Kurier (Österreich): China: 30.000 KP-Austritte täglich

Wien – 30.000 Chinesen täglich treten öffentlich über die Internetseite der chinesischen Zeitschrift "Epoch Times" aus der Kommunistischen Partei Chinas aus. Dies berichtete die Chefredakteurin von "Epoch Times Europe", Lea Zhou, am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien anlässlich des morgigen 16. Jahrestages des Massakers von Tiananmen. "Bisher haben über zwei Millionen Chinesen weltweit ihre Austrittserklärung bekannt gegeben, die Hälfte davon in Festlandchina". Zhou ortet darin eine "stille Veränderung" in der Volksrepublik China. Die Austritte seien ein Zeichen, dass die Bevölkerung nicht mehr an Reformen innerhalb der Partei glauben.

Austritt nicht ohne Gefahr

Auslöser der Austritte sei die Veröffentlichung der "Neun Kommentare über die Kommunistische Partei Chinas" durch die chinesische Zeitung "Epoch Times" gewesen, die in rund 30 Ländern mit einer Auflage von 1, 3 Millionen erscheint, sagte Zhou. In den "Neun Kommentaren" wird die Entstehung, die Entwicklung und die aktuelle Lage der KP Chinas dargestellt. Die Menschen seien mit ihrem Austritt eine Gefahr eingegangen. Seit April sei es in diesem Zusammenhang zu vielen Verhaftungen gekommen.

Keil zwischen EU und USA treiben

Einer der wichtigsten Dissidenten Chinas und Träger des Sachorow-Preises des Europäischen Parlaments, Wei Jingsheng, erklärte, die politische Situation sei seit dem Massaker auf dem Pekinger Platz des Himmlischen Friedens vor 16 Jahren immer schlimmer geworden. "Wir müssen uns bemühen, die nächste Katastrophe zu verhindern." Aufgrund des Autoritätsverlustes der Kommunistischen Partei würde diese versuchen, einen Krieg mit Taiwan anzuzetteln. Die Bemühungen Pekings, eine Aufhebung des Waffenembargos seitens der EU zu bewirken, diene dem Zweck, Europa und die USA zu spalten. Gleichzeitig habe China mit Russland einen strategischen Partnerschaftspakt abgeschlossen.

Zensur

Zwar habe sich auf Grund der Wirtschaftsreformen das Image Chinas auf dem internationalen Parkett verbessert, sagte der Journalist Wu Baozhang, doch die Pressefreiheit sei keinesfalls lockerer geworden. Über jeder Redaktion stehe ein Parteikomitee, welches entscheide, über was berichtet werden dürfe. Als er selbst noch als Korrespondent der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua vom Fall der Berliner Mauer berichtete, sei sein Bericht von 100 auf 6 Zeilen gekürzt erst nach zwei Tagen Überdenkpause erschienen. Von der Mondlandung der USA habe überhaupt nicht berichtet werden dürfen.

Wu verließ nach den Massakern die Nachrichtenagentur und ist seitdem Leiter der China-Abteilung beim französischen Internationalen Rundfunk RFI. Die chinesische KP habe immer eine Minderheit zu Feinden erklärt, Anfang der 1990er Jahre sei es die Studentenbewegung gewesen, sagte Wu. Als derzeit jüngstes Opfer der KP-Verfolgung bezeichnte der Journalist die Anhänger der Falun-Gong-Bewegung, über die in China bis in die erste Hälfe der 90er Jahre noch positiv berichtet worden sei, bevor sie zu Feinden deklariert wurden.

Jian Zhang, ein Opfer des Tiananmen-Massakers, erzählte, er habe von 1989 bis zu seiner Flucht nach Paris 2001 in China praktisch versteckt gelebt. Er habe sein Sportstudium abbrechen müssen und nur nichtregistrierte Hilfsarbeiten wie als Reinigungskraft in einem großen Hotel annehmen können. Die Kugel in seinem Bein sei bis heute nicht entfernt worden. In China sei es zu gefährlich gewesen, sie entfernen zu lassen, da dabei seine Identität untersucht worden wäre. Auch heute wolle er sie nicht entfernen lassen, da der Schmerz ihn an seine beim Massaker getöteten Freunde erinnern solle.
Jahrestag des Tiananmen-Massakers

Am Vorabend des 16. Jahrestags des Tiananmen-Massakers haben in Hongkong lebende Ausländer eine ungewöhnliche Protestaktion veranstaltet: Ein Brite kletterte am Freitag als Spider-Man verkleidet auf einen riesigen Fernsehbildschirm an einem Hochhaus und enthüllte ein Spruchband mit der Aufschrift "Tiananmen-Platz 4.6.1989 – Gerechtigkeit muss siegen".

Massenexekutionen

Mit unvorstellbarer Brutalität hatte die chinesische Armee vor 16 Jahren die Demokratiebewegung niedergeschlagen und auf dem Pekinger Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz) im Stadtzentrum ein Blutbad angerichtet. Tausende kamen ums Leben. Es kam zu Massenverhaftungen und -exekutionen und öffentlichen Aufforderungen zur Denunziation.

Eine Organisation von in Hongkong lebenden Ausländern namens International Action erklärte, die internationale Gemeinschaft trage Verantwortung dafür, dass den Opfern des Massakers Gerechtigkeit widerfahre. Ihr Aktionist, der Englischlehrer Matt Pearce, verbrachte etwa eine Stunde auf dem Bildschirm, auf dem gewöhnlich Nachrichtensendungen nebst Werbung übertragen werden. Die Aktion sorgte angesichts zahlreicher interessierter Zuschauer für ein Verkehrschaos. Pearce wurde später in Gewahrsam genommen.

Artikel vom 03.06.2005 |apa |ric

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