Augenzeugenbericht einer Schwedin: Geheime Pressekonferenz in Peking am 28. Oktober 1999

Reise nach Dalian

Ich kam aus Schweden per Flugzeug am 24. August 1999 in Peking an und ging am nächsten Tag in die Stadt, die ich besuchen wollte, Dalian (eine Stadt im Nordosten Chinas). War es die richtige Entscheidung von zu Hause fort und nach China zu gehen, nachdem die Verfolgung von Falun Gong begonnen hatte? Was könnte ich in China tun, um zu helfen? Bevor ich abfuhr besprach ich die Sache mit Mitpraktizierenden und die meisten schlugen vor zu Hause zu bleiben oder falls ich ginge, keinen Kontakt mit dortigen Mitpraktizierenden zu suchen. Könnte ich ein ganzes Jahr dort bleiben, ohne zu versuchen mit einigen Praktizierenden in Verbindung zu kommen? Ich nahm mir zunächst vor abzuwarten und danach zu versuchen herauszufinden, was wirklich in China vorging.

Treffen mit einer Mitpraktizierende in China

Es dauerte fast einen Monat, ehe ich zum ersten Mal eine Verbindung herstellen konnte. Ich hatte eine Telefonnummer, die mir ein Praktizierender in Schweden gegeben hatte. Ich fand sie heraus und wählte sie. Eine Dame meldete sich und ich stellte mich vor, indem ich ihr erzählte, dass ich ihre Nummer von Freunden in Schweden erhalten hatte. Wir machten ab, uns in einem Restaurant zu treffen. Als ich sie erblickte, füllten sich meine Augen mit Tränen, als ich an die Leiden dachte, die sie und andere schon durchgemacht hatten. Ich war froh, sie zu sehen. Obgleich wir einander noch nie gesehen hatten, hatten wir einander viel mitzuteilen. Sie erzählte mir, dass viele Praktizierenden nach Peking gegangen seien, um an die chinesische Regierung zu appellieren und sie zu bitten, den Haftbefehl gegen Lehrer Li aufzuheben, alle Falun Gong- Praktizierenden freizulassen und den Ruf von Falun Gong wieder herzustellen.

Wir trafen uns am gleichen Ort noch einmal und beschlossen am folgenden Wochenende zusammen das Fa (Gebot) zu lernen. Als ich aber anrief, um die Verabredung fest zu machen, antwortete sie nicht. Ich wusste nicht, was geschehen war. Später erfuhr ich von der Tochter ihres Freundes, dass sie nach Peking gegangen war.

Nach Peking um sich für Falun Gong einzusetzen

Ich dachte oft, dass ich auch nach Peking gehen sollte, aber ich sorgte mich, dass ich dort niemanden finden würde. Eines Nachts, drei Wochen später, wurde mein Traum wahr. Ich konnte in der ganzen Nacht nicht schlafen. Früh am Morgen klingelte das Telefon und ich wunderte mich ein wenig; als ich aber hörte, wer es war, war ich sehr froh. Die Praktizierende aus Dalian rief mich an und sagte, sie sei in Peking und ich solle auch hinkommen. Ich wollte ja schon lange dahin gehen, jetzt bekam ich die Gelegenheit dazu.

Ich sagte meinem Zimmergenossen, dass ich an dem Tag nicht auf die tägliche Unterrichtsstunde warten würde und ging stattdessen zum Bahnhof, um eine Fahrkarte zu kaufen. Es war das erste Mal, dass ich eine Fahrkarte auf Chinesisch kaufte und es war mir schwierig, die Dame am Schalter zu verstehen. Aber ich verstand, dass es keine Fahrkarten für den Nachtzug gäbe. Ein Mann hörte, dass ich nach einer Fahrkarte für Peking suchte und bot mir an, mir seine Fahrkarte nach Peking zu verkaufen. Ich war gar nicht sicher, ob die Fahrkarte echt war, entschied mich dennoch, sie jedenfalls zu kaufen. Ich kaufte die Karte und der Mann wiederholte mehrere Male, zu welcher Zeit der Zug abfahren würde. Wir gingen auseinander und plötzlich war der Mann hinter mir und sagte: “Bitte, versäumen Sie den Zug heute Nacht nicht!“ Er zeigte mir wieder, wann der Zug führe und von welchem Gleis und ich dankte ihm. Abends sah ich eine Menge Polizisten, die wahrscheinlich versuchten, Praktizierende ausfindig zu machen. Ich hörte sogar, wie einige des Personals einen Witz machten, dass ich ein Ausländer, vielleicht ein Praktizierender sei. Sie ließen mich in den Zug einsteigen.

Ich nahm nur ein wenig Kleidung mit und als ich am nächsten Morgen in Peking ankam, war es sehr kalt geworden. (Als eine Praktizierende sah, dass ich sehr fror, gab sie mir eine Jacke, die sie für Praktizierende gekauft hatte, die nicht genug Zeug anhatten. Ich wusste, dass dort noch jemand war, der die Jacke nötiger hatte als ich; aber sie wollte nicht hören und gab sie mir). Ich nahm ein Taxi bis zum Treffpunkt und dort war bei ihr noch eine andere Praktizierende. Wir gingen frühstücken und sie erzählten mir, dass wir gegen Mittag einer geheimen Pressekonferenz beiwohnen würden. Sie wollte, dass wir alle gut aussähen und so gingen wir alle zum Friseur.

Die geheime Pressekonferenz

An dem Tag hatten sich etwa 30 Praktizierende in einem Vorort von Peking versammelt. Internationale Medien waren eingeladen worden, um der Pressekonferenz beizuwohnen und die Praktizierenden würden bei dem Treffen über ihre Erfahrungen mit Falun Gong sprechen, über die ernste Lage der Falun Gong- Praktizierenden in China und über die Verfolgung, der sie gegenüberstanden.

Bei dem Treffen sah ich einen 11-jährigen Jungen. Ich ging zu ihm hin und fragte ihn, woher er komme. Er sagte, er sei aus der Provinz Heilongjiang und er sei mit seinen Eltern gekommen, um richtig zu stellen, was Falun Gong ist.(die Eltern waren Bauersleute). Er erzählte auch, dass er nicht zur Schule gehen könne, weil er Falun Gong nicht aufgeben wollte. Er sah so brav aus und er sagte, er habe keine Angst, festgenommen zu werden.

Viel dieser Praktizierenden hatten sich schon seit längerem in Peking aufgehalten, weil sie auf eine Gelegenheit warteten, für Falun Gong zu appellieren und zu zeigen, dass Falun Gong gut ist. Die meisten von ihnen hatten alles verloren, es war ihnen sogar schwer, sich selbst zu unterhalten. Dennoch strahlten sie Reinheit und Harmonie aus. Einige hatten seit Wochen nicht mehr duschen können, darum mieteten Mitpraktizierende einen Raum und kauften einige Kleidungsstücke, so dass sie nett und ordentlich aussehen, wenn die Berichterstatter kämen. Ich war berührt.

Während der Pressekonferenz hatte ich Tränen in den Augen. Ich sah die Praktizierenden, die alles verloren hatten. Sie gaben niemals ihren Glauben an Falun Dafa auf. Selbst in dieser schlechten Umgebung war ihr erster Gedanke, anderen Praktizierenden in China zu helfen und auf die Verfolgung in China zu aufmerksam zu machen. Diese Praktizierenden waren von weither gekommen, um der Welt über Falun Gong zu berichten. Für mich ein feierlicher Augenblick, das mitzuerleben!

Als die Medien ankamen, waren darunter sieben Berichterstatter und dann fingen wir mit der Konferenz an. Jiang, ein Praktizierender aus der südwestlichen Stadt Fuzhou las unsere Presseerklärung vor, in der wir Internationale Menschenrechtsorganisationen, Regierungen und gewissenhafte Menschen aus Übersee und im Innland um Hilfe zur Beendigung der Verfolgung von Falun Gong- Praktizierenden baten. Die Erklärung endete mit der Bitte an die Chinesische Regierung, den Haftbefehl gegen Lehrer Li aufzuheben, die gefangenen Falun Gong- Praktizierenden freizulassen, den Namen von Falun Gong wieder rein zu waschen und den Praktizierenden zu erlauben, ihre friedliche Praxis weiterhin auszuüben.

Qu, der elfjährige Junge aus Heilongjiang, trug ein Bild von Lehrer Li und erklärte, dass seine Lehrer ihm nicht erlaubten, zur Schule zu gehen, weil er Falun Gong praktiziert. Ein anderer erzählte, dass er von Beruf Polizist sei, aber entlassen wurde, weil er Falun Gong nicht aufgeben wollte. Er musste zwischen der Kommunistischen Partei und Falun Gong wählen. Noch ein anderer, der auch von Beruf her Polizist ist, erzählte uns, dass er nicht einfach ruhig zusehen könne; er müsse die Menschen über die brutale Verfolgung informieren. Ding Yan, eine Friseuse aus Shijiazhuang, zeigte, wie man sie gefoltert hatte, indem man ihre Handgelenke fesselte, einen Arm über die Schulter und die andere über den Rücken gelegt, als sie am 17. Oktober in Peking festgenommen worden war. Den Berichterstattern wurde auch davon erzählt, dass Praktizierende zu Tode gefoltert worden waren und welche Foltermethoden angewendet wurden, wie z. B. Elektroschocks, Treten, Schlagen und anderes. Am Schluß führten die Praktizierenden die fünf Übungen vor und damit wurde die Pressekonferenz erfolgreich beendet. Wir schafften Ordnung und verließen den Ort einzeln.

Ich blieb zwei weitere Wochen in China und hatte die Gelegenheit, noch mehr Praktizierende zu treffen, die nach Peking zum Appellieren gegangen waren. Obgleich sie unter hartem Druck standen, gaben sie einige Interviews für internationale Medien. Ein kleines Mädchen, etwa 5 Jahre alt, das ich nach der Pressekonferenz traf, machte einen tiefen Eindruck auf mich: Ihre Mutter war eingesperrt, aber war sich über die Situation im Klaren und ging mit ihrem Vater zum Platz des Himmlischen Friedens.

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