Die „guten“ Eigensinne müssen auch beseitigt werden

Letzte Nacht hatte ich einen Traum, der anscheinend kein Traum war. Ich möchte dieses Erlebnis mit euch teilen, weil ich überzeugt bin, dass es einige unter uns Praktizierenden gibt, denen es genau so geht.

Erstmal zum „Traum“
Es war unsere jetzige Zeit, aber alles war irgendwie unterirdisch.
Ich war, wie immer, mit meiner Frau einkaufen. Sie hatte noch etwas in einem Geschäft gesucht, ich wartete während dessen draußen am Eingang. Plötzlich kamen mehrere Männer auf mich zu und fesselten meine Hände. Ich war überrascht und bekam Angst. Dann dachte ich, was soll das und schrie die Männer an, die meine Hände fesselten und mich hin und her schubsten. In diesem Gerangel, dachte ich gleich an unseren verehrten Meister. Ich fragte ihn, was geht hier vor, was hab ich getan, wieso passiert das. Niemanden, habe ich umgebracht, nichts habe ich gestohlen und ich habe auch keine anderen schlechten Dinge getan, wofür das hier gerechtfertigt wäre. Parallel dachte ich auch an meine Frau, an den Einkauf und an unser Haus. Viele Sachen gingen mir durch den Kopf, an denen ich anscheinend noch sehr stark hing.

Die Hilflosigkeit, Panik und der Verlust überkamen mich massiv. Ich versuchte mich zu entfesseln, es ging aber nicht. Obwohl es keine echte Fesseln sondern nur lianenähnliche Schlingen waren, konnte ich mich nicht befreien und stellte dem Meister weiterhin Fragen.

Plötzlich stand ich in Indien mitten auf einem großen Feld knietief im braunem schmutzigem Wasser und verrichtete Zwangsarbeit. Ich war gefesselt und trug nichts weiter als einen Lendenschurz. Ich war sehr dreckig. Die Landschaft war sehr karg und stinkig. Ich sah auch noch andere Männer, aber nicht deutlich. Die ganze Situation war so echt. In Gedanken fragte ich ständig unseren barmherzigen Meister: „Meister, wieso, was habe ich getan, um was geht es hier? Bitte hilf mir.“ Ich bekam keine Antwort. Ich stand immer noch knietief in einer braunen Brühe und schrie, ich will hier raus, das kann nicht sein, das kann nicht sein. Dann plötzlich dachte ich, ich muss im Innern schauen. Dann hämmerten folgende Sätze in meinem Gehirn: „Ich muss alles loslassen, das Schlechte als auch das Gute. Auch mein Leben. Erst wenn ich alles loslasse, kann ich alles bekommen.“ Als ich das erkannte, tauchte plötzlich ein kleiner Fisch zwischen meinen Beinen auf, er schaute mich freundlich an. Ich sah es in dem Augenblick als ein Zeichen vom Meister. Dann bückte ich mich und streichelte den Fisch. In dem Moment wachte ich in einem anderen Raum auf. Meine Frau lag neben mir, sie schlief noch. Ich stand auf und ging zum Geländer unsere Galerie im Schlafzimmer und schaute durch die riesigen Fenster raus ins Freie. Es war schönstes Wetter. Ich war in einem sehr luxuriösen Haus, das meins war und sagte zu mir: „Ich muss es loslassen, nichts hiervon gehört mir, nichts ist mein und war nie mein. Nicht mal meine Frau ist meine Frau. Der Meister sagt im Zhuan Falun (mit meinen Worten): Du denkst zwar es wäre dein, es ist aber nicht dein. Auch andere werden sagen, dass es deins sei. Die Eigensinne werden an deinen eigenen Vorteilen beseitigt. Ich muss alles loslassen, selbst mein Eigenes Leben. Ich darf nach nichts Trachten und ich will auch nichts mehr haben. Ich bin mit dem Meister hier um Lebewesen zu erretten und um mich zu kultivieren. Immer wieder kam der Satz, „du musst alles loslassen“. Dann wachte ich „wirklich“ auf.

Erkenntnis nach diesem Traum
Als ich aufwachte, war ich erst etwas verwirrt. Weil alles so echt war, dachte ich, dass ich bereits schon aufgewacht war. Aber jetzt lag ich wieder im Bett neben meiner Frau. Alles war gleich, nur das Haus hatte eine andere Form. Weil ich bereits im Traum, träumte, schlief und auf wachte, benötigte ich eine kurze Weile, bis ich begriff, dass ich „träumte“ und jetzt „wirklich“ wach bin. Irgendwann werde ich auch aus diesem jetzigen Traum aufwachen.

Anfangs fühlte ich mich schlecht, weil ich für längere Zeit nur schlechte Eigensinne, relativ leicht loslassen konnte. Aber die „guten“ Eigensinne, die hatten bei mir freien Lauf. Schlechte Eigensinne wie: Ungeduldig in, eigene Projekte vorziehen, Familie vor allen anderen schützen. Ich habe Leute schikaniert zum Beispiel: beim Auto fahren Hupen und ganz nah auffahren, wenn es zu langsam vorwärts ging, über Leute reden ohne deren Beisein. Es kommt noch Kampfgeist, Geltungssucht und Angst dazu. An diesen Eigensinnen hatte ich immer gearbeitet und arbeite auch immer noch daran, sie leicht zu nehmen, bzw. ganz abzuschleifen. Das funktioniert ganz gut.
Die „guten“ Eigensinne: Gut schlafen, sehr gut Kleiden, gut und gemütlich Wohnen, schön und reichlich Einkaufen; nur vom Feinsten, tolle Autos fahren, Urlaub, Familie geht vor, immer genug Geld haben, etc. Diese Eigensinne sollten jedoch von der Auflösung unberührt bleiben. „Das ist doch schön.“

Ich fühle mich beschämt und zugleich motiviert, an alle Eigensinne ran zugehen, um mich sehr schnell zu erhöhen und dem Meister und dem Fa anzugleichen. Auch war ich so frech und nutzte das Fa als Rechtfertigung für die schönen Eigensinne: Der Meister sagt im Zhuan Falun, Lektion 4, Verlust und Gewinn

„Vielleicht denken manche: Wir kultivieren uns unter den gewöhnlichen Menschen; wenn wir alles verlieren würden, wären wir dann nicht den Mönchen und Nonnen gleich? Alles zu verlieren scheint unmöglich zu sein. Unsere Schule fordert, dass der Teil, bei dem man sich unter den gewöhnlichen Menschen kultiviert, eben genau in der Gesellschaft der gewöhnlichen Menschen kultiviert wird und so weit wie möglich die Form der gewöhnlichen Menschen beizubehalten. Du wirst nicht dazu gebracht, wirklich etwas von den materiellen Vorteilen zu verlieren. Es kommt nicht darauf an, wie hoch dein Amt auch ist oder wie viel Vermögen du auch hast, das Entscheidende ist, ob du jenes Herz ablegen kannst.“

Ja, die Form der gewöhnlichen Menschen beizubehalten, aber nicht wie ein gewöhnlicher Mensch zu sein. An Herz ablegen, habe ich keine Gedanken verschwendet. Ich kann mich erinnern, immer wenn es Pässe gab, kam sofort: „Wir sollen uns doch unter den gewöhnlichen Menschen kultivieren.“ Gemeint war aber, wie die gewöhnlichen Menschen zu sein. Dadurch wird vieles mit den Augen und Ansichten von Menschen betrachtet und nicht von Menschen die einer Gottheiten entgegengehen. Der Meister sagt (mit meinen Worten): „Menschen leben für Gefühle, alles entspringt aus den Gefühlen.“ Wenn ich denke, ich bin ein Mensch, kann ich auch nicht so viel erwarten.

Auch jetzt während ich schreibe, habe ich ein seltsamen Gefühl, wenn ich daran denke, alles los zulassen. Daran erkenne ich, dass es nichts mit meinem wahren Wesen zu tun hat. Mensch, Gefühl, Angst. Der Meister sagt im Zhuan Falun, Lektion 9, Das reine Herz:

„Ich komme in die Gesellschaft der gewöhnlichen Menschen wie in ein Hotel, in dem ich mich nur ein paar Tage aufhalte, dann gehe ich schnell wieder weg. Manche hängen einfach stark an diesem Ort und haben ihr Eigenes Zuhause vergessen.“

Ich werde aufrichtig nur dem Weg, den der Meister für mich arrangiert hat folgen und zusammen mit dem Meister viele Lebewesen erretten und das Böse vernichten.

Durch diesen Traum habe ich verstanden, dass es äußerst dumm und frech ist, sich die Eigensinne auszusuchen, die man abschleifen möchte und die, die man behalten möchte, mit dem Fa rechtfertigt. Nach einem meiner Verständnisse sind Kultivierende Menschen auf dem Weg zu einer Gottheit. Auf welchem Weg war ich wohl mit dieser Ansicht?

Ich hoffe, dass alle Praktizierenden sehr gut und schnell vorankommen. Wenn die Zeit um ist, werden die Tränen groß sein und die heilige Chance wird nicht mehr existieren.

Liebe Mitpraktizierenden, habt Nachsicht und korrigiert mich, wenn es Fehler gibt.

Heshi!

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