„Wir wollen von Berlin nach München laufen“, so die 31-jährige Zhihong Zheng, die daran erinnerte, dass sie und ihresgleichen der chinesischen Führung Anfang der 90er Jahre zunächst durchaus willkommen waren. Erst als die Kommunisten um ihre Macht zu fürchten begannen, hätten die Repressalien eingesetzt. Seit dem Aufmarsch der Gemeinschaft, der in China bis zu 70 Millionen Anhänger nachgesagt werden, auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking „werden wir verfolgt“. Viele von ihnen seien sogar in Arbeitslagern verschwunden. Dabei, so Guang Yang, die an der Berliner Humboldt-Universität Betriebswirtschaft studiert, praktizierten selbst KP-Mitglieder Falun Gong.
Den jungen Chinesen wurde bei ihrer Ankunft in Borna vorgestern Abend auch einmal mehr der Unterschied zwischen China und Deutschland bewusst. Während die jungen Leute in ihrer Heimat um Sicherheitskräfte jeder Art klugerweise eine großen Bogen machen, wandten sie sich nach ihrem Marsch beherzt an die Polizei in der Grimmaer Straße. Die vermittelte sie dann an das Pfarrersehepaar Eilsabeth und Martin Roth, das ihnen im Raum der Jungen Gemeinde in der Stadtkirche Unterkunft bot.
30 bis 50 Kilometer legen die jungen Leute, die auch ausgezeichnet Deutsch sprechen, täglich zurück. „Unser Quartier suchen wir bei Leuten, die ein gutes Herz haben“, so Zhihong Zheng weiter. In Leipzig fanden sie vor drei Tagen bei einer Familie Quartier, die ihnen zwei ihrer insgesamt drei Zimmer als nächtliche Bleibe zur Verfügung stellte. Da fühlten sich die fünf Chinesen verstanden – getreu ihren Prinzipien Barmherzigkeit, Nachsicht und Wahrhaftigkeit.
Leipziger Volkszeitung, 15.11.2001