Festnahme in China

Mein Name ist Dominik Henselmann und ich bin 27 Jahre alt. Zur Zeit studiere ich an der Johann Wolfgang Goethe Universität das Fach Betriebswirtschaftslehre und werde im Sommer nächsten Jahres mein Diplom darin abschließen. Ich praktiziere seit über 2 ½ Jahren Falun Gong.

Ich war eine der beteiligten Personen, die in China auf den Platz des Himmlischen Friedens friedlich gegen die Unterdrückung von Falun Gong und die Menschenrechtsverletzungen in China protestierte, indem ich mich auf den Platz in den Lotussitz setzte, begleitet von einem Transparent mit der Aufschrift „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht“, das von anderen entrollt wurde. Daraufhin wurden wir keine Minute später unter massiven Polizeiaufgebot festgenommen.

Ich selbst wurde weder geschlagen noch getreten, wie es aber anderen Beteiligten wiederfuhr. Die Polizei verweigerte jegliche Erklärung, forderte diese aber umfassend, als sie uns alle verhörte. Ich wußte nicht, ob ich von der Polizei, der Staatssicherheit oder von welchen Personen auch immer in Uniformen verhört und bewacht wurde und manchmal Befehlen in Englisch zu gehorchen hatte.

Im Gegensatz zu den chinesischen Falun Gong-Praktizierenden wurden wir vergleichsweise milde behandelt, im Vergleich mit westlichen Standards wurden aber einige Gesetze von Seiten der chinesischen Polizei gebrochen.

Ich als deutscher Staatsbürger hatte in den 23 Stunden Festnahme weder Möglichkeit zur Kontaktaufnahme nach außen, noch wurde mir ein offizieller Tatbestand von Seiten der chinesischen Polizei vorgeworfen. Man zwang mich in den Verhören mehrmals, ein Dokument in chinesischer Sprache zu unterschreiben, das ich nicht lesen konnte und von der ich auch keine Kopie oder eine Übersetzung erhielt. Eine Person wurde körperlich verletzt, als sie sich weigerten, das Dokument zu unterschreiben. Von den vielen Drohungen seitens der chinesischen Polizei ganz zu schweigen. Bis zum Schluss wurde uns nicht mitgeteilt, was die Polizei mit uns vorhatte. Am Morgen vor unserem Transfer zum Flugplatz meinte eine Polizistin lapidar, dass sich unsere Botschaft nicht für uns interessieren würde.

Wir wurden nach 23 Stunden ohne Erklärung des Landes verwiesen und somit unser geplanter Aufenthalt um z.T. mehrere Tage willkürlich verkürzt.

Auszüge aus der Festnahme in Peking:

…Es vergingen keine Sekunden, da hörte ich schon Reifen quietschen und ein Stimmengewirr. Ich ließ meine Augen geschlossen. Zuerst wurde ich geschubst und anschließend von mehreren Personen gepackt und hochgezogen. Erst als die Polizisten versuchten mit Gewalt mich aus dem Lotussitz zu zerren, machte ich die Augen auf. Ich sah vor mir eine Deutsche, die vor mir in einen nahen Kombi hinein getragen wurde und sich vehement widersetzte. Ich wurde ebenfalls in den Kombi von mehreren Polizisten gebracht und mit den anderen zur nahegelegenen Polizeistation gebracht.

Auf der Polizeistation wurde uns weder gestattet, die Botschaft zu kontaktieren und jegliches Telefonat von unserer Seite damit bestraft, indem sie das Handy konfiszierten. Erst durch eine anwesende Deutsche, die heimlich mit ihrem Handy Kontakt zur Botschaft aufnehmen konnte, wußte ich, daß diese informiert wurde. Ich erfuhr durch sie, daß jemand von der deutschen Botschaft zu ihr gesagt hätte, dass wir mit den Polizisten kooperieren sollten und unsere Reisepässe zeigen sollten. Außerdem seien die anderen Botschaften alarmiert worden. Dann sah ich, wie sie vor mir die einzeln Personen aus dem Zimmer holten.

Mich stellte sich ein Polizist in Englisch als „ Officer from the Peking Police Department“ vor und brachte mich ans Ende des Flures zu einen Tisch. Dort wartete ein weiterer Polizist, der aber kein Englisch konnte und manchmal reagierte, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug. Der erste Polizist nahm ein Formular und begann mich in Englisch zu verhören. Er fragte mich nach Namen, Ankunft, Abflug Aufenthaltsort in Peking. Ich beantwortet alle seine Fragen und gab nach Anfrage an ihn den Reisepass, den ich bis zum Abflug nicht mehr sehen sollte. Anschließend reichte er mir das Formular rüber und ich sollte es unterschreiben.

Ich sagte: „Nein“
Er sagte mir: “Sie müssen das unterschreiben.“
Ich sagte ihm: „Ich unterschreibe kein Formular, was ich nicht lesen kann.“ (er hatte alle Fragen und Antworten auf Chinesisch aufgeschrieben)
Er sagte mir: „Sie müssen das unterschreiben, Sie sind hier in China.“
Ich sagte ihm: „Sehen Sie, Sie könnten hier alles mögliche auf Chinesisch schreiben, z.B. dass ich mich für irgendwas schuldig bekenne und das werde ich auf keinen Fall tun.“
Er sagte mir wieder: „Wir gehen die einzelnen Sätze zusammen durch und ich übersetze sie Ihnen.“
Ich sagte ihm: “Ich möchte eine Kopie von dem Formular oder eine Übersetzung, dann werde ich das Formular unterschreiben.“
Er nur: „Sie müssen kooperieren.“
Ich: “Wenn Sie in Deutschland wären und müßten ein Deutsches Formular unterzeichnen, erhielten weder eine Kopie und ein Polizist erklärt ihnen anschließend, es kurz für sie zu übersetzen. Werden sie das Formular unterschreiben? – Ich auf jeden Fall nicht.“

Das schien ihm einzuleuchten und er überlegte kurz. Der andere Polizist hatte sich mittlerweile eine Zigarette angezündet und unterhielt sich mit den Kollegen auf dem Flur.
Er sagte: “Also gut, schreiben Sie hier auf Englisch hin, daß Sie das Formular nicht unterschreiben, da Sie kein Chinesisch lesen können. Und schreiben Sie ihren Namen darunter.“
Ich schrieb den Satz hin und machte mein Initialen D.H.
Er nahm das Formular und schrieb einen chinesischen Satz darunter. „Unterschreiben Sie hier.“
Ich sagte ihm: „Was soll das?“ „Ich unterschreibe nichts chinesisches.“
Irgendwann nach weiteren Diskussionen sagte er zu mir: „ Sie wollen das nicht unterschreiben?“
Ich sagte ihm: „Nur wenn ich eine Kopie oder eine Übersetzung davon erhalte.“
Er nahm die Unterlagen an sich und bat mich mitzukommen. Auf dem Flur fragte ich Ihn nach seinem Namen. Er zeigte auf eine Nummer und sagte: „Mein Name ist Herr Wang.“

Anschließend wurde ich ins Gefängnis in den Keller zu den anderen gesperrt. Später wurden wir wieder nach oben in das Zimmer gebracht und hatten zu warten. Mehrmals fragten wir nach der Botschaft, erhielten jedoch keine Antwort. Als es schon später Abend war, wurden wir in zwei Gruppen in Polizeibussen getarnt und unter massiven Polizeiaufgebot zu einem Hotel nahe dem Flughafen gebracht. In dem Zimmer wurden ca. 15 Personen von 70 Polizisten bewacht. Wir verbrachten die ganze Nacht in dem Zimmer und wurden bis nach Mitternacht zu Einzelverhören nach hinten gebracht. Ich wurde wieder nach den gleichen Dingen wie im ersten Verhör befragt. Als die Polizei zu dem sogenannten Event auf dem Platz kamen, fragte die Polizistin mich, ob ich nicht gewußt hätte, dass das verboten gewesen sei und ich sagte ihr: „Auf den Boden sitzen ist verboten?“ Sie entgegnete: „Nur auf dem Platz.“ Nach einer Stunde Verhör, mittlerweile war es weit nach 1 Uhr morgens reichte sie mir drei Formulare rüber, die ich unterschreiben sollte. Es folgen weitere Zehn Minuten Diskussionen, bei der ich wie im ersten Verhör mich weigerte, das Formular zu unterschreiben. Sie lies nicht locker und erklärte mir, alles gemeinsam durchzugehen. Ich stutzte bei den vielen Fragezeichen nach den chinesischen Zeichen und harkte solange nach, bis sie mich anschaute und sagte: „Sie wollen das nicht unterschreiben?!“ und ich sagte: „Nein“
Die Nacht schlief ich mehr oder weniger auf einem Tisch, da als Alternative sich nur noch Stühle in dem Raum befanden. Dann irgendwann am Morgens wurden wir wieder unter starkem Polizeiaufgebot zum Flughafen gebracht und am Seitenbereich eingecheckt. Dort erhielten wir unsere Reisepässe zurück und wurden ins Flugzeug gebracht. Das ganze dauerte von der Verhaftung bis zum Abflug 23,5 Std……

Dominik

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