Siegener Zeitung (D): Buddhas Hände und die Lebensschule (Foto)

»Falun Gong« in Siegener Parks / In China seit 1999 verboten / Anhänger werden verfolgt

pebe Siegen/Netphen. Warm steht die Luft im Park an der Oranienstraße. Nur zwei, drei junge Leute sitzen an einem der Wege auf einer Bank und reden miteinander. Ab und zu schauen sie zu den Bäumen hinüber, in deren Schatten ein schmaler junger Mann seine Isomatte ausgebreitet hat. Ein CD-Rekorder steht daneben, leise Musik sickert aus den Boxen, es folgen kurze Sätzen auf Chinesisch.

Der junge Mann legt unter dem Bauchnabel die Handflächen ineinander, konzentriert sich, beginnt mit einer Reihe ruhiger Bewegungen und lässt sich dabei von den chinesischen Anweisungen auf der CD leiten. »Diese Übung heißt ,Der Buddha breitet die 1000 Hände aus’«, erklärt er später. Sie ist eine von fünf Übungen im Falun Gong.

Björn Michael Weber aus Netphen praktiziert diese chinesische Meditationsform seit anderthalb Jahren. »Falun Gong«, erklärt er und stellt sich auf der Matte zurecht, »ist ein spiritueller Weg. Dabei geht es um die Kultivierung des ganzen Menschen. Die Übungen sollen helfen, Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht und Toleranz zu entwickeln und im Alltag zu praktizieren.« Dann breitet er die Arme zur »Pfahlstellung« aus.

So einfach ist das. – So einfach? Falun- Gong-Anhänger würden in China immer wieder verfolgt, heißt es in einer Informationsschrift der internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. Mehrere 100 von ihnen seien durch Folter und Misshandlungen getötet worden. Hunderttausende seien Zwangsmaßnahmen durch die chinesische Regierung ausgesetzt. 1999 sei Falun Gong in der Volksrepublik China verboten worden. Das Europa-Parlament und der US-Kongress hätten die chinesische Führung in Resolutionen dazu aufgefordert, die Verfolgung von Falun Gong-Praktizierenden zu beenden. Und warum diese Verfolgungen? Björn Weber schüttelt den Kopf: »Ich sehe keinen vernünftigen Grund dafür. Falun Gong ist unpolitisch.«

Vielleicht sind es ja gerade der Verzicht auf politische Parolen und Ideologien einerseits, die Konzentration auf den Einzelnen andererseits, die politische Sprengkraft entfalten. Derzeit setzt sich Björn Weber für eine verhaftete Chinesin ein. Die 31-jährige Xiong Wei, so berichtet er, sei nach mehrjährigem Studium in Berlin von der Pekinger Polizei verhaftet worden, als sie Informationsmaterial über die Verfolgung von Falun Gong in China verteilt habe. Weber: »Ich mache daraus keine Politik, aber es ist Unrecht, was da geschieht.«

Falun Gong oder Falun Dafa, wie es auch heißt, sei ein »traditioneller spiritueller Weg« in China, berichtet er später. In früheren Jahren seien die Übungen von den Lehrern nur an einzelne Schüler weitergegeben worden. 1992 dann habe »Meister Li Hongzhi« die Übungen allgemein zugänglich gemacht. Sei dies nun historische Tatsache oder Legende – der Meister mit missionarischem Impetus hatte jedenfalls rasch rasanten Erfolg, und das nicht nur in der Volksrepublik.

In Deutschland ist die Falun Gong-Gemeinde allerdings klein, Weber schätzt die Praktizierenden hierzulande auf etwa 1200 bis 1400. Wenn der gelernte Bankkaufmann und derzeitige Zivildienstleistende nicht allein meditieren will, dann muss er bis ans südliche Ende des Siegerlandes fahren. Der 22-Jährige hat sich die Übungen seinerzeit selbst beigebracht. Über einen Bekannten kam er an Li Hongzhis Buch »Zhuan Falun«, las sich fest und begann mit dem Praktizieren. Derzeit übt er Samstags um 15.15 Uhr im Oranier-Park und Sonntags im Schlosspark.

Die enge Verwandtschaft mit dem traditionellen Chi Gong fällt auf. Weber bestätigt das. Er lasse sich auf diese »buddhistische Schule« ein, sagt er, denn »sie unterstützt mich bei meinem Gang durchs Leben.« Und im Üben von Barmherzigkeit, Toleranz und Wahrhaftigkeit, das wissen auch andere spirituelle Wege, ist niemand auf dieser Welt Meister. Da bleibt jeder ein Schüler.

Quelle: http://data.siegener-zeitung.de/sz-neu/lokales/artikel/200306247320250

Alle Artikel, Grafiken und Inhalte, die auf Yuanming.de veröffentlicht werden, sind urheberrechtlich geschützt. Deren nicht-kommerzielle Verwendung ist erlaubt, wenn auf den Titel sowie den Link zum Originalartikel verwiesen wird.

Das Neueste

Archiv