Weser Kurier (DPA), 16.02.02: Religion wird „ausgeprügelt“

PEKING – Rund eine Woche vor dem Besuch von US-Präsident George W. Bush in Peking gehen die Behörden wieder schärfer gegen religiöse Gruppierungen vor. Nach dem bislang größten Protest ausländischer Anhänger der Falun-Gong-Bewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking sind bis gestern 53 Aktivisten aus zwölf Ländern abgeschoben worden. Unter ihnen waren mindestens fünf Deutsche und 33 Amerikaner.

Falun Gong ist aber nicht die einzige religiöse oder meditative Gruppierung in China, die unter Verfolgung leidet. Mit dem Kampf gegen die Kultbewegung hat die chinesische Regierung auch die Kontrolle über andere Vereinigungen verschärft. Von verschiedenen Qigong-Gruppen, die traditionelle Atemtechniken einsetzen, über Kirchen oder Sekten bis hin zu den lange verfolgten Untergrundchristen – überall wird die Schraube angezogen.

„China bleibt entschlossen, alle Religionen zu beseitigen, die es nicht kontrollieren kann“, sagt Nina Shea, Direktorin des Zentrums für Religionsfreiheit der US-Menschenrechtsorganisation Freedom House in New York. Ihre Organisation veröffentlichte sieben chinesische Geheimpapiere, die detailliert die Unterdrückung aufzeigen.
Überwachung durch die Staatssicherheit, Infiltration mit Geheimagenten, das Sammeln strafrechtlicher Beweise, Verhöre, die Zerschlagung der Organisationsstrukturen und Beschlagnahme von Kirchenbesitz werden nach diesen Angaben als Methoden genannt. Es sollten „systematische und verschärfte Strafen“ verhängt werden. 14 religiöse Gruppen werden wie Falun Gong als „böse Kulte“ verurteilt.

Eigentlich garantiert die chinesische Verfassung die Religionsfreiheit. Christen dürfen in staatlichen „patriotischen“ Kirchen die Messe feiern. Das Problem ist aber religiöse Aktivität außerhalb der Kontrolle der Kommunistischen Partei. Deswegen werden Katholiken verfolgt, die loyal zum Papst stehen. Mitglieder von protestantischen „Hauskirchen“, die sich nicht unterwerfen wollen, werden festgenommen.

Da mit dem Rückzug kommunistischer Ideologie und den wachsenden wirtschaftlichen Freiheiten die Religion in China blüht, fürchtet Peking die Macht der Glaubensgemeinschaften. Doch statt eine offene gesellschaftliche Auseinandersetzung in Gang zu setzen, greift der Staatsapparat zu radikalen Mitteln. Anhängern wird die Gesinnung in Lagern ausgeprügelt, was als „Umerziehung“ bezeichnet wird.

„US-Präsident Bush, der wiederholt seine Sorge über religiöse Unterdrückung in China geäußert hat, muss bei seinem Besuch in China energisch für die Religionsfreiheit eintreten“, fordert Direktorin Shea von Freedom House.

Andreas Landwehr (dpa)

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