Die Wirklichkeit erkennen: Interview mit einem englischen Praktizierenden über die Anti-Folterausstellung

Die Anschaulichkeit und der Nachbau der Foltergeräte der Anti-Folter-Ausstellung vor dem Parlamentsgebäude am 18. Juli hinterließen tiefen Eindruck, nicht nur bei den erwarteten Betrachtern unter den vorbeigehenden Touristen, sondern bei allen Beteiligten. Für Zek Halu, einen Falun Gong-Praktizierenden aus London, der an dieser Ausstellung beteiligt war, setzte sich ein innerer Prozess fort, der angefangen hatte, als er die Geschichte einer Praktizierenden las, deren Gesicht durch sieben Stunden dauernde Elektroschocks entstellt worden war. „Sie war eine wirklich schöne, überwältigend aussehende junge Frau, deren Gesicht und Leben durch diese Folter zerstört wurde. Zuerst war die Wirkung auf mich, als ich das las, gar nicht so wahrnehmbar, wissen Sie, ich weinte ein bisschen und das war’s dann. Dann merkte ich, dass ich aufhörte, so viel zu schlafen. Ich fing an, viel weniger lang zu schlafen und jedes Mal, wenn ich aufwachte, dachte ich: “Was kann ich heute tun, um diesen Frauen besser zu helfen?“ Heute, da ich an dieser Anti-Folter-Ausstellung beteiligt bin, wurde dieses Gefühl einfach noch vertieft; ich fühle, dass ich weniger Zeit für mich habe und ich möchte nicht mehr alles für mich selbst tun. Ich möchte hingegen alles mir mögliche daran setzen, um die Verfolgung solcher unschuldiger Menschen, die an Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht glauben, bekannt zu machen.“

Diese Anti-Folter-Ausstellung war die erste dieser Art in England, anknüpfend an den ungeheuren Erfolg solcher Ausstellungen in den USA und anderen Ländern in der ganzen Welt.

Für viele Menschen, sogar Falun Gong-Praktizierende, bleibt die Falun Gong-Verfolgung in China etwas schier Unglaubliches, weit Entferntes und nicht Greifbares. Es ist für sie etwas, das sie nur aus namenlosen Statistiken und Geschichten kennen. Die Qual, Brutalität und der Schrecken der Foltermethoden und ihrer Wirkungen sind etwas, das man nicht in Worte fassen kann.

So wie die Not der jungen Opfer in China und die Anti-Folter-Ausstellungen die Wirklichkeit der Verfolgung Zek sehr viel näher gebracht haben, so hofft man, dass diese Ausstellung durch lebhafte Darstellung der Wirklichkeit quälender Folterung, den Menschen deutlich machen möge, was wirklich in China passiert.

Zek beschreibt, dass sich die vorhergehenden Befürchtungen, dass die anschauliche Ausstellung einige Menschen abstoßen oder verletzen könnte, sich als unbegründet erwiesen.
„Meine Erfahrung war die, dass die Menschen wach wurden und wirklich helfen wollten. Während wir hier einen sonnigen Sonntag in London verbringen und viele Menschen sich ausruhen oder spazieren gehen, dauern gleichzeitig diese entsetzlichen Folterungen in China an. Frauen, Männer und Kinder werden auf die grauenhafteste Art zu Tode geprügelt. Wir zeigen einige der 117 Folterungsarten, die Amnesty International beschreibt. Diese sind so erschreckend, dass die Menschen wirklich tief berührt und aufgeschreckt werden. Wir erklären zuvor, dass sie alle nur nachgestellt sind, niemand dabei verletzt werde, die schrecklichen, klaffenden Wunden nur ein Make-up sind und dass alle Vorrichtungen ausschließlich theatralische Requisiten sind. Aber sie zeigen uns die furchtbare Wahrheit der Welt, in der wir leben.“

Vom Schatten der nahen Westminster Abbey aus betrachtet, sah man wie die vorbeigehenden Touristen, fast alle die Flugblätter annahmen und anhielten, um zuzuschauen. Viele hielten an, um die Petition zu unterschreiben, die Spruchbänder zu lesen und mit Praktizierenden zu sprechen.

Zek betont die dringende Notwendigkeit für einfühlendes und mitfühlendes Handeln, damit klar wird, dass die Ausstellung dazu dienen soll, die Menschen verantwortungsvoll über die Wirklichkeit zu informieren und nicht, sie zu schockieren. Da Zek sich freiwillig zur Verfügung gestellt hatte, unter Verwendung eines Megaphons, mit den Betrachtern über die dargestellten Szenen zu sprechen, stand er vor dem Problem, einfühlsam mit den Zuschauern umzugehen und gleichzeitig nicht davor zurückzuscheuen, ihnen die Wirklichkeit zu erzählen. Er ist sich sicher, dass sie ein Recht haben, das zu erfahren und dies herauszustellen, seine Verantwortung ist. „Die erste Folterungsart, über die man sprechen muss, ist die Schwangerschaftsunterbrechung und das treibt mir die Tränen in die Augen. Ein acht Monate alter Embryo wird vergiftet und erleidet vielleicht einen etwa 42 Stunden dauernden Todeskampf, bevor er stirbt und aus dem Körper der Mutter ausgestoßen wird. Ich will nicht als erstes davon sprechen. Es ist für mich das entsetzlichste Verbrechen, ein Leben zu zerstören, fast noch bevor es angefangen hat. Also denke ich an jene Menschen, die da stehen und entsetzt zuhören. Ich mache meine Stimme sanfter, spreche ganz ruhig und milde, ohne Schärfen in der Stimme, weil ich nicht will, dass die Menschen noch mehr verletzt werden, als durch das, was sie zu sehen bekommen. Ich versuche, diese Menschen zu erreichen und es ihnen leichter zu machen, den Horror vor dem, was geschieht, in sich aufzunehmen. Ich muss dabei aber die Wahrheit des Geschehenen mitteilen, es ist fürchterlich! Ich meine, wenn ich das, was geschieht, beschreibe, muss ich das auf eine Art tun, die nicht hart, nicht fanatisch, nicht extrem, nicht sensationslüstern ist. Es ist leicht, sensationslüstern zu sein wegen der Folterungen, weil sie so schreckliche Dinge sind. Das Ziel ist nur, zu informieren, dass DIES gerade heute passiert. Was ihr seht, ist nur ein winziger Teil und nun liegt es an den Menschen selbst, das zu tun, was getan werden muss. Sie können tun, was sie möchten, wir zeigen ihnen die Dinge nur voller Hoffnung und mit Erbarmen, zurückhaltend und freundlich. Das ist der Zweck.“

Für Zek ist das Informieren der Menschen eine Möglichkeit, ihnen einen Weg aufzuzeigen, Verantwortung zu tragen für das, was in China geschieht und dazu, die Verfolgung aktiv zu verurteilen, statt sie passiv zu ertragen. „Wir versuchen, die Menschen zu informieren. Warum? Aus Erbarmen mit ihnen: Wenn jemand gefoltert wird, so werde auch ich gefoltert. Wenn ein Falun Gong-Praktizierender gefoltert wird, so werde auch ich gefoltert und das gilt auch für die Menschen hier. Sie wissen das auch und sind dabei zu lernen, dass, wenn sie das nicht verurteilen, sie tatsächlich an den Folterungen beteiligen. Darum ist meine Aufgabe einfach die, ihnen wohlwollend zu begegnen und ihnen verständlich zu machen, “wenn ich schweige, nehme ich daran teil, ich werde zum Instrument der Verfolgung. Wenn ich nichts sage, unterstütze ich die Verfolgung.“ Das ist genau die Wahl, die heutzutage jeder zu treffen hat.

Das ruhige Erdulden der Praktizierenden, die die Rolle der Folterungsopfer spielen, war nach Zek ein wirkungsvoller Teil der Ausstellung. „Es ist schmerzhaft. Du musst nur versuchen, so zu sitzen. Und die Menschen empfinden das. Wenn sie die Praktizierenden das tun sehen, werden sie davon berührt, weil sie sehen, wie ernsthaft und aufrichtig wir sind.“

Tatsächlich hat es ihn auch berührt, zu sehen, wie die Mitpraktizierenden sich diesem Ereignis annäherten und sich darauf vorbereiteten. Wenn etwas getan werden musste, dann wurde es getan. Dazu kam, wie ernsthaft alles getan wurde. (Da war jedoch auch Lachen. Zwischen all den ernsthaften Szenen gab es auch eine Menge Freude). Ich erinnere mich, dass eine Praktizierende hereinkam und sie gebeten wurden würde, eine Gefolterte zu spielen; sie setzte sich hin und dachte ernsthaft darüber nach. Die Leute, welche die Wärter spielen sollten, wollten gern die Strenge jener Burschen in den Arbeitslagern darstellen, damit sie den Menschen die wirkliche Lage zeigen könnten und wie entschlossen jene Wärter sind.“

Es scheint jedoch so, als sei Zek nicht der einzige Mensch, für den die Anti-Folter-Ausstellung eine große Erfahrung gewesen ist. Er nennt einen chinesischen Praktizierenden als Beispiel: „Der Mann, der den Rahmen baute, an den die Menschen gefesselt werden, wollte diesen Rahmen nicht herstellen. Er weinte und sagte, er wolle diesen Rahmen nicht machen, weil es so ein schreckliches Gerät ist, er weinte und wollte das wirklich nicht machen. Aber schließlich machte er es doch und wir können es heute zu so einem großen Zweck benutzen.“ Wenn man die blutbefleckten Hemden und monströsen Geräte ansieht, die auf der Ausstellung gezeigt werden, kann man die Gefühle dieses Praktizierenden begreifen. Kein Mensch möchte mit solchen Dingen von Leiden und Todeskampf zu tun haben, noch weniger möchte man sie nachbauen. Aber solange sie noch existieren und zu so bösen Zwecken benutzt werden, haben wir keine andere Wahl, als uns der Wirklichkeit zu stellen und alles was wir können, zu tun, um sie der Welt zu zeigen.

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