Ein jeder kümmert sich um seine eigene Sonnenmelone

Im Christentum ist das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg eine bekannte Geschichte. In der chinesischen Erzählvariante geht es zwar um Sonnenmelonen, aber die Prinzipien, die vermittelt werden, sind sich ähnlich.

„Zwei Mäuse und eine Melonenranke“ Früher zugeschrieben an Zhao Boju (ca. 1120s-ca.1162) Freer Gallery of Art, gift of Charles Lang Freer, CC0 – Creative Commons (CC0 1.0), Smithsonian National Museum of Asian Art

Ein alter Mann lebte auf dem „Sonnenberg“ und pflanzte dort jahraus jahrein Sonnenmelonen an. Es war bekannt, dass der alte Mann ehrlich und mitfühlend war. Er half jedem, dem er begegnete mit viel Engagement und Enthusiasmus, auch Bettlern.

Davon hörten zwei arme und hungrige Brüder, die am Fusse des Berges hausten. Sie wollten bei ihm auf dem Sonnenberg leben und machten sich auf den Weg zu ihm.

Der Aufstieg zur Gipfelspitze des Sonnenberges war anstrengend und als sie dort ankamen, erklärten sie dem alten Mann ihre Situation. Wie erwartet hiess er sie herzlich Willkommen und lud sie zur Mitarbeit auf dem Melonenfeld ein. „Die Sonnenmelonen auf dem Sonnenberg sind magischer Natur. Sie reifen während 49 Jahren“, erklärte der alte Mann den Neuankömmlingen.

Er fuhr fort: „Sie müssen täglich bewässert werden mit einer Mischung aus Quellwasser und ein paar Tropfen Blut von euren Fingern. Nach 49 Jahren habt ihr dann eure eigene Sonnenmelone. Solange ihr hart arbeitet, werdet ihr Glückseligkeit ernten“, sagte der alte Mann zu den Brüdern und schickte sie an, ihre Arbeit aufzunehmen. Er selbst kehrte zu seiner eigenen Arbeit im Melonenfeld zurück.

Die Investitionen der Brüder unterscheiden sich

Die beiden Brüder machten sich auf den Weg zur Quelle am Fusse des Berges. Sie trugen je eine Stange über den Schultern an dessen Enden je ein Behälter festgebunden war. Der ältere Bruder dachte darüber nach, dass er nun 49 Jahre lang Wasser holen und mit seinem Blut mischen würde. Dabei würde er sicherlich vor Erschöpfung versterben. Er war sich sicher während dieser Arbeit sich selbst aufzuopfern.

Er überlegte sich einen Plan. Er würde die Eimer nicht ganz mit Wasser füllen und anstatt sein Blut etwas rötliche Erde hineinmischen. Der ältere Bruder tat nicht nur die aufgetragene Arbeit auf eine unredliche Art und Weise, er sprach auch noch schlecht über die anderen Arbeiter im Feld und behauptete, dass sie allesamt weniger fleissig wären als er. Zu dem alten Mann sagte er, dass er ihm eine grosse Melone zuteilen solle. Dieser kicherte und meinte: „Wenn du hart arbeitest wirst du definitiv glücklich sein mit dem, was du erhalten wirst.“

Der jüngere der beiden Brüder hatte das Feld beobachtet und betrachtete die bereits gepflanzten Melonen. Es gab einige darunter, die schon einige Jahre gewachsen waren. Er zählte 49 Melonen und 49 Leute, die auf dem Feld arbeiteten. Jeder von ihnen wollte eines Tages seine reife Melone ernten können.

Die Szenerie stimmte den Jüngeren demütig. Er dachte während er seine Arbeit verrichtete, wie fleissig und beständig die anderen ihre Melonen gewässert und dafür vieles auf sich genommen hatten. Er nahm sich vor genau so fleissig zu sein wie sie. Er strengte sich sehr an und wo andere einen Eimer Wasser trugen, trug er zwei. Wo andere zwei Tropfen Blut ins Wasser mischten, gab er vier hinein. Er stand vor allen anderen auf und ging als letzter ins Bett.

Jeder erhält was er gesät..

Die 49 Jahre zogen ins Land. Die Sonnenmelonen waren bereit zur Ernte. Sie sahen sehr verschieden aus was ihre Grösse und Reife betraf. Der alte Mann rief alle Feldarbeiter zusammen und sprach: „Jeder von euch hat hart gearbeitet, ihr könnt jetzt die Frucht eurer Arbeit ernten.“ Dann sprach er zu den Melonen: „Melonen gross und klein, rollt nun zu eurem Meister hin.“ Die Melonen bewegten sich auf dem Feld und rollten auf ihre Besitzer zu.

Eine grosse Melone rollte am älteren Bruder vorbei zum jüngeren hin. Die kleinste Melone kam vor den Füssen des älteren Bruders zu stehen. Der alte Mann erklärte, dass die Melonen ihnen das Essen das ihnen zustünde bringen würde. Der jüngere Bruder erhielt exquisite Speisen und Getränke, die des älteren Bruders sahen unappetitlich aus und waren nur schwer zu geniessen.

Der ältere der Brüder beschwerte sich umgehend bei dem alten Mann. Es sei ganz und gar nicht fair, dass er nicht ebenso eine Melone bekommen hatte wie sein jüngerer Bruder. Er wollte sich sogar dafür rächen, so wütend war er. Der alte Mann antwortete ihm, dass er für den Zustand der Melone nicht verantwortlich sei. Der ältere Bruder trage die Verantwortung, da er sich um seine eigene Melone selbst gekümmert habe. Jede Tat und jeder Schritt sei aufgezeichnet worden und er könne für sich selbst schauen, warum seine Melone so mickrig herausgekommen sei.

„Sonnenmelone, Sonnenmelone, sag es selbst“, rief der alte Mann. Die Blätter der Melone verwandelten sich in ein Buch. In dem Tagebuch waren alle Handlungen jeden einzelnen Tages aufgeschrieben, sogar mit Datum und Zeitangaben. Als der ältere Bruder erkennen musste, dass er die Schuld auf niemand anders werde lenken können, senkte er seinen Kopf und gab seine Niederlage zu.

Quelle für diesen Text: „The Sun Melons“ Seite 111-112 aus dem Buch „Treasured Tales of China Vol. 1, 2018 Middle Kingdom Publishing

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