Gerichte in China verhindern die Verteidigung von Falun Gong-Praktizierenden (Teil I)

Die Mitarbeiter der Organe für öffentliche Sicherheit, der staatsanwaltschaftlichen Organisationen und der Gerichte auf verschiedenen Ebenen in Festlandchina, ganz besonders aber die Richter, bedienen sich aller möglicher Mittel und Wege, um Anwälte zum Schweigen zu bringen, die Falun Gong-Praktizierende vertreten. Sie bedrohen sie, verzögern, legen Steine in den Weg und nutzen verschiedene andere Taktiken, um die Anwälte dahingehend zu manipulieren, dass sie die Verteidigung aufgeben. Sie wenden Taktiken wie Angriff, Prügel und rechtswidrige Haft an, um Anwälte davon abzuhalten, ihre Klienten vor Gericht zu verteidigen. Derartige Handlungsweisen sind in China auf dem Gebiet des Rechts allgemein üblich, besonders bei Fällen von Falun Gong. Dieser Artikel beschreibt detailliert einige der verwendeten taktischen Maßnahmen.

Taktik Nr. 1: Bedrohung, Einschüchterung und Täuschung von Familienangehörigen, damit sie die Anwälte entlassen

Mit dieser Taktik kommen sie normalerweise davon, wenn sie es mit älteren, hilflosen und jüngeren schwachen Menschen zu tun haben. Um beispielsweise eine hohe Strafe für Ye Qiaoming vom Sportzentrum der Allgemeinen Universität Fujian zu erreichen, beschlossen Agenten des Büros zum Schutz der Staatssicherheit in Fuzhou und Beamte des Bezirksgerichts Cangshan ursprünglich, eine Verhandlung gegen Ye Qiaoming am 4. März 2010 anzusetzen. Als sie erfuhren, dass ihr Sohn einen Anwalt beauftragt hatte, sagten sie den Gerichtstermin ab und holten sich ihren Sohn auf die Polizeiwache, um ihn zu zwingen, den Anwalt zu entlassen. Unter den Bedrohungen und dem Druck gab der junge Mann den Forderungen der Polizei nach und unterschrieb ein Dokument zur Entlassung des Anwalts.

Ein weiteres Beispiel: Die Polizei von Qitaihe in der Provinz Heilongjiang verhaftete im September 2009 unrechtmäßig sechs Falun Gong-Praktizierende. Darunter waren Li Xinchun und Jiang Bo. Jiang Bos Mutter ging zum Leiter des „Büro 610“ namens Bi Shuqing, um ein Treffen mit ihrem Sohn zu beantragen.

Bi Shuqing drohte ihr: „Wenn Sie nicht den Anwalt, den sie verpflichtet haben, entlassen, werden wir auch noch ihre Schwiegertochter festnehmen." Aus Angst, dass diese auch noch verhaftet würde, schrieb die Frau eine Garantieerklärung, dass sie in Zukunft keinen Anwalt mehr beauftragen werde.

Wie an vielen Orten tendieren die Menschen in Festlandchina dazu, das zu glauben, was die Angestellten der Strafverfolgung ihnen erzählen. Strafverfolgungsmitarbeiter, die von vornherein dazu bereit sind, das Gesetz zu übertreten, nutzen diese Situation aus. Sie bedrohen und täuschen die Menschen, um sicher zu gehen, dass kein Anwalt vor Gericht erscheint.

Nachdem die Polizei unrechtmäßig die Falun Gong-Praktizierenden Liu Jinglu und seine Frau Sun Lixiang eingesperrt hatte, erkundigten sich deren Familienangehörige bei der Staatsanwaltschaft. Der für den Fall zuständige Beamte sagte: „Sie werden ganz bestimmt zehn Jahre Haft bekommen, wenn Sie einen Anwalt aus Peking beauftragen. Wenn Sie möchten, dass Ihre Angehörigen frei kommen, dann nehmen Sie einen lokalen Verteidiger.“ Dann sagte er noch: „Über alles kann man nachdenken, wenn Sie den Anwalt aus Peking entlassen.“ Diese Worte dienten dazu, die Angehörigen zu ködern, damit sie den Vertrag mit dem Anwalt aus Peking lösten. Wenn schon ein Anwalt beauftragt wird, dann möchte die Polizei nur lokale Verteidiger zulassen, um eine bessere Chance zu haben, diese Anwälte zu manipulieren und zu kontrollieren.

Nach der rechtswidrigen Verhaftung des Falun Gong-Praktizierenden Kuang Xinrong aus Chongqing beschlossen Gerichtsbeamte, eine Verhandlung am 7. Dezember 2009 anzusetzen. Als sie herausfanden, dass seine Familie einen Anwalt beauftragt hatte, stornierten sie sofort den Verhandlungstermin. Wan Fenghua, der Leiter des örtlichen „Büro 610“, ging zu Kuang Xinrongs Frau und bedrohte sie: „Wenn Sie sich einen Anwalt nehmen, werden wir auch Sie verhaften!“

Taktik Nr. 2: Die Verteidiger zur Mandatsaufgabe zwingen

Ende 2008 rief Richter Sun Jianbo aus dem Bezirk Nanguan, Changchun, Provinz Jilin, die Familie von Gao Shuyu an und ließ sie wissen, dass die Verhandlung am 6. Januar 2009 stattfinden sollte. Der Praktizierende Gao Shuyu war zu diesem Zeitpunkt bereits fast ein Jahr in Haft. Sobald Richter Sun Jianbo erfuhr, dass die Familie Gaos einen Verteidiger beauftragt hatte, kreierte er alle Arten von Hindernissen.

Zunächst verweigerte er dem Anwalt, seinen Antrag auf das Fotokopieren der Dokumente zu dem Fall und sagte später zu ihm, dass die Verhandlung auf Februar 2010 verlegt worden sei. Als Gaos Familie den Anwalt beauftragte, Untersuchungen in dem Fall anzustellen, logen die Gerichtsbeamten den Anwalt an und erklärten, dass der Fall bei der Staatsanwaltschaft des Bezirks Nangua sei. Als der Anwalt dorthin ging, erklärten diese Beamten, dass sie schon vor langer Zeit die Akten an das Bezirksgericht Nanguan weitergegeben und nie wieder zurückerhalten hätten. Als er sich ein weiteres Mal erkundigte, sagte Richter Sun Jianbo: „Gehen Sie zurück und warten Sie! Wir werden Ihnen vor der Anhörung Bescheid geben.” Als der Anwalt sah, dass er bei diesem Fall ständig auf Schwierigkeiten stieß und außerdem noch von der Justizbehörde Druck auf ihn ausgeübt wurde, sein Mandat niederzulegen, beendete er schließlich sein Mandatsverhältnis mit diesem Klienten. Das Gericht informierte Gaos Familie, dass es an einem bestimmten Tag eine Verhandlung geben würde. Dies war jedoch so kurzfristig, dass die Angehörigen keine Zeit mehr hatten, einen anderen Verteidiger zu finden. So vermied Richter Sun Jianbo erfolgreich jegliche Schwierigkeiten, die ihm ein Anwalt im Fall Gao Shuyu in den Weg hätte legen können.

Am 7. Januar 2010 wurde der Praktizierende Guo Xiaojun, ein Dozent der Computerwissenschaft an der Shanghaier Universität Jiaotong, rechtswidrig verhaftet und unter Folterungen verhört. Als das Gericht erfuhr, dass seine Familie für ihn einen Anwalt genommen hatte, übte es großen Druck auf jeden seiner Anwälte aus. Alle drei Anwälte mussten schließlich ihr Mandat niederlegen.

Taktik Nr. 3: Offen Anwälte daran hindern, sich zu engagieren

In Fällen, wo das Gericht nicht dahingehend einwirken konnte, dass ein Anwalt sein Mandat niederlegte, wurden verschiedene Taktiken angewendet, um einen Anwalt von Sitzungsberichten fernzuhalten und ihn am Erscheinen vor Gericht zu hindern. Das Bezirksgericht Nangang in Harbin, Provinz Heilongjiang, erhielt im Mai 2009 eine Klage von der örtlichen Staatsanwaltschaft gegen den Falun Gong-Praktizierenden Li Zhigang. Der Fall wurde dem Richter Song Chengzhang vom Strafgericht zugeteilt. Er schuf gezielt verschiedene Hürden für die beiden Verteidiger Han Guangzhi und Jiang Tianyong, um sie daran zu hindern, die Akten zu lesen und zu kopieren. Er behauptete, nie irgendwelche Akten gesehen zu haben. Er erklärte, dass der Fall sehr sensible sei und er seine Vorgesetzten um Erlaubnis bitten müsse. Er sagte außerdem, dass er keine Zeit habe, dass die Elektrizität abgeschaltet worden sei und ähnliche Ausreden. Als die Anwälte das Gericht zur Zusammenarbeit aufforderten, stritt Song Chengzhang herum „Ich habe gerade die Akten gelesen und herausgefunden, dass Li Zhigang beim Verhör gesagt hat, dass er keinen Anwalt nehmen wird. Und nun sind Sie gekommen, um ihn zu verteidigen. Wenn das Gericht nun zulässt, dass die Akten kopiert werden und er verteidigt wird, dann verletzen wir die Rechte Li Zhigangs!“

Die Anwälte mussten den Richter darauf hinweisen, dass Li Zhigang sein Einverständnis dafür gegeben hatte, dass seine Mutter einen Anwalt beauftragte. Das Verteidigerteam sagte zum Richter, dass es schriftliche Aufzeichnungen vom Treffen mit Li Zhigang habe, der diese Aufzeichnungen unterzeichnet habe. Die Anwälte teilten dem Richter mit, dass sie als Verteidiger von Li Zhigang gemäß dem Strafprozessrecht das Recht hätten, die Akten des Falls zu studieren und zu fotokopieren. Als der Richter dies hörte, erwiderte er: „Sind Sie Anwälte? Können Sie verstehen, was ich gesagt habe? Wenn Sie es nicht verstehen können, wie können Sie als Anwälte tätig sein? Es ist mir egal, was bei Ihrem Treffen geschah oder wie Sie beauftragt wurden. Als wir Li Zhigang verhörten, sagte er, dass er keinen Anwalt beauftragen werde. Wir halten uns an die Notizen, die wir gemacht haben, und nicht an Ihre.“ Als die Anwälte einwendeten, dass sie Beweise präsentieren würden, erwiderte der Richter, dass er noch mal zu Li Zhigang gehen und ihn persönlich fragen werde, was er wolle, damit er die Anwälte loswurde. Der Richter sagte von da an immer: „Kommen Sie morgen wieder“, wenn die Anwälte die Akten des Falls fotokopieren wollten.

Eine Richterin in der Provinz Heilongjiang setzte sogar Gewalt ein, um einen Anwalt zu versprengen. Diese Richterin namens Song Peixia arbeitet am Mittleren Gericht Jiamusi. Als sie den Fall der Praktizierenden Ma Duo bearbeitete, schmiedete sie ein Komplott mit den Beamten der Polizeiwache und schuf eine unüberwindliche Situation, als sie den Anwalt hineinbat, um ihn gleich bei der ersten Begegnung zu ermutigen. Dies ereignete sich am 2. Juli 2007 gegen 11:00 Uhr. Der Anwalt wurde begleitet von Angehörigen von Ma Duo und kam auf Einladung zum Treffen mit der Richterin. Als sie ankamen, wurden sie sofort von einer großen Gruppe von Agenten des „Büro 610“ umringt. Der Leiter des „Büro 610“ von Jiamusi mit Namen Liu Yan übernahm sofort persönlich das Kommando. Die Polizei stürzte sich plötzlich auf den Anwalt und zerrte ihn an den Armen in einen Raum im Gericht. Es gab draußen ein riesiges Chaos, als die Polizei gewaltsam die Familienangehörigen von Ma Duo festnahm. Darunter waren Ma Duos Mutter und andere Verwandte. Unter einer solch grauenvollen Atmosphäre verurteilten die Gerichtsbeamten Ma Duo zu drei Jahren Haft, ohne ihren Anwalt und die Familienangehörigen darüber zu informieren. Der Verteidiger war nicht in der Lage, seine eigenen Rechte und diejenigen seiner Klientin vor Gericht auszuüben. Bald nach der Verurteilung von Ma Duo verurteilte das Gericht auch ihre Mutter zu drei Jahren Haft. Obwohl Mutter und Tochter Anwälte beauftragt hatten, missbrauchte die Richterin ihre Macht und verhängte diese unrechtmäßigen Urteile über sie. Ma Duo und ihre Mutter sind jetzt im Frauengefängnis der Provinz Heilongjiang eingesperrt.

Taktik Nr. 4: Anwälte am Treffen mit ihren Klienten hindern; Anwälte am Ausfüllen der erforderlichen Formulare hindern

Dies ist die am häufigsten angewandte Taktik. Die Art und Weise variiert von Ort zu Ort. An manchen Orten erfinden die Verfolger Geschichten, um ein direktes Treffen zu vermeiden.

Beispielsweise verhafteten Agenten des Büros zum Schutz der Staatssicherheit in Tangshan, Provinz Hebei, rechtswidrig den Falun Gong-Praktizierenden Wang Xiwen und erteilten seiner Familie und seinem Anwalt keine Erlaubnis, ihn zu sehen. Sie gaben folgende Entschuldigung ab: "Falun Gong-Praktizierenden ist es nicht erlaubt, solche Treffen wahrzunehmen, weil bei ihren Fällen `Geheimnisse´ mit im Spiel sind." Juristisches Personal der Polizeibehörde Xichang, Provinz Sichuan, verweigerte dem Anwalt der Falun Gong-Praktizierenden Cheng Donglan ein Treffen mit seiner Mandantin aus dem gleichen Grund, dass mit ihrem Fall „Geheimnisse“ verknüpft seien. Cheng Donglans Anwalt ging zur Polizeiwache, um dort vorzubringen, dass es sich nach der Definition der Strafprozessordnung bei einem Geheimnis um Staatsgeheimnisse handele. Der Inhalt von Cheng Donglans Fall sei jedoch für die Öffentlichkeit offen und daher gebe es nichts Geheimes dabei. Der Anwalt ging als nächstes zur Justizbehörde in Liangshanzhou und zur Notar- und Anwaltsdirektionsabteilung. Er wies darauf hin, dass seine Forderung zum Treffen mit dem Gefangenen der Gerichtsordnung im chinesischen Strafgesetzbuch entspreche und er noch nie davon gehört habe, dass dieses Recht nicht auf Falun Gong-Fälle angewendet werden könne. Weil die Strafverfolgungsbehörden ihn davon abhielten, Cheng Donglan zu treffen, reichte der Anwalt eine Klage gegen die maßgebliche Polizei ein, die jedoch zu keinem Ergebnis führte.

Mancherorts sagen die Beamten nicht offen, dass sie nicht erlauben, dass sich Anwälte mit ihren Falun Gong-Klienten treffen. Hinter den Kulissen verhindern sie jedoch solche Treffen.

Richter Gu aus dem Mittleren Gericht Jinan in der Provinz Shandong wendete oft solche Taktiken an. Als die Gerichtsverhandlung in zweiter Instanz gegen den Praktizierenden Zhang Xingwu kurz vor der Eröffnung stand, befahl der Richter verdeckt den Beamten des Untersuchungsgefängnisses, auf gar keinen Fall ein Treffen zwischen Zhang Xingwu mit seinem Anwalt zuzulassen.

Als der Anwalt die Polizisten wegen ihrer rechtswidrigen Vorgehensweise befragte, erklärten die Beamten des Untersuchungsgefängnisses, dass die Anweisungen vom Gericht gekommen seien. Als Anwalt Liu Wei zum Gericht zurückging und den Richter Gu Guangyi zur Rede stellte, stritt dieser mit ihm und erklärte, dass er so vorgegangen sei, weil Zhang Xingwu keinen Anwalt beauftragen wollte. Als der Verteidiger erwiderte, dass er von den Absichten seines Klienten nur erfahren könne, wenn er mit diesem zusammentreffe, übergab der Richter die Verantwortung an das Untersuchungsgefängnis. Er erklärte, dass das Untersuchungsgefängnis entscheiden könne, ob er mit Zhang Xingwu zusammentreffen dürfe, das Gericht würde diese Entscheidung dann nicht beeinflussen. Als jedoch der Anwalt und Chengs Angehörige beim Untersuchungsgefängnis ankamen, erklärte dessen Leiter, dass Richter Gu Guangyi und Richter Yu Hui gerade angerufen und angeordnet hätten, dass kein Treffen zwischen Liu Wei und Zhang Xingwu erlaubt sei. Da der Anwalt seinen Klienten nicht treffen durfte und das Gericht seinen Antrag auf Verteidigung von Zhang Xingwu ablehnte, musste der Richter Jinan verlassen.

Genau die gleiche Taktik wurde beim Anwalt des Praktizierenden Zhang Yuying angewendet.

Am 17. April 2004 verurteilten zunächst Beamte des Bezirksgerichts Licheng in Jinan heimlich Zhang Yuying zu sieben Jahren Haft. Dies teilten sie weder Zhang Yuyings Familie noch ihrem Verteidiger mit. Als die Familie das Urteil erhielt, gingen sie mit Zhang Yuyings Anwalt nach Jinan, um sie zu besuchen, damit die Formulare für einen Berufungsantrag fertig ausgefüllt werden konnten. Gerichtsbeamte benachrichtigten das Untersuchungsgefängnis, um ein Treffen von Anwalt und Klientin zu verhindern. Durch die Intervention des Anwalts und ihrer Familie stimmte das Haftzentrum zu, das Antragsformular zu Zhang Yuying zu tragen, damit sie es unterschreiben konnte. So schaffte es der Anwalt, das Berufungsverfahren einzuleiten und die Beamten des Mittleren Gerichts Jinan mussten den Antrag auf Berufung akzeptieren. Am 8. Mai 2004 gab Richter Gu zu, dass er eine Petition auf Berufung erhalten habe. Als jedoch der Verteidiger am 25. Mai 2004 zum Gericht kam, um die Formulare zu vervollständigen, sagten ihm die Gerichtsbeamten, dass die Anhörung des Falls bereits beendet sei. Sie logen ein weiteres Mal, als sie erklärten, dass die Klientin keinen Anwalt beauftragen wolle und sie daher auch keinen Anwalt benachrichtigt hätten.

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