Perspektive eines Wissenschaftlers über Falun Gong (Teil 1)

Herr Zhong Weiguang, ein in Deutschland lebender chinesischer Wissenschaftler und Autor, begann seine Untersuchung von Falun Gong nach dem Appell vom 25. April, als 10.000 Praktizierende sich friedlich in Peking versammelten, um bei der Regierung eine faire Behandlung einzufordern. Anlässlich der Gelegenheit des 21. Jahrestags der Vorstellung von Falun Gong auf der Welt, teilte Herr Zhong seine Beobachtungen in einem Interview mit Minghui.org mit.

Das Folgende wurde auf der Grundlage des Interview-Transkripts wiedergegeben.

Herr Zhong Weiguang

Der 25. April-Appell zog meine Aufmerksamkeit auf sich

Anfang Sommer 1999 las ich Nachrichten über den 25. April-Vorfall in einer deutschen Zeitung. Davor wusste ich nichts über Falun Gong. Daher war ich überrascht und ein bisschen schockiert, aber auch erfreut.

Menschen in China sind durch so viele „Kämpfe“ gegangen, insbesondere das Tiananmen Platz Massaker von 1989, welches einfach die Erinnerungen von Terror unter den Händen ihrer eigenen Regierung verstärkte. Und plötzlich, 10 Jahre nach dem Massaker, hatten sich wieder 10.000 Chinesen friedlich in der Nähe des Zhongnanhai Regierungskomplexes versammelt. Ich konnte es kaum glauben.

Diese Menschen waren friedlich und räumten sogar hinter sich auf, bevor sie weggingen. Ich konnte auch das kaum glauben, da wir alle wissen, dass Chinesen solchen Dingen nicht so viel Beachtung schenken. Diese 10.000 Menschen in China, die spontan an einer Veranstaltung teilnahmen und ohne spezielle Instruktionen aufräumten, zeigten im Vergleich zu den alltäglichen Chinesen einen Charakter von hoher Qualität.

Außerdem hat dieser Appell nicht so lange gedauert. Die darauffolgende Niederschlagung löschte Falun Gong nicht aus. Der Appell dauert bis zum heutigen Tage an – und hat sich weiterentwickelt.

Anfangs konnte ich die Nachrichten, die ich las, nicht glauben. Ich wusste zu gut, dass die paar Jahrzehnte unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) die chinesischen Traditionen völlig zerstört hatten. Die chinesische traditionelle Kultur wurde so oft wiederholt sabotiert, dass sie – gleich einem Stück Farmland – immer und immer wieder umgepflügt wurde. Der Schaden war enorm.

Doch dieses Mal, als die Sabotage anscheinend ihren Gipfel erreicht hatte, tauchte Falun Gong auf! Ich war angenehm überrascht. Doch ich konnte nicht herausfinden, woher seine Stärke kam.

Ich konnte die Kraft der Grundwerte von Falun Gong – Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht – damals nicht nachvollziehen. Später erkannte ich, dass dieser Glaube tief in den Herzen der Kultivierenden verwurzelt war. Andernfalls hätten sie nicht solch einen hohen Grad von Charakter entwickeln können.

Nach einiger Zeit erkannte ich, dass der 25. April-Appell durch Verleumdungen von He Zuoxiu, einem Universitätsprofessor, ausgelöst wurde. Bevor ich 1988 nach Deutschland kam, arbeitete ich am Institut für Wissenschaftsgeschichte an der Chinesischen Akademie für Naturwissenschaften und so war ich vertraut mit Leuten wie He Zuoxiu. Ich wusste auch, dass die „akademischen Gedanken“ des „Wahrheitsdezernats“ lediglich politische Propagandawerkzeuge für zunehmende Attacken waren. Alles arbeitete daran, die Macht der Kommunistischen Partei Chinas aufrechtzuerhalten.

Die „intellektuellen Eliten“ des Propagandadezernats, welche von Yu Guangyuan geleitet werden, sind zuständig für die Medienzensur und kreieren fabrizierte Nachrichten. Eine solche Propagandataktik fing im Jahre 1949 an. Die Leute in dieser Gruppe wurden später die Hauptverfechter der KPCh-Ideologie in den Bereichen Dialektik, Redekunst, Philosophie und der Geschichte von Wissenschaft. Die meisten der ideologischen Artikel, welche bei verschiedenartigen Verfolgungskampagnen als Waffen dienten, wurden von dieser Gruppe geschrieben.

He Zuoxiu begann seine Karriere, indem er die Aktentasche für Yu Guangyuan trug. Später wurde er in die frühere UDSSR geschickt, um Physik zu studieren. Liu Dun, der Leiter des Instituts für Wissenschaftsgeschichte, ist ebenfalls ein Repräsentant dieser Gruppe.

Meine Überlegungen nach dem Kennenlernen von Falun Gong

Ich brachte mir selbst Philosophie bei, als ich während der Kulturrevolution 1969 auf ein ländliches Gebiet geschickt worden war. Während ich reflektierte, erkannte ich, dass ich vor 20 Jahren von der KPCh getäuscht worden war und ich nicht mehr an den Marxismus glaubte.

1970 begann ich meine systematischen Studien in Philosophie, Mathematik, Physik, Fremdsprachen und Geschichte. Ich wollte in der Lage sein, die wahre Natur der KPCh klar darzustellen und zu erläutern. In den frühen 1980ern, wurde ich Doktorand am Institut für Wissenschaftsgeschichte an der Chinesischen Akademie für Naturwissenschaften.

1999 stieß ich auf einige westliche Bücher über Totalitarismus, besonders die Werke von G. Dahrendorf. Gemäß Dahrendorf besitzt der Totalitarismus zwei Hauptcharakteristiken: einen Gegensatz zu zeitgenössischen Menschenrechten und Freiheiten und eine Grundhaltung gegen traditionelle Werte. Außerdem sagt Dahrendorf, dass Totalitarismus zu Widerstand und Konfrontation verpflichtet ist.

Ich war jedoch verwirrt, warum ich nicht irgendwelchen Widerstand oder Bewegungen einer traditionellen Kraft gegen das Regime gesehen hatte, seitdem dies seit seines Beginns 1949 gegen die traditionelle Kultur gewesen war. Nach den 1990-ern schienen oberflächlichgesehen viele Bereiche in China den Traditionen nicht mehr so entgegenzustehen. Sie wendeten sogar manche Formalitäten der traditionellen Kultur an. Könnte die KPCh denn mit der traditionellen Kultur friedlich koexistieren?

Es war genau während dieser Zeit, als Falun Gong auftauchte. Während meines Interviews mit der British Broadcasting Corporation (BBC), Ende 1999, deutete ich an, dass das Falun Gong-Phänomen das Erwachen und die Wiederbelebung der traditionellen chinesischen Kultur repräsentiere und dass es nicht das Ergebnis der pro-demokratischen Bewegung von 1989 sei. Meine Sichtweise war damals nur eine grobe Theorie.

Im Februar 2002 war ich während eines Besuches des früheren Generalsekretärs Jiang Zemin in Berlin bei einigen Protestaktivitäten anwesend. Es war das erste Mal, dass ich einen Falun Gong-Praktizierenden kennenlernte und diese Erfahrung half mir, eine Perspektive aus erster Hand zu gewinnen.

Ich wusste, dass einige der Falun Gong-Praktizierenden 1989 an den Studentenprotesten teilgenommen hatten. Viele von ihnen waren nun darauf fokussiert, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und Geschäfte zu machen. Diese besonderen Falun Gong-Praktizierenden fuhren lange Strecken, um bei sehr kalter Witterung an den Berliner Protesten teilzunehmen. Sie nahmen sogar trotz des kalten Wetters ihre Kinder mit. Ich war sehr bewegt. Dies beeindruckt mich tief.

Falun Gong-Praktizierende handeln nach ihren Herzen, eher als nach einer Organisation, Anweisung oder für persönliche Vorteile. Als ich einen Praktizierenden fragte, wie viele denn zu den Protestaktivitäten kommen werden, sagte er, er wisse dies nicht, aber dass Leute kommen werden, wenn es an der Zeit sei. Ehrlich gesagt, ich war skeptisch. Ich dachte, dass mir die wahre Information nicht gegeben würde, weil ich ein Außenseiter war. Aber heute, 10 Jahre danach, glaube ich, was er mir erzählte. Jede Aktivität wurde auf diese Weise behandelt und sie haben immer stattgefunden.

Die gegenwärtige chinesische Sozialwissenschaftslogik ist eigenartig. Zum Beispiel ist der 25. April-Appell unvorstellbar und unlogisch für die Chinesen, die unter den Händen der KPCh so viele brutale Verfolgungen durchgemacht haben. Besonders nach der blutigen Niederschlagung 1989 kann es mit der „normalen“ chinesischen Logik nicht erklärt werden, dass so viele Menschen sich immer noch spontan in der Nähe von Zhongnanhai versammeln und dabei solch eine gute Disziplin wahren. Wenn wir es aber von einer anderen Perspektive aus betrachten, aus der Perspektive von jemandem, mit einem wahren, echten Glauben, dann war nicht teilzunehmen, einfach unvernünftig.

Diese Ansicht beabsichtigt, allen Chinesen, einschließlich mir, einem selbstproklamierten freien Intellektuellen, zu zeigen, dass Mentalität und Logik der Chinesen sich so sehr von jener von Menschen in normalen Gesellschaften unterscheiden. Dies ist eine Folge des lange verdrehten Umfeldes, welches unter strikter Überwachung und Kontrolle in China ständig manipuliert wurde.

Ich las in den 30Jahren vor 1999 viele Bücher. In den frühen 1990-ern hörte ich auf, über das Bezugssystemdenken des Westens nachzugrübeln und fing an, die chinesische traditionelle Kultur neu zu bewerten. Aus meinem Verlangen, kulturelle Phänomene zu untersuchen, begann ich meine Recherchen über Falun Gong. Solches Denken hat sowohl mein Verständnis für die chinesische traditionelle Kultur inspiriert und ausgeweitet, als auch mein Verständnis für die ganze Welt.

Wird fortgesetzt.

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