Maler Li Gonglin: Rückkehr zu einfachen Tugenden und einem geradlinigen Leben

Der Gelehrte Li Gonglin lebte während der Nördlichen Song-Dynastie (960 bis 1279). In jener Zeit entstand nicht nur der moderne Buchdruck, sondern auch der Neokonfuzianismus, eine von Buddhismus und Daoismus beeinflusste Version des ursprünglichen Konfuzianismus.

Bei beiden Ausprägungen ist der Text zur kindlichen Pietät Bestandteil des Kanons. Li Gonglin kalligrafierte einige Passagen aus dem Klassiker und stellte diesen Illustrationen gegenüber. Vor mehr als 930 Jahren erschuf er dieses Werk und es ist das älteste noch vorhandene dieser Art.

Die Schriftrolle an einem Stück: The Classic of Filial Piety, Credit Line: Ex coll.: C. C. Wang Family, From the P. Y. and Kinmay W. Tang Family Collection, Gift of Oscar L. Tang Family, 1996, Metropolitan Museum New York
Die Auszüge stammen aus der Open-Data Collection des National Museums aus Taipei in Taiwan.

Der Text über die kindliche Pietät gehörte sowohl zum ursprünglichen als auch zum neokonfuzianischen Kanon. Der Text ist in Form eines Dialoges gestaltet zwischen Konfuzius und seinem Schüler Tseng-tzu. Er erläutert die Bedeutung und die Anwendung des Konzeptes der kindlichen Pietät auf der Ebene des Individuums und im Kontext der Gesellschaft und den staatlichen Angelegenheiten.

Obwohl der Text als authentisch eingestuft wird, erfolgte die Niederschrift erst einige Jahrzehnte nach dem Tod des Meisters. Er wird auf 350 bis 200 vor Christus datiert, Konfuzius lebte während der östlichen Zhou-Dynastie. (551 bis 479 v. Chr.)

Die kindliche Pietät ist ein zentrales Thema der konfuzianischen Ethik. Sie wird als „Ursprung aller Tugend, woraus alle moralische Lehre entspringt“ bezeichnet. Dies und unter anderem eine solide Bildung jedes Menschen, werden als Grundvoraussetzung angesehen, die für eine stabile und gut funktionierende Gesellschaft notwendig ist.

Einige Experten sind der Meinung, dass Konfuzius selbst die kindliche Pietät nicht so stark gewichtet habe, wie es heute üblich ist. Es ist dennoch zu bemerken, dass er in einem andern Klassiker des Kanons die kindliche Pietät als Wurzel der Qualität des menschlichen Verhaltens beschreibt. Unter der kindlichen Pietät versteht man den Umgang zwischen Kindern und Eltern, aber auch das respektvolle Verhalten gegenüber den Ältesten und den Vorfahren.

Die schriftliche Aufzeichnung des Dialoges zwischen Konfuzius und seinem Schüler wurde in der frühen Han – Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) veröffentlicht. Seit dieser Zeit wurde der Klassiker gelesen und auswendig gelernt. Es ist wichtig zu wissen, dass ein Hofbeamter namens Cai Lun bereits 105 v. Chr. eine rudimentäre Form der Papierherstellung entwickelt hatte, die sich danach technisch rasch verbesserte und in ganz China verbreitete. Damals wurden noch Steinplatten beschriftet, um Papierdrucke herzustellen.

Die Bedeutung des Klassikers Tausend Jahre später

Während der Song-Dynastie, in der Zeit als der Maler Li Gonglin lebte, hatte dieser noch immer seinen Stellenwert in der Gesellschaft und bei den Gelehrten. Viele der Freunde Gonglin’s waren bekannt für ihr vorbildliches Verhalten. Es ist überliefert, dass der Poet und Kalligraf Huang Tingjian, sich sehr liebevoll um seine Mutter kümmerte. Auch als Erwachsener ließ er darin nicht nach und leerte und wusch die Bettpfanne seiner alten Mutter.

Der Gelehrte Sung Lien (1310 bis 1381) schrieb, dass der Klassiker der kindlichen Pietät das am häufigsten von Künstlern illustrierte Buch aus dem konfuzianischen Kanon war. Allerdings sind die älteren Werke nicht erhalten geblieben, somit ist die Version von Li Gonglin das älteste illustrierte Werk des Klassikers, das noch zur Verfügung steht. 1085 hatte er es vollendet. Im Metropolitan Museum in New York hängt das Original. Weitere Museen besitzen von anderen Künstlern hergestellte Kopien, die teilweise kleinste Unterschiede aufweisen.

Li Gonglin hatte auf seiner Bildrolle abwechselnd Texte daraus kalligrafiert und dazu Bilder illustriert. Die Bilder illustrieren nicht nur den Text; Li Gonglin nutzte seine Kunst, um zu kritisieren, zu ermahnen und präsentierte subtile Kommentare zur moralischen Relevanz des Klassikers für die Song-Welt. Wie die Zeichnungen ist auch die Kalligrafie in einem archaischen Stil gehalten. Es heißt, Kenner würden dies als ein raffiniertes Plädoyer erkennen, für eine Rückkehr zu einfachen Tugenden und einem geradlinigen Leben.

Quellen für diesen Bericht:
Text zum Bild: https://www.metmuseum.org/art/collection/search/39895
Text: National Palace Museum Taiwan und Metropolitan Museum New York

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