Das Ass im Ärmel des Dämonenkönigs

Findet ein Suchender die wahre Lehre nur in einem Gotteshaus oder ist diese auch außerhalb von Tempel- und Kirchenmauern zu finden? Der Dialog zwischen Buddha Shakyamuni und dem Dämon Mara bietet eine Perspektive auf diese Frage.

Ausschnitt eines Rollenbildes aus dem 13. Jahrhundert, welches die Versuchung von Buddha Shakyamuni durch den Dämonenkönig Mara zeigt.

Scene from The Illustrated Sutra of Past and Present Karma, Japan Kamakura period (1185–1333) Credit Line: Mary Griggs Burke Collection, Gift of the Mary and Jackson Burke Foundation, 2015 Bild: The Metropolitan Museum of New York

Dieser Ausschnitt aus einer Schriftrolle, die die Geschichte der guten Taten des historischen Buddha beschreibt, zeigt den Moment, wo der Dämonenkönig Mara mit seiner Armee versucht, den Meditierenden zu stören.

Die übernatürliche Kraft des Prinzen und zukünftigen Buddha wehrt jedoch alle Bedrohungen ab. Weder Felsbrocken noch Pfeile, Blitze, Regen oder Feuer und auch nicht die Verführungskünste schöner Frauen können ihn von seiner Kultivierung abbringen.

Bevor aus dem Prinzen Siddhartha ein Erleuchteter wurde, begann sein Weg mit dem Wunsch im Herzen nach der Wahrheit zu suchen: Was war der Sinn des Lebens?

Der Weg des Buddha Shakyamuni

Vor zweitausendfünfhundert Jahren kam Buddha Shakyamuni in einem kleinen Fürstentum im Norden Indiens auf die Welt. Sein Vater war der Fürst. Man nannte ihn Prinz Siddhartha. Der kleine Prinz hatte alles, was man für ein glückliches und sorgloses Leben brauchte. Doch eines konnte ihm niemand geben, nämlich die Antwort auf die Frage: Was ist der Sinn des Lebens?

Als der Prinz 29 Jahre alt geworden war, entschloss er sich dazu, den Palast zu verlassen. Um Weisheit zu finden, suchte er mehrere Meister auf, die von sich behaupteten, den richtigen Weg gefunden zu haben. Doch keiner von ihnen konnte ihm erklären, warum es kein Leben ohne Leiden gab und wie sich der Mensch von diesem Leiden befreien konnte.

Fünf Jahre zogen ins Land. Der Prinz setzte sich eines Tages unter einen Baum und dachte über seine vergebliche Suche nach. Noch immer hatte er keine Antwort auf seine Frage gefunden. Er schloss die Augen und meditierte. Die Götter im Himmel beobachteten ihn und wollten ihm helfen.

Doch dann tauchte Mara auf – der König der Dämonen und Herrscher über die Finsternis. Mara fürchtete, dass wenn der Prinz zu Erkenntnissen gelangen würde, er seine Macht verlöre, weil die Menschen die Angst vor dem Tode verlieren könnten.

Mara wollte den Prinzen unbedingt davon abhalten, den Sinn des Lebens zu ergründen. Um ihn bei der Meditation zu stören, schickte Mara seine drei Töchter aus dem Totenreich. Maras drei hübsche Töchter heißen „Leidenschaft“, „Begierde“ und „Vergnügung“. Sie tanzten um Siddhartha herum und wollten ihn verführen.

Siddhartha machte die Augen auf und sagte zu ihnen: „Ihr seht zwar hübsch aus, habt aber kein gutes Herz. So wie eine wunderschöne Vase, die mit Dreck gefüllt ist.“ Der Prinz war dank seiner Kultivierungsfähigkeiten in der Lage zu erkennen, wie hässlich ihre Körper in Wirklichkeit aussahen – nämlich wie Skelette.

Mara, der König der Dämonen, entsandte nun seine Armee, um den Prinzen an der Erleuchtung zu hindern. Doch was immer die Dämonenarmee gegen Siddhartha einsetzte, der Lichtglanz, der von seinem Körper ausging, beschützte ihn. Die Waffen der Dämonen kamen nicht an ihn heran. Plötzlich war da ein lauter Knall aus dem Himmel: Die Dämonen wurden von den Göttern verjagt.

Am folgenden Morgen erhielt der Prinz die gesuchte Antwort. Er öffnete die Augen und lächelte glücklich. Er wusste jetzt, wie der Mensch das Leid überwinden und aus dem unheilvollen Kreislauf der Reinkarnationen entfliehen konnte. Der Prinz hatte die volle Erleuchtung erlangt und wurde ein Buddha (Sanskrit: Erwachter/Erleuchteter).

Mara kündigt Sabotage an der korrekten Überlieferung des Dharmas an

49 Jahre lang unterrichtete Buddha Shakyamuni seine Anhänger in seiner Lehre, dem Dharma, als eines Tages der Dämonenkönig Mara wieder auftauchte. Er sagte zu Buddha Shakyamuni: „Du hast jetzt schon genug Menschen erlöst. Es wird Zeit, dass du ins Nirwana gehst.“ Buddha Shakyamuni war sich darüber im Klaren, dass es tatsächlich die Zeit war, die Menschenwelt zu verlassen.

„Ich konnte dich leider nicht besiegen“, sagte der Dämonenkönig zu ihm und fügte hinzu: „Sobald du ins Nirwana gegangen bist, werde ich deine Lehre zerstören.“ „Das Dharma ist ein aufrichtiger Weg“, antwortete Buddha Shakyamuni, „niemand kann es zerstören.“

Mara insistierte: „Ich werde deine Lehre zerstören! Wenn die Zeit kommt, werde ich meine Jünger die Roben von Mönchen tragen lassen und sie in deine buddhistischen Tempel und Köster schicken. Ein Buddhist kann einen Menschen doch nicht ablehnen, der zu einem Tempel kommt und sagt, dass er sich zum Buddhismus bekennen möchte, oder? Meine Jünger werden in deine Tempel gehen und deine Lehre missinterpretieren, gegen deine Gebote verstoßen und deine Anhänger vom rechten Weg abbringen.“ Mara lachte voller Vergnügen und ging fort.

Nach einer ganzen Weile sagte Buddha Shakyamuni entschieden: „Wenn besagte Endzeit kommt, werde ich dafür sorgen, dass alle meine Schüler ihr Gewand ausziehen und die Tempel verlassen. Ich werde dafür sorgen, dass meine Schüler sich auch außerhalb der Tempel kultivieren und die Vollendung erlangen können!“

Buddha Shakyamuni soll auf die Frage eines Schülers nach dem Beginn der Endzeit gefragt geantwortet haben: „500 Jahre nach meinem Tode.“ Könnten wir viele Jahrhunderte später im Jahre 2023 uns tatsächlich in jener Endzeit befinden, wo die Jünger Shakyamunis keine Roben mehr tragen?

Quelle der Geschichte/Legende: Lea’s Einblick

Alle Artikel, Grafiken und Inhalte, die auf Yuanming.de veröffentlicht werden, sind urheberrechtlich geschützt. Deren nicht-kommerzielle Verwendung ist erlaubt, wenn auf den Titel sowie den Link zum Originalartikel verwiesen wird.

Das Neueste

Archiv