„Vérité, bonté, patience“ – eine chinesische Lebensart

„Luxembourg Wort“, 18.10.2001

ph – Bereits in den frühen Morgenstunden hatten
sich mehr als 100 Falun-Gong-Praktizierende aus Taiwan und Paris auf dem hauptstädtischen Place du Théâtre eingefunden, um friedlich gegen die illegale, staatlich
geleitete Unterdrückung dieser Bewegung in der Volksrepublik China zu demonstrieren. Bislang, so erläuterte die Sprecherin von Falun Gong, Christine Ni, seien
nach dem Einschreiten der Polizei 297 Todesfälle bekannt, doch die Dunkelziffer liege viel höher.

Was ist Falun Gong?

Entgegen den Angaben der chinesischen Regierung, die Falun-Gong-Bewegung sei eine Sekte, deren Hauptziel darin bestehe, die aktuelle Regierung zu stürzen,
könne man Falun Gong – auch unter dem Namen Falun Dafa bekannt – als wahre Lebensart bezeichnen, erklärte Christine Ni.
Tatsächlich handele es sich um eine ältere Form des Qigong, eine Praxis, durch die Körper und Geist mit Hilfe meditativer Übungen ins Gleichgewicht kommen.
Genau wie Tai Chi stelle Qigong einen vitalen Teil des Lebens zahlreicher Menschen in Asien dar und in fast jedem chinesischen Park geben sich bei Tagesanbruch
Tausende Anhänger der Ausübung dieser Kunst der sanften Ganzkörper„gymnastik“ hin. Falun-Gong-Praktikizierende lernen insgesamt fünf (vier stehend, eine sitzend)
langsame Übungen, Bewegungen, die für jedes Alter gedacht sind.
Wer sich an den gemeinsamen Übungsabläufen beteiligt, strebt nach innerer Ruhe, nach Harmonie. Im Motto „Vérité, bonté, patience“, so Christine Ni, liege das
Prinzip, das Falun-Gong-Begeisterte im Alltag umsetzten möchten. Nirgends, so betonte sie, würden die Anhänger in Listen eingetragen oder psychisch manipuliert wie
es in Sekten der Fall ist. Darüber hinaus, und man könne dies nicht oft genug hervorheben, sei Falun Gong keine politische Organisation.

Ein kurzer Rückblick

Die Methode von Falun Dafa ist tief in der chinesischen Zivilisation verankert und geht zurück auf die Buddhistische Schule. Sie wurde von Generation zu
Generation weitergegeben, bis Li Hongzhi sie veröffentlichte. Falun Gong macht keinen Unterschied zwischen sozialen Schichten, jeder kann teilnehmen. Die
Sprecherin teilte auch mit, dass mehr als 100 Mio. Menschen Interesse an diesen Übungen gefunden hätten und sie in mehr als 40 Ländern durchführten.
Im Jahr 1992 fangen die Menschen in Nordostchina an, Falun Gong zu praktizieren und die Bewegung wird als eine Art Qigong-Schule angesehen. Knapp vier Jahre
später, kurz nach seiner Veröffentlichung, wird das Buch zu den Übungen ein Bestseller in China und in zahlreichen westlichen Ländern fasst die Bewegung Fuß.
Bis 1998 ist die Zahl der „Schüler“ auf 70 Mio. gestiegen.
Die chinesische Führung zeigt sich über diese Entwicklung besorgt und verbietet die Publikation des Buches „Zhuan Falun“. Am 22. Juli 1999 wird Falun Gong
verboten, Propagandaaktionen der Regierung in Peking vermehren sich und die ersten Verhaftungen lassen nicht lange auf sich warten. Gegen die stillen Proteste
auf dem Tian-An-Men-Platz in der chinesischen Hauptstadt geht die Polizei mit aller Härte vor. Trotz dieser Gewalt durch den Staat entgeht China einer
internationalen Verurteilung anlässlich der 57. Menschenrechtskommission in Genf.

Machtmissbrauch

Mit dem gewaltsamen Vorgehen seitens des Staates nimmt auch die Zahl der Opfer unter den Falun-Gong-Anhängern zu. Folterungen, Vergewaltigungen und
inszenierte „Selbstmorde“ gehören zur Tagesordnung. Mehr als 10 000 Personen wurden seither in so genannten „Laogaï“ interniert. Dies sind Arbeitslager, wo die
Menschen oftmals eine Gehirnwäsche über sich ergehen lassen müssen. Laut Angaben der Falun Gong-Verantwortlichen haben auch zwischen 800 und 1 000
Personen neurotoxische Drogen bei ihrer unfreiwilligen Einlieferung in psychiatrische Institutionen injiziert bekommen. Doch damit nicht genug, unzählige Familien
haben durch die unbezahlbaren Verwarnungen oder durch willkürliche Beschlagnahmungen ihr Hab und Gut verloren und stehen vor dem Nichts.
Nach ihrer Verhaftung werden die Falun-Gong-Anhänger gezwungen, der Bewegung abzuschwören und die Namen weiterer Praktikanten preiszugeben. Eine
wichtige Rolle in dieser vom Staatsapparat organisierten Verfolgung spielt das so genannte Büro 610 mit Luo Gan an der Spitze. Diese Abteilung beschäftigt sich
hauptsächlich mit dem Falun-Gong-Fall und hat sowohl Polizeibüros als auch Internierungslager und Gefängnisverwaltungen in Kenntnis darüber gesetzt, dass „die Todesfälle von Falun Gong-Praktizierenden durch Folterungen vom Gesetz nicht bestraft werden. Solche Todesfälle durch Folterungen werden hingegen als Selbstmorde registriert. Es wird keine Notwendigkeit empfunden, die Leichnahme identifizieren zu lassen. ..Il faut incinérer la dépouille sur place.“ Und dies, so bestätigte die Sprecherin der Falun-Gong-Bewegung, Christine Ni, geschehe
alles mit dem Wissen und Einverständnis des chinesischen Staatsoberhauptes Jiang Zeming. Zur Durchführung dieser Politik der Gewalt wurde Falun Dafa als nicht
mit dem Kommunismus vereinbar und sogar als eine Gefahr für die Stabilität im Land dargestellt.

Hilfe von auswärts

Da es innerhalb Chinas fast unmöglich ist, den Anhängern des Falun Gong zu helfen, sind diese auf die Unterstützung von auswärts angewiesen. Nicht nur Amnesty
international, auch der „International educational development“ der Vereinten Nationen, die EU-Abgeordnete Cecilia Malmström, der französische Außenminister
Hubert Védrine sowie Schwedens Regierung – um nur einige Stimmen zu nennen – haben sich in ihren jeweiligen Schreiben gegen die repressiven Maßnahmen der
Regierung in Peking ausgesprochen.
Oberstes Ziel der Demonstranten in Luxemburg bleibt neben der Auflösung des berüchtigten Büros 610 auch die Verurteilung von Luo Gan sowie das Ende des
„Staatsterrorismus“ gegen unschuldige Opfer. Informationen zu der Falun-Gong-Bewegung findet man ebenfalls unter www.faluninfo.net im Internet.

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