Frankfurter Rundschau, 28.01.2002: Bibel-Schmuggel führte ins chinesische Gefängnis

Hongkonger Geschäftsmann wollte Heilige Schrift an
„Untergrundkirchen“ verteilen

Ein Hongkonger Geschäftsmann ist in China zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er ohne Genehmigung Bibeln in das Land gebracht hatte. Die Urteile in dem umstrittenen Fall seien am Montag vom Gericht der Stadt Fuqing in der Provinz Fujian verhängt worden, berichteten Kirchenvertreter in Hongkong.

Li Guangqiang war im vergangenen Mai festgenommen worden, weil er 33 000 Bibeln nach China geschmuggelt hatte, um sie an so genannte Untergrundkirchen zu verteilen. Zwei Festlandschinesen, die mit ihm festgenommen wurden,erhielten Freiheitsstrafen von drei Jahren sowie Geldstrafen, berichtete ein Bekannter der Familie der Nachrichtenagentur Reuters.

Li drohte ursprünglich die Todesstrafe. Nach internationalen Protesten hatte China die Anklage aber abgeschwächt. Er sei nun wegen illegaler Geschäftstätigkeit verurteilt worden, berichtete Lis Bekannter.

Der Fall hatte für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt. US-Präsident George W. Bush, der im Februar zum Staatsbesuch nach China reisen will, hatte sich im Januar besorgt über Lis Festnahme geäußert. US-Botschafter Clark T. Randt
ermahnte Peking vergangene Woche, „sich an internationale Normen“ zu halten. Li Guangqiang ist Bürger Hongkongs, wo bis heute Religionsfreiheit gilt. In China wird die christliche Kirche dagegen vom Staat kontrolliert. Peking unterhält keine diplomatischen Beziehungen zum Vatikan und erlaubt den Gläubigen nicht, den Papst als höchste Autorität anzuerkennen. Bibeln dürfen in China nur in einer offiziell genehmigten Übersetzung verkauft werden, die kaum Erklärungen enthält.
Weil es in den „Untergrundkirchen“ oft keine ausgebildeten Priester gibt, verwenden die Gläubigen gerne Bibeln mit Interpretationen.

Bei seiner Verhaftung war Li von Peking vorgeworfen worden, für eine christliche Sekte und einen „Teufelskult“ gearbeitet zu haben. Die geschmuggelten Bibeln wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen von dem Begründer einer christlichen Bewegung mit dem Namen „Die Rufer“ herausgegeben. Die Glaubensgemeinschaft mit mehr als 500 000 Anhängern, die während der Messen ihre Gebete laut rufen, wurde 1995 verboten. Sie verbreitet ihre Lehre nun im Untergrund.

Seit dem Verbot der Falun-Gong-Bewegung geht Chinas Regierung auch gegen andere nichtstaatliche religiöse Gruppen schärfer vor. Mit der gesellschaftlichen
Öffnung entstehen in China religiöse Gruppen und Bewegungen, die zum Teil Millionen Anhänger zählen. Darunter sind orthodoxe katholische Gruppen ebenso wie Mischreligionen aus Taoismus, Buddhismus und Christentum. Die meisten von ihnen sind von Peking verboten. Vergangenen Herbst ließ die chinesische Sicherheitspolizei mehr als ein Dutzend heimlicher Kirchen einreißen. Im vergangenen Dezember wurde der Anführer einer christlichen Gruppe zum Tod verurteilt, berichten Menschenrechtsorganisationen.

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Dokument erstellt am 28.01.2002 um 21:05:02 Uhr
Erscheinungsdatum 29.01.2002

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