht); Energie (stark/schwach) und Temperatur (heiß/kalt).“ (Zitat von Grivetti, Louis; „Lebensmittelgeschichte Chinas“, 2001 Vortrag legrivetti@ucdacis.edu).

Haben diese alten Zusammenhänge zwischen unserer Ernährungsweise und dem Weg, wie wir leben und uns verhalten, heute immer noch Gültigkeit? Sogar Begriffe wie Yin und Yang sind für die meisten jetzigen Amerikaner fremd und bedeutungslos geworden, die die ursprüngliche orientalische Kultur und den Zusammenhang zwischen „Körper, Geist und Seele“ nicht kennen; sie verdienen jedoch Beachtung. Das 2500 Jahre alte chinesische Ernährungs-Medizinsystem wurde über drei Jahrtausende oder mehr beachtet und aufrechterhalten.

Ein solches Erbe birgt Werte. Um eine Quelle, die Professor Grivette in einer seiner Studien zitierte, wiederzugeben: „Die Natur hat -…- Klima, vier Jahreszeiten und die fünf Elemente: Holz, Wasser, Metall, Feuer und Erde. Beachtet stets das Wetter und die Jahreszeit, das garantiert ein langes Leben; die vier Jahreszeiten und fünf Elemente bergen eine schöpferische Kraft in ihren Attributen der Kälte, Hitze, Trockenheit, Feuchtigkeit und Wind. Die Menschheit hat fünf innere Organe – Leber, Magen, Herz, Lungen und Nieren, in denen diese fünf Klimate transformiert werden, um Freude, Zorn, Sympathie, Gram und Furcht zu erzeugen.“ (Nei Ching, 1966, S.177)

Die kleinen Geister, die an unserer emotionalen Befindlichkeit zerren – Freude, Zorn, Gram, Sympathie und Furcht – sind die wahren Missetäter, die seit Ewigkeiten im Leben der Menschen Zerstörung erzeugt haben! Entsprechend der indischen Kultur und der Mittelmeerkultur, beeinflusst das Ernährungsverhalten unser gesamtes Lebenssystem. Was wir essen, wie wir es essen und wie viel davon, haben alle einen Einfluß auf unsere Gesundheit, unser Denken und Handeln. Jeder von uns hat eine unglaubliche, ehrfurchtgebietende, seelengegebene Kraft, Entscheidungen zu fällen und sich gemäß dieser zu verhalten. Unser Denken und Handeln werden entscheiden, wie wir sterben und wohin die Reise nach unserem Tod geht. Lasst es eine großartige Reise werden.

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