„Politische Narkose“

Haben Sie jemals von „politischer Narkose“ gehört? Bitte erlauben Sie mir zu erklären, dass es nicht das Gleiche ist, wie seelische Betäubung oder eine physiologische Narkose.

Mein Vater berichtete mir von etwas, was vor vierzig Jahren geschah. Als ältester Enkel in der Familie erwartete mein Vater, dass ich in diesem Frühjahr meine Eltern zum ersten Mal nach Indonesien begleite, um bei den Gräbern unserer Vorfahren Opfergaben zu bringen und Freunde und Verwandte zu besuchen.

Im Restaurant Cape Jasmine (Zhizihua) in Bandung erzählte mir mein Vater von seinen Erlebnissen, die in einer turbulenten Zeit in der Vergangenheit hatte. Mein Vater war nie besonders wortgewandt. Aber dieses Mal war er wie ausgewechselt. Als er sich warm geredet hatte, waren seine Stimme und sein Ausdruck lebhaft und er schluchzte in einem fort. Es war, als ob die Geschichte wieder zum Leben erweckt würde und er die tiefen Gefühle der Vergangenheit erneut leben würde.

Meine Eltern wurden in Indonesien geboren. Vor ihrem 20. Lebensjahr zogen sie nach China und waren damals voller Leidenschaft und Enthusiasmus. Sie kamen gerade recht zu einer schweren und unvorhergesehenen Dürre mit nachfolgender Hungersnot und Ernteausfall. Sie waren hungrig, müde und ängstlich und außerdem gab es enormen Druck von den politischen Bewegungswellen. Mein Vater zog sich ein schweres Magengeschwür zu. Obwohl er erst 30 Jahre alt war, hatte er keine andere Wahl, als sich einen Teil seines Magens operativ entfernen zu lassen, um sein Leiden zu erleichtern.

Dies war während der Kulturrevolution. Die Ärzte informierten meinen Vater, dass sie zur Schmerzbekämpfung am Tag seiner Operation etwas anwenden mussten, was sie als „politische Narkose“ im Gegensatz zur bekannteren „Vollnarkose“ bezeichneten, so wie man sie heutzutage in den Krankenhäusern anwendet. „Politische Narkose“ bedeutete Akupunktur zur Schmerzbekämpfung. Dies wurde während der Kulturrevolution gemacht, weil der Vorsitzende Mao eine Methode der Kombination von östlicher und westlicher Medizin befürwortete. Die Anwendung von Akupunktur als Ersatz für pharmakologische Narkosen war eines dieser Projekte.

In den Tagen, als mein Vater ins Krankenhaus kam, erhielten die Operationspatienten entweder eine normale Narkose oder Akupunktur – je nach Wochentag, unabhängig vom Zustand des Patienten oder der Art der Operation. Jede Woche bestimmten KPCh-Beamte einen oder zwei Tage, an denen im Krankenhaus die „Akupunktur-Narkose“ angewendet wurde. Dies war der Ursprung der Bezeichnung „politische Narkose“.

Laut Ärzten war Akupunktur erfolgreich als Schmerzkontrolle bei Lungenoperationen eingesetzt worden. Einer der Gründe dafür ist, dass es an den Lungen sehr wenig Nervenenden gibt und somit wenig Schmerzempfindlichkeit vorhanden ist. Akupunktur war jedoch nicht bei Operationen in der Bauchhöhle ausprobiert worden. Mein Vater, ein gesunder junger Mann, war in der ersten Gruppe, die als Versuchskaninchen für diese Verfahrensweise ausgewählt worden war.

Der zuständige Arzt untersuchte ihn gründlich und warnte ihn wiederholt davor, dass der Akupunkteur die Nadeln tief einstechen würde, da die Bauchmuskulatur meines Vaters sehr dick und stark sei. Die Hände, Füße, der Hals und Nacken meines Vaters wurden alle festgebunden. Seine Augen wurden fest verbunden. Der Arzt bereitete für meinen Vater ein Handtuch vor, auf dass er beißen konnte, damit er seine Zähne und seine Zunge nicht verletzte, falls diese „politische Narkose“ keine Wirkung bei der Schmerzreduktion zeigen würde. Ich kann mir vorstellen, wie er sich fühlen musste, als er auf diese Weise ausgestreckt im Operationssaal lag. Angstvoll und nervös sicherlich, doch ich meine, dass mit diesen Worten die Lage nicht wirklich beschrieben werden kann.

Jeder kann sich das Ende dieser Geschichte denken, auch wenn ich sie nicht weiter erzähle.

Ich erinnere mich, dass es mir so schien, als ob jedes einzelne seiner grauen Haare zittern und aufschreien würde, als er mir von diesen vergangenen Ereignissen berichtete. Mein Vater ist ein Mann aus Eisen. Er litt bitterlich und klagte aber nie. Doch diese „politische Narkose“ überstieg bei weitem seine Belastbarkeit. Mein Vater berichtete einfach, dass er alle Schnitte des Arztes ganz genau gespürt habe. Es sei ein furchtbarer Schmerz gewesen, so als ob seine Lungen aufgerissen würden, jedes Mal, wenn die Lage seiner inneren Organe geändert wurde.

Laut meinem Vater schien die Operation endlos gewesen zu sein. Er sagte, dass er von einem furchtbaren Schmerz wie von einer Kluft verschlungen worden sei und jede neue Bewegung des Arztes habe sich angefühlt, als ob ihn eine Welle aus der Tiefe des Meeres erfasst und ihn äußerst hoch geworfen hätte. Welle für Welle der Qual schien seine körperliche Stärke und Lebenskraft gründlich zu vernichten und jedes Gramm seiner Willensstärke auszulöschen. Sogar sechs Monate nach der Operation habe er noch nicht gut schlafen können. Sobald er seine Augen schloss, sei er zurückgebracht worden zu den Schrecken auf dem Operationstisch, um im Traum den ganzen Horror des Bauchaufschlitzens, bei absolut wachem Zustand, noch einmal zu durchleben.

Natürlich ahnte der Arzt vorher, dass dieses Experiment vollkommen fehlschlagen würde, doch die Parteinatur löscht die menschliche Natur aus. Während der ganzen Operation bekam mein Vater keinerlei Unterstützung in Form einer Schmerzlinderung. Wir kennen das Fazit ihres Berichtes nicht. Wir wissen nicht, ob die Akupunkturnarkose als ein weiterer großartiger Erfolg der „Weisheit und Voraussicht des großen allmächtigen Führers” gewertet wurde oder nicht. Ich weiß auch nicht, ob andere junge Menschen dazu gezwungen wurden, eine „politische Narkose“ zu erhalten und ob andere Eltern der nächsten Generation eine solche Geschichte weiter erzählten.

Es war für mich definitiv das erste Mal, dass ich diese Geschichte hörte. Ich wurde erst nach vierzig Jahren davon in Kenntnis gesetzt. Was für eine Angst bringt ein Familienmitglied dazu, eine solche Geschichte für so eine lange Zeit unter Verschluss zu halten? Ich habe die Verpflichtung, dies schriftlich festzuhalten, um es für zukünftige Generationen zu hinterlassen und sicher zu stellen, dass wir dies nicht vergessen.

Dies führte mich dazu, vor Angst zu zittern über die jüngsten Anschuldigungen, dass die KPCh-Behörden Ärzte instruieren, lebenden Falun Gong-Praktizierenden ohne Narkose den Bauch aufzuschneiden. Dies wird gemacht, um deren innere Organe zu entnehmen und gewinnbringend zu verkaufen und es ist ein abscheuliches Verbrechen, das dazu führt, dass hilflose Opfer in grauenhaftem Schmerz sterben. Der Erlebnisbericht meines Vaters aus erster Hand, zwingt mich dazu zu glauben, dass diese Art des Bösen, wie es in der Geschichte noch nie dagewesen war, wirklich stattfindet.

Die Arroganz und der Irrsinn eines Diktators, der jemanden in tödlicher Gefahr sieht und nicht versucht zu helfen; ein medizinisches System, das bei der Aussicht auf Gewinne gewillt ist, seine Integrität aufzugeben; die korrupte Moral von Ärzten: alle diese Elemente in der Kombination erlauben, dass derart grauenvolle Verbrechen stattfinden. Die KPCh ist wirklich nichts anderes als eine Gangsterbande, die alles tun wird, um ihr bösartiges System vor dem Zusammenbruch zu bewahren.

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