Eine Prophezeiung aus Nordeuropa

„Voluspa, die Prophezeiung der Wahrsagerin,“ ist ein berühmtes Epos aus Nordeuropa (Deutschland und skandinavische Halbinsel). Wie bei anderen epischen Dichtungen ist es auch hier unmöglich, die Einzelheiten seines Ursprunges zu belegen. Allgemein wird angenommen, dass es während der Wikingerzeit geschrieben wurde, also bevor das Christentum Nordeuropa eroberte. Es kann aber auch schon früher entstanden sein. Es erzählt von der Erschaffung, Zerstörung und Wiedererschaffung des Universums.

Das Epos beginnt mit einer Beschreibung von der Erschaffung des Universums. Diese Beschreibung ist der chinesischen Erzählung über die Erschaffung von Himmel und Erde durch den Riesen Pan Gu bemerkenswert ähnlich. Am Anfang ist das Chaos. Dann erscheinen Götter und Riesen, danach folgt die Erschaffung der Menschen und aller Dinge auf der Erde. Das Epos schildert dann die Zeit Ragnarok, die kommen wird und das Ende aller Götter mit sich bringt. Der Prophezeiung zufolge werden alle Götter einer vorherbestimmten Katastrophe gegenüberstehen. Es wird zu einer heftigen Schlacht zwischen den guten und den bösen Mächten im Universum kommen, die in totaler Zerstörung endet. In dieser Totenstille taucht ein prächtiger Gott auf, der ein letztes Urteil über alles fällt. Eine neue Welt wird dann erschaffen werden, und alle Götter, einschließlich jener, die in der Schlacht starben, werden wieder auferstehen. Eine friedliche Glückseligkeit folgt, und jene glücklichen Menschen, denen es gelungen war, zu überleben, werden in eine neue Zukunft eintreten.

Im Folgenden wird eine Auswahl aus dem Epos wiedergegeben:

In der Urzeit lebte Ymir:
war nicht Meer, nicht Land, nicht salzige Wogen,
war weder Erde, noch der obere Himmel,
nur ein Starren in nichts, und nirgends ein Grün.
War dann das Land, emporgehoben von Bur's Söhnen,
die Midgard schufen, die unvergleichliche Erde;
es scheint von Süden die Sonne auf trockenes Land,
weich der Boden von Grün bewachsen.
Ins Meer das Land versinkt, verdunkelt die Sonne,
vom Himmelsgewölbe fallen die hell strahlenden Sterne;
quellen hervor aus den Eingeweiden der Erde Dämpfe und Feuer,
Flammen lodern empor, geradewegs gen Himmel.

Die Schicksale, die ich ergründe, noch weiter sehe ich:
die gewaltigen Götter verschlungen vom Tod.
(Beschreibung der Schlacht)

Grün bewachsen, sehe ich wieder die Erde,
erhebt sie sich aus Meeresfluten;
dann im Gras die goldnen Zeichen,
die weit berühmten, wieder gefunden,
die sie in alten Zeiten besessen.
Es werden der Götter alle, dort unschuldig wieder thronen,
und ewig leben in Leichtigkeit und Glückseligkeit.
Herab kam zum Schicksal der Welt die große Gottheit,
die über Allem herrscht.

Dieses Epos ist in mehreren Versionen übersetzt worden. Von Übersetzung zu Übersetzung unterscheiden sich kleine Details, und alle sind dunkel und schwierig zu verstehen. Doch die grundlegende Bedeutung wird in allen Versionen übereinstimmend dargestellt. Die Unterschiede in den Übersetzungen spiegeln die Unterschiede des Verständnisses der Übersetzer wider. Allen gelang es aber, die grundlegende Bedeutung des Epos zu begreifen, und die vermutlich der Absicht des Autors zugrunde lag. Tatsächlich muss eine Prophezeiung in diesem Stil geschrieben werden. Es war nicht die Absicht des Autors, es den Menschen absichtlich zu erschweren, das Epos zu verstehen. Die Prophezeiung darf nicht zu sehr enthüllen, sonst läßt sie die Illusionen platzen, die unsere Welt bilden. Noch ein anderer Grund für die Unbestimmtheit des Epos kann auch der Grad von Verständnis des Autors über seine Visionen sein. Hinter Prophezeiungen sind Gottheiten, die eine Botschaft überbringen wollen. So wurde bestimmten Menschen erlaubt, eine Verbindung mit anderen Dimensionen herzustellen und als Kanal zwischen den Göttern und der Menschengesellschaft zu dienen. Götter zeigten ihnen Visionen von der Vergangenheit oder der Zukunft, und die Visionen selbst können Dinge widerspiegeln, die in anderen Dimensionen geschehen waren oder geschehen werden. Wenn verschiedenen Menschen die gleiche Vision gezeigt wird, kann das, was sie sehen, voneinander abweichen. Bevor diese Dinge wirklich in der Menschenwelt geschehen, können die Menschen sie vielleicht nur auf einer metaphorischen Ebene verstehen.

Überall in der ganzen Welt existieren in den verschiedenen Kulturen viele ähnliche Prophezeiungen. Die jüdisch-christliche Tradition spricht zum Beispiel vom „jüngsten Gericht“. Sowohl die Maya als auch die Hopi haben ähnliche „Mythen.“ Der einzige Unterschied liegt in der Verwendung anderer Begriffe. Statt vom „jüngsten Gericht“ reden sie von einer Zeit der „Reinigung,“ oder „Läuterung“. All jene Prophezeiungen reden vom gegenwärtigen Zeitraum. Die Evolution des Universums ist zyklisch und hat verschiedene Stoffwechselphasen. Wenn aller Schmutz und Abfall beseitigt ist, wird es wie ein lebender Körper gesund und kommt in Ordnung.

Dass in dem Epos Götter eine Katastrophe erleiden, erinnert mich an eine Prophezeiung aus der Ming Dynastie. Im folgenden wird die Aufzeichnung einer Konversation zwischen dem ersten Kaiser der Ming Dynastie, Zhu Yuanzhang, und dem berühmten Propheten Liu Bowen wiedergegeben.

Kaiser: Was wissen Sie über das Tao (A.d.R.: das Dao, die höchste Wahrheit, von der im daoistischen System gesprochen wird) in dieser Zeit zu sagen?

Liu: In der letzten Phase der Periode des Verfalls des Fa (A.d.R.: kosmisches Gesetz) werden Tausende großer erleuchteter Wesen in die menschliche Welt herabsteigen;
desgleichen Hunderte von Buddhas.
Der Himmel voller Taos, Unsterblichen, Bodhisattvas, und so weiter; sie werden es schwer finden, der heraufziehenden Katastrophe zu entkommen.
Kein anderer als der Buddha der Zukunft selbst steigt herab, das Fa im letzten Augenblick zu verbreiten.
Alle Buddhas und Taos im Himmel oder in der Menschenwelt
können nur verschont werden, wenn sie das Glück haben,
durch ein "goldenes Band" mit dem Fa verbunden zu sein;
ansonsten wird ihre Fruchtposition herunter geschnitten.
Nach dieser Periode des Verfalls versiegelt Maitreya insgesamt 81 Katastrophen.

Diese zwei Prophezeiungen haben erstaunliche Parallelen. Wir werden die Einzelheiten von Lius Prophezeiung in einem künftigen Artikel diskutieren.

Einige Menschen könnten es für zu weit hergeholt halten, Prophezeiungen verschiedener Kulturen in Beziehung zu setzen. In Wirklichkeit ist es überhaupt nicht weit hergeholt. Wenn sich in der Vergangenheit eine Prophezeiung vorwiegend auf das eigene Volk bezog, dann dient heute eine Prophezeiung der ganzen Welt. Das ist so, weil durch die modernen Transportmittel und die Telekommunikation die Entfernungen in der Welt in einer Weise zusammengeschrumpft sind, dass sich zum Beispiel das tägliche Leben in Amerika mit dem in China mischt. Wenn eine alte Prophezeiung aus China die Chinesen betraf, so folgt sicherlich daraus, dass es auch die Menschen außerhalb des Festlandes China beeinflußt. Die alten Prophezeiungen der verschiedenen Kulturen weisen in wesentlichen Punkten ihrer Beschreibungen von Ereignissen, die heute in der Welt stattfinden, Übereinstimmungen auf. Warum dies der Fall ist, darüber sollten die Menschen ernsthaft und sorgfältig nachdenken.

Chinesische Version unter http://zhengjian.org/zj/articles/2001/11/10/12426.html
Englische Version unter: pureinsight.org./sci/sci/eng/newscontent.asp?ID012749
Übersetzt am: 10.02.2002
Original vom: 03.12.2001

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