Großbritannien: Forum über Menschenrechte in China an der Cambridge University

In dem in dunkler Eiche und Lederverkleidung gehaltenen Debattierraum war das Forum über Menschenrechte in China deutlich zu vernehmen.

David Kilgour, früherer kanadischer Staatssekretär (Asien Pazifik), Annie Yang, ehemalige Gefangene aus Gewissensgründen und David Matas, internationaler Menschenrechtsanwalt waren Gastredner in einem Forum, das von der Cambridge Union Society der Cambridge Universität von England veranstaltet wurde.

David Kilgour David Matas

Annie Yang

Olympische Spiele in Peking 2008

Kilgour sprach die dringende Angelegenheit der Menschenrechtsverletzungen und die Pekinger Olympischen Spiele an: „Eigentlich stimmen alle unabhängigen Beobachter überein, dass Repression in ganz China zunimmt, je mehr die Olympischen Spiele und die Para-Olympischen Spiele in Peking näher rücken. Die Ausrichtung einer Olympiade bei gleichzeitiger Eskalation der Verfolgung von Gemeinschaften und Einzelpersonen unter der eigenen Bevölkerung ist unverträglich mit der modernen Olympischen Charta.“

Die Verdrängung von Tausenden der eigenen Bürger Pekings und die Zunahme der Verhaftungen und das alles nur zur Verbesserung seines eigenen Images für die Olympiade, verglich Kilgour mit dem Vorgehen des Dritten Reiches und den Olympischen Spielen 1936 in Berlin, wo die Nürnberger Gesetze vom September 1935 den deutschen Juden alle zivilen Rechte entzogen und politische Exekutionen ohne Strafprozesse allzu häufig waren.

Kilgour legte dar, dass in China die Zahl der Verhaftungen sich von 2005 bis 2006 nahezu verdoppelt hat, (die beiden Jahre, für die Zahlen verfügbar sind).

Unter diesen festgenommenen Bürgern war auch Gao Zhisheng. Herr Zhisheng ist Anwalt und wurde im vergangenen Jahr vom Ausland für den Nobelpreis nominiert, weil er trotz des Angriffs auf sein Leben, dem Entzug seines Lebensunterhaltes und Attacken der Polizei gegen seine Frau und dreizehnjährige Tochter den Mut hatte, immer wieder die Verletzungen der Menschenrechte in China offen anzusprechen.

Im Dezember 2005 sagte Zhisheng: „Es ist unser Unglück, während dieser historischen Periode in China zu leben. (…) Niemand auf dieser Erde hatte jemals solches Leiden, das über uns hereingebrochen ist, zu erfahren und zu bezeugen. Es ist jedoch auch unser Glück, in dieser historischen Periode in China zu leben. Weil wir erleben und bezeugen werden, wie das größte Volk der Erde einmal dieses Leiden für alle verbannte.“

Im Dezember 2006 wurde er wegen „Aufhetzung zur Zersetzung der Staatsmacht“ zu Gefängnis verurteilt, was jedoch aufgrund internationalen Druckes ausgesetzt wurde. Sein gegenwärtiger Aufenthaltsort ist unbekannt.

In Aktion treten

Dass Bürger mit aggressiven Methoden zum Schweigen gebracht werden, die ein klares Licht auf Peking werfen könnten, kommentiert Kilgour: "Es ist einfach Geschwätz vom Präsidenten des IOC [Internationales Olympisches Komitee] zu implizieren, dass die Olympischen Spiele nichts mit Politik zu tun hätten; für den Partei-Staat in China, haben sie alles mit Politik und seinem Image in der Welt zu tun.“

„Die Olympischen Spiele und Menschenrechtsbewegungen weltweit streben die gleichen Ziele an: Einheit, Würde und Gleichheit unter der ganzen Menschenfamilie. Wenn das von der Gastregierung einer Olympiade systematisch verletzt wird, verliert die Olympische Bewegung als Ganzes ihre Glaubwürdigkeit. Das IOC hat bis heute keine substanzielle Antwort in dieser Angelegenheit. "

„Das IOC sollte von den Organisatoren der Spiele 2008 fordern, dass sie sich der Charta anpassen und die Diskriminierung irgendeiner Gruppierung oder irgendeines Individuums während dieser Spiele unterlassen.“

Kilgour lastete diese Bürde nicht nur dem IOC auf, er schlug vor, dass Regierungen, Nationale Olympische Komitees genauso wie die Sponsoren der Olympischen Spiele gemeinsam heraustreten und Druck auf China ausüben sollten, um seine Menschenrechte zu verbessern und die gegebenen Zusagen, die es bei der Abgabe des Gebots für die Spiele gemacht hat, einzulösen.

Als Bürger schlug er vor, dass „wir beginnen sollten, den Sponsoren der Spiele, wie Manulife, Visa, Kodak, Samsung, Panasonic, Omega, Johnson & Johnson, McDonalds, General Electric, John Hancock und Coca-Cola ernste Fragen zu stellen. Ihr Schweigen impliziert Übereinstimmung mit dem, was in ganz China vor sich geht.“

Folter in Arbeitslagern

Annie Yang war die zweite Sprecherin in diesem Forum. Sie ist Chinesin mittleren Alters, die in China im März 2005 wegen des Praktizierens von Falun Gong festgenommen wurde, einem spirituellen Glauben der buddhistischen Schule, der vom chinesischen Regime im Juli 1999 verboten wurde.

Am Abend ihrer Festnahme kamen sieben oder acht Polizisten in Zivilkleidung in ihre Wohnung und durchsuchten sie bis auf den letzten Winkel. Sie nahmen ihre Falun Gong Bücher, ihren Computer, Drucker und sie selbst mit. Sie ist alleinstehende Mutter und ihr sechzehn Jahre alter Sohn blieb allein und eingeschüchtert zurück, weshalb er seine Großeltern um Hilfe rief. Als er die Nachricht von der Festnahme seiner Tochter vernahm, erlitt der Vater von Annie eine Herzattacke.

Annie wurde inhaftiert. „Vierzig Tage später wurde ich ohne einen Gerichtsbeschluss, ohne Anwalt weggebracht und mir wurde eröffnet, ich sei zu zwei Jahren Haft verurteilt worden.“

„Alles was sie im Arbeitslager taten war, uns zur Aufgabe unseres Glaubens zu zwingen.“

Im Arbeitslager bestand ihre einzige Nahrung aus ca. dreißig Gramm harten, saueren Brotes zu jeder Mahlzeit und maximal 500 ml Wasser, trotz Temperaturen von 40°C.

Weil ich mich weigerte, meinen Glauben aufzugeben, war mir nicht erlaubt, zu schlafen. Ich hatte Glück, denn ich habe Verwandte außerhalb Chinas und so gewährten sie mir täglich zwei oder drei Stunden Schlaf. Doch für die anderen Falun Gong-Praktizierenden waren nur 10 Minuten erlaubt. Ich sah eine Praktizierende vor einem Fenster stehen, das Gesicht zum Fenster gewandt stand sie dort siebzehn Tage lang.“

Sie durfte sich nicht waschen oder ihre Kleider wechseln und sie sagte: „Ich konnte nicht schlafen, weil meine Haare unerträglich juckten.“

Sie wurde gezwungen, 20 Stunden täglich auf einem unebenen Plastikstuhl zu sitzen. Drei Drogensüchtige waren angewiesen, sie in 8 Stunden Schichten abwechselnd zu überwachen. Die Anweisung war, dass sie ihre Füße und Knie geschlossen halten musste, der Rücken hatte aufrecht zu sein, die Hände mussten auf den Knien liegen und sie durfte die Augen nicht schließen.

Es war so heiß, dass sie nach einer Woche dieser Sitzfolter bemerkte: „Mein ganzes Gesäß war entzündet, bei anderen Praktizierenden in der Zelle fing das Fleisch an zu verwesen – der Gestank war entsetzlich.“

Weil sie früher in London gelebt hatte, wurde sie von der chinesischen Nationalen Sicherheitsabteilung aufgesucht, die versuchte, sie zur Aufgabe ihres Glaubens zu zwingen. Sie sagte: „Sie brachten ganz klar zum Ausdruck, dass sie mich als Spionin in Großbritannien einsetzen wollten und sie versprachen, wenn ich für sie arbeiten würde, käme ich sofort frei."

Sie lehnte ab.

Während ihrer Haftzeit wurden viele Male Blut- und Urinuntersuchungen durchgeführt.
Als sie dann im September 2006 entlassen wurde, war ihr ganzer Körper infolge von Mangelernährung angeschwollen und sie hatte große Schwierigkeiten beim Gehen.

Weil sie einen Pass besaß, flüchtete sie aus China und ersuchte in Großbritannien um Asyl.
Sie appellierte an die Zuhörerschaft: “Ich stehe immer noch in Kontakt mit Praktizierenden in China und ich hörte die Nachricht: Wegen der Olympischen Spiele werden immer mehr Praktizierende festgenommen. Wenn also irgendjemand die Hand reichen oder nur einen Brief an seine Regierung schreiben kann, um auf die chinesische Regierung Druck auszuüben, können sich Dinge verändern.“

Bekämpfung der Menschenrechtsverletzungen

Der letzte Redner war der internationale Menschenrechtsanwalt, David Matas. Matas fokussierte die Bekämpfung der Menschenrechtsverletzungen in China, er sagte: „Ich würde sagen, die beste Strategie ist, zuerst gegen die schlimmsten Verletzungen anzugehen. Die schlimmsten Verletzungen werden am ehesten Menschen mobilisieren, um ein gemeinsames Interesse für den Wert von laufenden Aktivitäten zu bekommen. Was sind nun die schlimmsten Verletzungen? Nun, ich würde sagen, die schlimmsten Verletzungen sind jene, denen die Falun Gong-Praktizierenden ausgesetzt sind.“

"Wir haben ein Beispiel gehört, doch wie David Kilgour aufgezeigt hat, sind laut den Vereinten Nationen volle zwei Drittel der Folteropfer in China Falun Gong-Praktizierende. Annie ist eines davon, doch die Laogai Foundation sagt, es gäbe zwei Millionen Menschen in Arbeitslagern, was bedeutet, dass davon über eine Million Falun Gong-Praktizierende sind.

“David Kilgour und ich erstellten einen Bericht über den Organraub an Falun Gong-Praktizierenden in China, dass Falun Gong-Praktizierende dort wegen ihrer Organe getötet werden. Es gibt dort nur zwei Bevölkerungsgruppen, die dem ausgesetzt werden: Falun Gong-Praktizierende und Gefangene, die zur Todesstrafe verurteilt sind. Also, wenn wir gegen die schlimmsten Verletzungen angehen wollen, sollten wir uns auf die von Falun Gong-Praktizierenden erlittenen Verletzungen fokussieren.“

Matas führte weiter aus, dass die Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen innerhalb Chinas keine gute Idee sei: „Wenn Sie innerhalb des Landes sind, schnappen sie Sie und Sie verschwinden einfach. Das ist das, was wir gesehen haben.“ Und so empfahl er als beste Strategie, die Menschenrechtsverletzungen von außen zu bekämpfen.

Das Problem von Gleichgültigkeit

Außerhalb Chinas ist das größte Problem das der Gleichgültigkeit. Matas erklärte und zitierte dabei Elie Wiesel: „Gleichgültigkeit ist immer der Freund des Feindes, weil sie dem Aggressor nützt, niemals dem Opfer.“

Matas beschrieb mit chirurgischer Präzision, wie das chinesische Regime Propagandatechniken einsetzt, die „Kampagne der großen Lüge“ genannt wird, um seine Desinformationen weltweit zu verbreiten, was nicht nur zu Hass aufstachelt, sondern Gleichgültigkeit unter den Menschen hervorruft, die sie dann unbeweglich macht.

Matas sagte: “Adolf Hitler hat tatsächlich eine Propagandatechnik der Kampagne der großen Lüge verfochten, die er als eine so kolossale Lüge bezeichnete, dass niemand glauben würde, jemand könnte die Unverfrorenheit besitzen, die Wahrheit so infam zu verfälschen.’“

Ein Beispiel aus seiner persönlichen Erfahrung zitierend beschrieb er, wie das chinesische Regime ihren Bericht über den Organraub von Falun Gong-Praktizierenden brandmarkte, mit der Feststellung, er beruhe auf Gerüchten. Das chinesische Regime brachte Zitate, die nicht in dem Untersuchungsbericht standen und präsentierte sie als Beweise, um seine Position zu sichern.

Er sagte: „Natürlich, wenn die chinesische Regierung sagt, wir sagten etwas und setzten es in Anführungszeichen, würden die meisten Menschen nicht glauben, die chinesische Regierung hätte die Unverfrorenheit, uns Zitate in den Mund zu legen, die wir nicht gesagt hatten und sie kümmern sich nicht darum, diese selbst zu prüfen. Es gibt eine Menge derartiger Beispiele.“

Matas stellte die globale Kampagne der Verbreitung von Desinformationen über Falun Gong im Westen dar:

Desinformation auf Webseiten der chinesischen Botschaften.
Bombardierung aller Menschen, die Falun Gong unterstützen.
Sie produzieren ihre eigenen Zeitungen, welche Falun Gong Propaganda enthalten.
Sie schreiben Desinformationen an Herausgeber westlicher Zeitungen.
Sie händigen Flyer mit Propaganda über Falun Gong Veranstaltungen aus.
Sie besitzen ihre eigenen Sendekanäle.
Sie richten schikanierende Telefonanrufe an Menschen, welche Falun Gong unterstützen.
Sie schreiben persönliche Briefe an Menschen, die Falun Gong unterstützen.
Ist man Journalist und schreibt, was sie wollen, gewähren sie freie Reisen nach China.
Sie schicken Menschen auf Falun Gong Veranstaltungen, um ihre Desinformationen zu verbreiten.
Öffentliche Ausstellungen in Botschaften für Menschen, die Visa beantragen.

Er sagte: "Dies ist in Ordnung bei freier Meinungsäußerung und hier herrscht Demokratie und diese sind, es ist wohl Aufstachelung zum Hass, doch der springende Punkt ist, was passiert tatsächlich mit all diesen Desinformationen und der auf diese Weise herausgehenden Propaganda. Und das was wirklich passiert ist, es erzeugt Gleichgültigkeit.

“Doch zusätzlich zu diesem und noch schändlicher, nehmen sie jegliche Mühe auf sich, jede Stellungnahme, die dieser Sichtweise entgegensteht und die wirkliche Situation der Menschenrechte in China darstellt, zu blockieren. So zum Beispiel haben sie ein sehr ausgeklügeltes Spionage- oder Geheimdienstnetzwerk. Wir hörten Annie davon erzählen. Sie haben ihr eigenes Geheimdienstpersonal und ich sprach mit einem Abtrünnigen des chinesischen Konsulats in Sydney und er sagte, dort gebe es neununddreißig Personen in der Belegschaft, als er dort war; dreizehn davon würden nur auf Falun Gong Versammlungen arbeiten und Informationen über Falun Gong in Sydney zusammentragen. Sie haben Leute in Falun Gong infiltriert.“

Matas beschrieb weiterhin andere subversive Wege, die das chinesische Regime einsetzt, um Gruppierungen und Menschen, die Falun Gong unterstützen, zu attackieren, wie das Versenden von Computerviren an sie, Hacken von Servern, Einsatz von Frontorganisationen, wie jene an Universitäten, um bei Veranstaltungen gegen Falun Gong zu protestieren. Matas sagte, sie rufen an und nötigen zur Absetzung von Falun Gong-Veranstaltungen durch Kontaktieren der Veranstaltungsorte oder wenden sich an das örtliche Außenamt, um Druck auf den Veranstaltungsort und die Redner auszuüben, um sie zu manipulieren.

„Was sie am Meisten tun ist Tyrannisieren. Es ist Aufstachelung zum Hass und Tyrannisieren. Sie bringen ihre ökonomische Bedeutung ins Spiel. Zum Beispiel fordern sie Stadträte auf, nicht zu Veranstaltungen zu gehen, auf denen es in den verschiedenen Städten auf der ganzen Welt Falun Gong Informationen gibt, drohen an, es würde die ökonomischen Beziehungen zwischen China und jener Stadt beeinträchtigen“, sagte Matas.

„Was wir herausbekommen haben ist eine Kombination der Großen Lüge, einer globalen Kampagne und der Kombination mit Techniken, die eine Gleichgültigkeit zur Folge haben. Wie können wir nun die Menschenrechtsverletzungen in China bekämpfen? Ich würde sagen, dass wir zuerst und vor allem diese Gleichgültigkeit bekämpfen müssen. Wir bekämpfen sie durch die Vermittlung der Realität der Menschenrechtsverletzungen in China, stellen die Wahrheit heraus, widerlegen die Lügen. Wenn wir weniger tun, bedeutet das, wir beteiligen uns an Chinas Verfolgung.“

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