Deutschland: ai-Journal Dezember 2002 – CHINA

In China steigt die Zahl der Internetnutzer stetig. Doch den Behörden ist die ungehinderte weltweite Information und Kommunikation per Computer suspekt. Streng wachen sie über vermeintlich staatsfeindliche Inhalte.

Die Zahlen sind beeindruckend: Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Chinesen, die das Internet nutzen, auf fast 46 Millionen. Das ist eine Zunahme von rund siebzig Prozent. Nur in den USA nutzen mehr Menschen das World Wide Web (WWW). Wenn die Entwicklung so weiter geht, ist Chinas Internetmarkt bald der größte der Welt.

Für die politische Führung des Landes birgt dies aber nicht nur Genugtuung. Als Teil des wirtschaftlichen Modernisierungsprozesses kann und will sie das Internet nicht stoppen. Zur Erhaltung und Sicherung der eigenen Macht setzt sie jedoch alles daran, den Zugang zum Netz zu kontrollieren. Auch wenn die Zahl der Internetnutzer im Vergleich zur Gesamtbevölkerung noch klein ist, fürchten die Machthaber in Peking die Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten des neuen Mediums. So können im Internet regierungskritische Meldungen ebenso weitergegeben werden, wie Ansichten und Meinungen relativ ungehindert ausgetauscht werden. Vorgänge, die bisher in China kaum möglich waren.

Aus diesem Grund versuchen die Behörden auf vielfältige Weise, den ungehinderten Informationsfluss zu reglementieren. Wenn möglich, wird der Zugriff auf Internetseiten von Dissidenten und verbotenen Organisationen sofort blockiert. Dadurch soll der Zugang zu Informationen über Falun Gong oder Menschenrechtsgruppen erschwert werden. Betroffen davon sind auch Internetangebote von amnesty international.

(…)

Der Überwachungsapparat der Behörden wurde seit Chinas Anschluss an das WWW im Jahr 1994 immer weiter ausgebaut. Mehr als 30.000 Beamte der Staatssicherheitsbehörden analysieren die in der Volksrepublik eingerichteten WWW-Seiten und kontrollieren den Austausch von elektronischen Nachrichten und Gespräche in so genannten „Chat Rooms“. Gesucht wird nach Inhalten, die als „Staatsgeheimnisse“ gelten könnten. Dieser in China sehr weit gefasste Begriff schließt auch Informationen mit ein, die die staatliche Sicherheit nicht direkt betreffen. Als „Staatsgeheimnis“ kann in diesem Sinne auch ein Bericht über soziale Proteste in einer entlegenen Provinz interpretiert werden. Macht sich ein Internetnutzer der Weitergabe von solchen „Staatsgeheimnissen“ strafbar, kann dies unter Umständen mit einer langjährigen Haftstrafe, in besonders schwer wiegenden Fällen sogar mit dem Tode bestraft werden.
Auch Internetfirmen, die den lukrativen chinesischen Markt beliefern wollen, werden von den Behörden zur Kontrolle aufgefordert. Von Anfang an soll klar gestellt werden, dass Internetanbieter keine subversiven Inhalte ins Netz lassen.

Im März 2002 veröffentlichten sie eine „Öffentliche Erklärung zur Selbstdisziplin“. Die Unterzeichner verpflichteten sich darin, „keine gefährlichen Informationen zu produzieren, zu veröffentlichen oder zu verbreiten, die die staatliche Sicherheit oder die soziale Stabilität gefährden könnten“. Bis zum Sommer haben mehr als 300 Firmen diese Erklärung unterzeichnet, darunter auch der weltweit tätige Anbieter Yahoo.

Dirk Pleiter

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