Geschichten aus dem alten China: Wang Shourens weise Worte

Wang Shouren war ein bekannter Neo-Konfuzianist und Erzieher in der Zeit der Ming Dynastie im alten China. Einmal beklagten sich ein Vater und sein Sohn gegenseitig und baten Wang Shouren, ihren Fall zu beurteilen. Wang Shouren wechselte lediglich einige Worte mit ihnen, worauf sich Vater und Sohn umarmten und weinten. In Frieden und Freundschaft gingen sie nach Hause. Dann wurde Wang Shouren von jemandem gefragt: „Was haben Sie zu ihnen gesagt, was sie dazu bewegte, augenblicklich zu bereuen?“

Wang Shouren sagte: „Ich sagte ihnen, dass Shun der respektloseste und unhöflichste Sohn und Gusou der liebenswürdigste und liebevollste Vater ist.“

Seine Stiefmutter war eine gerissene, ja grausame und heimtückische Frau. Ihr Sohn, Xiang, galt als hochmütig, tyrannisch und respektlos. Die Stiefmutter verleumdete Shun vor Gusou oft. Alle drei sponnen Intrigen und versuchten alles Mögliche, Shun umzubringen. Einmal beauftragten sie Shun, ein Silo zu reparieren, dann zündeten sie den Silo an. Ein anderes Mal baten sie Shun einen Brunnen zu graben, und während er grub schleuderten sie Felsbrocken und Schmutz in den Brunnen. Doch Shun schien von den Göttern beschützt zu werden und so blieb er trotz dieser Anschläge unversehrt. Obwohl die drei Shun mit Hass und Feindseligkeit behandelten, begegnete Shun ihnen mit Liebenswürdigkeit. Er tat alles mit Eifer und ohne sich zu beklagen. Er war seinen Eltern gegenüber immer gehorsam und höflich und begegnete Xiang mit brüderlicher Liebe und Mitgefühl.

Also wie hat Wang Shouren dies gelöst? Er erklärte: „Shun hat sich selbst nicht immer als respektvoll betrachtet, deshalb war er fähig, respektvoll zu sein. Gusou betrachtete sich selbst als den liebevollsten Vater, deshalb war er unfähig zu lieben. Gusou dachte immerzu: „Ich habe Shun aufgezogen, als er klein war, warum trägt er nicht dazu bei, mir zu gefallen? Weil Gusou nicht erkannte, dass er von seiner zweiten Frau getäuscht wurde, sah er sich als sehr liebevoll an, konnte jedoch nicht länger lieben. Andererseits dachte Shun: „Mein Vater liebte mich so sehr, als ich klein war, nun liebt er mich überhaupt nicht mehr. Das muss daher kommen, dass ich nicht respektvoll genug bin. Also versuchte er dauernd, sich zu verbessern, daher war er noch respektvoller. Schließlich kam Gusou zur Vernunft und bereute. Shun wurde zum respektvollsten Sohn aller Zeiten und Gusou wurde auch zum liebenden Vater.“

Tatsächlich sollten wir beim Umgang mit anderen dieselbe Vernunft einsetzen. Im Unterschied zu Shun, entdecken wir, wenn Konflikte auftauchen, oft Fehler in anderen. Würden wir aber nach Innen schauen, um unsere Mängel herauszufinden und uns verbessern, dann könnten wir die Konflikte lösen, gleichgültig wie groß sie auch sein mögen.

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