GfbV: Memorandum der Gesellschaft für bedrohte Völker

Antiterror-Koalition
Kein Freibrief für Menschenrechtsverletzungen an Uiguren, Tibetern und Falun Gong-Anhängern

Memorandum der Gesellschaft für bedrohte Völker, Dezember 2001

Nach der Aufnahme der Volksrepublik China in die globale Antiterror-Koalition haben die Menschenrechtsverletzungen an Uiguren, Tibetern und Falun Gong Anhängern massiv zugenommen. Seit dem 11.September 2001 werden nicht nur Uiguren, sondern immer häufiger auch Tibeter und Falun Gong Anhänger von der chinesischen Regierung als Terroristen bezeichnet. Nicht Osama Bin Laden und radikale Muslime sind für die Eskalation der Gewalt in Xinjiang verantwortlich, sondern der Staatsterror Chinas und die systematische Unterdrückung der muslimischen Bevölkerung. Mit öffentlichen Schauprozessen, die allen rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechen, und Hinrichtungen politischer Gefangener hat China insbesondere in der von Uiguren bewohnten Region Xinjiang im Nordwesten des Landes ein Klima der Willkür und Einschüchterung geschürt. Am 11. November 2001 wurden erneut zwei Uiguren zum Tode verurteilt und hingerichtet. Mindestens 293 Uiguren wurden seit Februar 1997 aus politischen Gründen zum Tode verurteilt. Tausende müssen oft langjährige Haftstrafen verbüßen. Zu zwanzig Jahren Haft wurde am 11. November 2001 Abduhelil Zunun verurteilt. Er hatte die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in die uigurische
Sprache übersetzt und verbreitet.

Insbesondere im Westen der Provinz Xinjiang hat die Repression deutlich zugenommen. 1.740 Parteikader und Beamte sind in den letzten Wochen in die Stadt Kashgar gesandt worden, um die Bevölkerung umzuerziehen. Die Kader wurden angewiesen, vor allem die Umerziehung muslimischer Geistlicher voranzutreiben. Wie schon in Tibet, so sollen nun auch in Xinjiang die Glaubensgemeinschaften gleichgeschaltet werden. Dreizehn religiöse Zentren wurden geschlossen und 50 Gläubige verhaftet. Muslime wurden von den Behörden aufgefordert, während des Ramadan im November/Dezember 2001 entgegen den Vorschriften des Koran für gläubige Muslime nicht zu fasten. Schuldirektoren erteilten den Schülern entsprechende Befehle, deren Missachtung zum Schulverweis führen kann. In der Provinzhauptstadt Urumtschi wurden 210 Uiguren verhaftet und zehn uigurische Organisationen zerschlagen. 15.000 Sicherheitskräfte werden von der Regionalregierung nach eigenen Angaben im Kampf gegen Separatisten und Extremisten eingesetzt.

Auch in Tibet verschlechterte sich die Lage der Menschenrechte. Mit Planierraupen und systematischer Vertreibung betreibt Peking dort Religionspolitik. Mehr als 1.000 Häuser von Nonnen und Mönchen in der Umgebung des Buddhistischen Instituts Serthar wurden von Bulldozern im Sommer 2001 zerstört. 8.500 Nonnen und Mönche wurden vertrieben. Im Oktober 2001 wurden 800 Gebäude von Nonnen und Mönchen im Kloster Yachen Gar dem Erdboden gleichgemacht. Rund 1.500 Nonnen und Mönche mussten seither das Kloster verlassen. Mehrere hundert Tibeter wurden im Rahmen der „Schlag hart zu – Kampagne“ im Herbst 2001 verhaftet. Unter dem Vorwand der Kriminalitätsbekämpfung gehen die chinesischen Behörden ganz gezielt gegen Unterstützer des im indischen Exil lebenden Dalai Lama vor.

Die Verfolgung von Falun Gong-Anhängern hält weiter an. Mindestens 180 Falun Gong-Praktizierende starben seit Beginn der Unterdrückung im Juli 1999 im Polizeigewahrsam oder in Haftanstalten. Mit besonderer Besorgnis verfolgt die
Gesellschaft für bedrohte Völker die hohe Zahl von sogenannten „Selbstmorden“ von Falun Gong-Anhängern in chinesischem Polizeigewahrsam. Augenzeugenberichte deuten darauf hin, dass viele dieser Todesfälle unter Gewalteinwirkung von Polizisten und anderem Wachpersonal eintraten.

Empfehlungen

Wir appellieren an die Europäische Union (EU), jedem Missbrauch des weltweiten Kampfes gegen Terrorismus energisch entgegen zu treten…China hat sich durch seinen Staatsterror als Bündnispartner in der Antiterror-Koalition disqualifiziert.

…EU und die USA sollten daher nachdrücklich darauf drängen, dass die Menschenrechte von Uiguren, Tibetern und Falun Gong-Anhängern respektiert werden, alle politischen Gefangenen freigelassen werden, keine Folter in Gefängnissen und Polizeistationen mehr angewandt wird und die Todesstrafe abgeschafft wird. Der Ausbau der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu China muss von einer Verbesserung der Menschenrechtslage abhängig gemacht werden.

….

Die Europäische Union soll sich in der UN-Menschenrechtskommission im Frühjahr 2002 nachdrücklich für eine Verurteilung der schweren Menschenrechtsverletzungen in China einsetzen.

Auch soll sich die EU für ein Ende der Verfolgung von Falun Gong … engagieren.

Impressum:

Memorandum
Antiterror-Koalition: Kein Freibrief für Menschenrechtsverletzungen an Uiguren, Tibetern und Falun Gong

Herausgeberin und Copyright: Gesellschaft für bedrohte Völker – Deutschland
Text: Ulrich Delius
Redaktion und Bearbeitung fürs Internet: Yvonne Bangert
Druck: Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Dezember 2001
Das Memorandum, das hier nur in Auszügen wiedergegeben ist, umfasst 11 Seiten Din-a-4 und ist zum Preis von 10.- DM zzgl. Versandkosten bei der Gesellschaft für bedrohte Völker – Deutschland (GfbV) erhältlich.

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