Erfahrungsbericht von der europäischen Fa-Konferenz 2004 in Wien: Ein Land wirklich beschützen

Verehrter Meister,
liebe Mitpraktizierende,

mein Name ist Renate Lilge-Stodieck, seit 1998 praktiziere ich Falun Dafa. Heute möchte ich nicht über eine große Erfahrung berichten, sondern mehrere miteinander zusammenhängende Erfahrungen und meine Erkenntnisse dazu.

Eine chinesische Praktizierende sagte einmal sehr freundlich zu mir: Du bist richtig deutsch, nicht wahr? Ja, antwortete ich, ich bin sicher nicht chinesisch. Was es wirklich mit diesem Deutsch-Sein auf sich hatte, bemerkte ich erst viel später.

Im ereignisreichen Jahr 2002 gab es im April in Berlin den Staatsbesuch aus China, durch den unsere deutsche Regierung unsere Behörden und unsere Polizisten sich so unter Druck setzen ließen, dass es zu mehreren rechtswidrigen Maßnahmen durch die Polizei an Praktizierenden kam. Das geschah in Berlin, Potsdam, Dresden und Goslar, ohne dass wir in dieser Zeit uns sofort darüber im Klaren waren, was wir tun sollten, ob und wie wir reagieren sollten.

Erfahren darin, die Fehler bei uns zu suchen, fanden wir natürlich auch einige innere Einstellungen, wie Kampfgeist oder gedankenloses Mitlaufen mit anderen. Wir übersahen nicht, dass wir Lücken gelassen hatten, aber wir sahen nicht, dass eine groß angelegte Störung im Bereich dieses Besuches stattfand, die alle Beteiligten verwirrte. Die Polizei, die Behörden, die Praktizierenden. Mich auch.

Dabei war schon äußerlich deutlich wahrnehmbar, dass zum Zeitpunkt der Landung des Staatsgastes der Wind in Berlin nicht nur auffrischte, sondern eisig wurde. So eisig, wie wir ihn in Berlin selten erleben, anhaltend über mehrere Tage. Die Mahnwachen und Demonstrationen wurden dadurch erschwert, aber wir kümmerten uns nicht darum.

Eine Eskalation von verwirrtem Polizeiverhalten erlebten wir, als einige Praktizierende aus dem berühmten Hotel Adlon ausgewiesen wurden, nachdem Polizisten in ihre Zimmer eingedrungen waren. Zwar informierten wir einige Presseleute, aber wir waren zu unerfahren mit solchen Situationen, sodass wir nicht klar reagierten.

Wochen später waren wir noch beschäftigt, von allen Beteiligten die genauen schriftlichen Berichte über die Vorfälle rund um den Besuch einzusammeln. Ich hörte, dass einige sich zuständig fühlten und reagieren wollten, oder auch nicht, alles war in der Schwebe. So fühlte ich mich nicht zuständig. Ich war in keinen der Vorfälle direkt verwickelt, ja, tief im Herzen entdeckte ich auch leisen Ärger über die ganze Sache. Ich urteilte und verurteilte, ich bewertete und entwertete das Verhalten meiner Mitpraktizierenden. Dann schob ich alles wieder weg. Aber es entstand jedes Mal ein ungutes Gefühl in mir, wenn ich an diese Vorfälle dachte. Ich wollte offensichtlich nicht, dass Deutschland in einem so schlechten Licht dastand. Ich hatte die leise Hoffnung, dass diese Gefühle verschwinden würden und verstand nicht, dass es sich um einen Eigensinn handelte.

In den folgenden Wochen und Monaten gab es mir immer einen inneren Stich, wenn über Deutschland in den Webseiten stand, wie schlecht wir das alles gemacht hatten, und dass die Folgen unseres Zögerns, die Justiz einzuschalten, in Island und in den Baltischen Staaten und in Russland zu spüren waren. Aber ich dachte, wir müssen vorwärts gehen, den Fehler können wir nicht ungeschehen machen. Auch gab es viele interne Diskussionen über diesen Punkt, ob man noch juristische Schritte unternehmen könnte, oder ob das schon zu spät wäre.
Als schon einige Monate vergangen waren entdeckte ich, dass zwei chinesische Praktizierende in Berlin die Vorfälle nutzten, um bei Rechtsanwälten die Wahrheit zu erklären und gleichzeitig zu erkunden, ob und wie man noch rechtliche Schritte gegen die beteiligten Behörden einleiten könnte. Ich war sehr erschrocken über meinen Eigensinn, dass ich nichts damit zu tun hätte und dass ich die Idee hatte, dass Deutschland durch Verdecken einer Schuld irgendwie davonkommen konnte. Wie konnte ich auch meinen Eigensinn, dass irgend etwas unbemerkt bleiben könnte so lange beibehalten?

Mit dieser Erkenntnis drehte sich sofort auch mein Verhalten um 180°. Ich beteiligte mich an den Besuchen bei dem Rechtsanwalt und bald konnten wir mit ihm einen Weg entwickeln, der barmherzig war und hilfreich für die Schuldigen. Wir beschlossen, an die zuständigen Innenministerien zu schreiben, die Fälle aus unserer Sicht darzustellen und um ein Gespräch zur Klärung zu bitten.

Unsere Überlegung war vom Fa her, dass wir ihnen helfen wollten, die Wahrheit zu erkennen. Das war wichtiger als eine Verurteilung. Dieser Gedanke leitet uns bis heute, denn noch immer sind nicht alle Verfahren beendet. Ich will auch nicht alle einzelnen Stationen beschreiben, das kann man im minghui.net nachlesen. Wichtig war für uns, wirklich das zu tun, was der Meister uns erklärt hat: Wenn es Schwierigkeiten gibt, musst du genau dort hingehen und die Wahrheit tiefgründig erklären.

Das gelang uns gemeinsam mit mehreren Praktizierenden, die extra anreisten, um in Berlin dem Innensenator und seinen Mitarbeitern, die für die Polizeimaßnahmen zuständig waren, die Wahrheit zu erklären. Andere Praktizierende standen in der Zeit auf dem Parkplatz nahe dem Senatsgebäude und sandten aufrichtigen Gedanken aus. Nach einigen Wochen der Überprüfung erhielten wir eine schriftliche Entschuldigung der Senatsverwaltung für das rechtswidrige Verhalten der Polizei in Berlin im April 2002.

In den anderen Fällen wurde es nötig, dass wir im April 2003 eine nachträgliche Feststellungsklage bei den entsprechenden Verwaltungsgerichten einreichten. Alle Gelegenheiten wurden genutzt, um intensiv und weitreichend die Wahrheit zu erklären. In zunehmendem Maße wurden wir auch ernst genommen und angehört. Wir konnten durch Akteneinsicht sehen, dass nicht nur die chinesischen Sicherheitsdienste uns verleumdet hatten mit der Behauptung, dass die Praktizierenden auch gewalttätig werden könnten, sondern dass die deutschen Behörden das auch geglaubt haben. Jedenfalls verstärkten sie ihre Sicherheitsvorkehrungen.

Vor Gericht mussten die deutschen Behörden in den bisher abgeschlossenen Vergleichen jedoch zugeben, dass Praktizierende noch nie Gewalt angewendet hätten, und dass die polizeilichen Maßnahmen teilweise rechtswidrig waren.

Schließlich kam es vor dem Besuch von Wen Jiabao und Bo Xilai in Berlin im Mai zu längeren vorbereitenden Gesprächen mit hohen Beamten der Polizei und des Bundeskriminalamts, in denen wir unser Anliegen tiefgehend verständlich machen konnten.
Während des Besuchs kam es zu mehreren überraschenden Situationen durch den Druck und die Lügen von einigen Mitgliedern der chinesischen Delegation. Die Polizei blieb jedoch mit uns im Gespräch und reagierte ebenso besonnen wie wir.

Es begann in Berlin damit, dass man uns den Lotussitz verbieten wollte, er wäre eine Beleidigung des Staatsgastes, wir konnten die Polizisten vor Ort jedoch von dem Unsinn abbringen. Später stellte sich heraus, dass einige Delegationsmitglieder die Unwissenheit der Deutschen über Meditationshaltungen ausgenutzt hatten und sie belogen hatten.
Ein Transparent über Bo Xilai mussten wir abnehmen, weil die Übersetzung im Chinesischen als Beleidigung ausgelegt werden konnte, der Vorwurf wurde einige Tage später fallengelassen. In diesem schwierigen Moment auf der Straße versuchten wir zunächst, mit unserem Rechtsanwalt Kontakt zu suchen, er war jedoch nicht zu erreichen. Polizeiwagen wurden vorgefahren, um uns zu verdecken. Einige wurden unruhig, andere wollten nicht reagieren. Ich war für Ruhe bewahren und Aufrichtige Gedanken aussenden.

Wenig später kam eine erneuter Vorstoß der chinesischen Delegation, dass auch das Transparent mit der Aufschrift: Stellt JZM vor Gericht entfernt werden sollte, weil es im Chinesischen bedeuten könnte: Todesstrafe für JZM. Drei Dolmetscher waren nötig, um die deutschen Polizisten und Behörden zu überzeugen, dass sie von den Chinesen belogen worden waren. Danach trat Ruhe ein.

In diesen Situationen war ich auch manchmal unsicher, wie wir reagieren sollten. Aber bei mir setzte sich vom Fa her die Überzeugung durch, dass wir nur aufrichtig unsere Demonstration durchführen müssten, dann brauchten wir keine juristischen Schritte zu unternehmen. Tatsächlich haben sich die Gefolgsleute von Bo Xilai so anmaßend aufgeführt, dass die deutsche Polizei schließlich verstand, dass sie uns vor den Verleumdungen beschützen musste und nicht die Staatsgäste vor den friedlichen Praktizierenden. Das Böse brach vor uns zusammen wie ein Häufchen Dreck, weil wir es gar nicht fütterten und auch nicht beachteten.

Schon am Tag nach der Abreise der Delegation, meldete sich das Bundeskriminalamt bei uns, um sich zu bedanken, dass wir uns an alle Absprachen gehalten hatten. Ich erwiderte, dass wir uns nachweislich auch früher niemals rechtswidrig verhalten hatten. Aber ich verstand auch immer besser, dass wir dieses Mal mehr an die anderen gedacht hatten. Die anderen waren in diesem Fall die deutschen Polizisten, denen wir vorher die Situation in China, unsere Beweggründe und unser Handeln verständlich gemacht hatten. Es gab keinerlei überraschende Situationen von unserer Seite. Die Polizisten hatten zwei Tage lang Zeit, uns in Ruhe zu beobachten. Ausdrücklich versicherte mir der Beamte, dass alle jetzt sehr viel Vertrauen zu uns gefasst hätten, sodaß in Zukunft alle Demonstrationen von uns bei chinesischen Staatsbesuchen noch entspannter angesehen würden. Im Übrigen hätten die Polizisten hinter den Kulissen durchaus gesehen, wer aus der chinesische Delegation gegen Falun Gong vorging und wer nicht.

Und schließlich meldete sich noch die Führung der zweiten Berlin Bereitschaftspolizei bei uns und bat um einen Besuch von möglichst vielen Berliner Praktizierenden und um einen Vortrag über Falun Gong und die Verfolgung in China. Diesen Wunsch haben wir gern erfüllt, wir haben die Übungen gezeigt, eine Stunde lang über Falun Gong und die Verfolgung gesprochen mit Bildern in einer Powerpointpräsentation und dann noch zwei Stunden lang Fragen beantwortet.

Am Schluss dankten uns die Polizisten und sagten, sie hätten nun gesehen und verstanden, dass wir wirklich von innen her friedlich seien. Dieses war für mich das schönste Ergebnis, denn nun sind sie vor dem Gift der Verleumdungen geschützt durch eigene Beobachtungen und Erkenntnisse und können einer guten Zukunft entgegensehen.

Ich komme zurück zu der Frage einer Chinesin an mich, von der ich am Anfang berichtete, nämlich zu der Frage, ob ich richtig deutsch sei. Ja, ich entdeckte in mir etwas, was sehr unangenehm deutsch war und das in Deutschland üblich ist, nämlich dass man die eigene Schuld nicht bekennen möchte. So haben es meine Eltern und Großeltern nach der Nazizeit gemacht, so tun es heute viele nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems in der ehemaligen DDR. Und plötzlich entdeckte ich bei mir, dass ich die üble Vorgehensweise der Polizei im April 2002 gegen Dafa-Schüler auch durch Wegsehen und Schweigen versuchte zu vergessen. Ich wollte nicht zuständig sein, diese Taten ans Licht bringen zu müssen, und den Verantwortlichen zu besseren Einsichten zu verhelfen.

Es war auch wirklich ein mühsamer Weg von zwei Jahren, den ich dann doch gemeinsam mit vielen anderen Dafa-Schülern gegangen bin, um tiefgehender den deutschen Behörden die Wahrheit zu erklären. Jetzt fühle ich mich gar nicht mehr deutsch oder nicht-deutsch, sondern ich glaube auch in dieser Hinsicht ist aus mir einfach eine echte Dafa-Schülerin geworden.

Eine besondere Beobachtung möchte ich noch mitteilen. Sowohl bei den Vorgesprächen im Bundeskriminalamt, als auch beim Vortrag vor der Polizei, habe ich am Schluss davon gesprochen, dass wir gekommen wären, um ihnen zu helfen. Ja, dass wir gekommen wären um zu verhindern, dass sie unwissentlich zu Mittätern in dieser Verfolgung gemacht würden.
Jedes Mal breitete sich noch während ich sprach eine tiefe Dimension von Stille aus. Ich kann es nicht anders beschreiben. Es war wie die Berührung eines tiefen Wissens in ihnen, einer Erkenntnis, die über das gesprochene Wort hinausging. Auch mich ergriff diese Dimension jedes Mal wie das Anklingen einer tiefen Verbindung zwischen uns.

Ich danke allen Mitpraktizierenden für die immer spürbare Kooperation auf diesen Wegen. Ich danke dem Meister, dass ich das Fa in dieser Weise bestätigen und Lebewesen retten darf. Ich danke für eure Aufmerksamkeit.

Alle Artikel, Grafiken und Inhalte, die auf Yuanming.de veröffentlicht werden, sind urheberrechtlich geschützt. Deren nicht-kommerzielle Verwendung ist erlaubt, wenn auf den Titel sowie den Link zum Originalartikel verwiesen wird.

Das Neueste

Archiv